Zuspruch aus ganz Deutschland – auch Luisa Neubauer besucht das Augsburger Klimacamp
In Sachen Klimapolitik spielt zwar nicht die Augsburger Stadtregierung, aber das Camp der Augsburger Klima-Aktivisten am Fischmarkt in der ersten Liga
Von Udo Legner
Unterstrichen wurde dies durch den Besuch von Luisa Neubauer, die als Mitinitiatorin der deutschen „Friday for Future“-Bewegung die Nacht von Montag auf Dienstag auf dem Camp neben dem Augsburger Rathaus verbrachte und tags darauf Presse- und Medienvertretern Interviews gab. Schon seit Wochen erhalten die Augsburger Aktivisten Verstärkung aus ganz Deutschland, da ihr Klimacamp, das fast schon einen ganzen Monat andauert, in der Republik große Beachtung und Zuspruch findet.
Sympathisanten aus Berlin, Potsdam, Hamburg, Landsberg und Darmstadt halten sich zur Zeit im Augsburger Klimacamp auf. Luisa Neubauer führte aus, dass es bislang lediglich ein einwöchiges Camp gegeben habe, das dann auch gleich nach der Verabschiedung des aus Sicht der Klima-Aktivisten völlig unzureichenden Gesetzes des Bundestags und Bundesrats zum Kohleausstieg am 3. Juli beendet wurde. Umso größer sei ihr Respekt vor der Ausdauerleistung der Augsburger Aktivisten.
Das Augsburger Klima-Camp mache ihr Hoffnung, dass sich dieses Engagement endlich in der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik niederschlagen wird. So lange in den Parlamenten die Folgen des Klimawandels nur halbherzig verfolgt würden, gelte es lokal Widerstand zu leisten, natürlich ausschließlich mit friedlichen Mitteln. Auf die DAZ-Frage, warum es einer Stadtregierung oft leichter falle, sich eher kostspieligen Monumentalprojekte wie etwa der Sanierung des Augsburger Staatstheaters zu zu widmen als entsprechenden Klimamaßnahmen, verwies Luisa Neubauer zum einen auf die fehlende Lobby für eine radikale Klimapolitik und zum anderen darauf, dass nur wenige den unmittelbaren Nutzen solcher Maßnahmen sehen würden.
„Wir brauchen Städte, die das Pariser Klimaabkommen wirklich umsetzen wollen. Wir erleben gerade, wie aktiv in Augsburg eine Zivilgesellschaft dies einfordert. Wir appellieren an die Stadt Augsburg sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden,“ so Luisa Neubauer.
In der anschließenden Diskussionsrunde wurde deutlich, dass sich die Augsburger Klimacamper von der neuen Schwarz-Grünen Stadtregierung wesentlich mehr erhofft hatten. So wiese der Koalitionsvertrag zwischen dem eigenen Emissionsziel und den vorgegebenen Klimazielen deutliche Umsetzungslücken auf. „Das CO2-Budget ist nicht verhandelbar“, so die kompromisslose Formel Luisa Neubauers. Im September wollen die Klima-Aktivisten, je nach dem Verlauf von Corona, wieder zu deutschlandweiten Demonstrationen aufrufen.
Bis dahin werden die Augsburger Klimacamper auf dem Fischmarkt mit einer Vielzahl von Aktionen (Kino, Vorträge, Sprechchöre und Diskussionsrunden) über ihre Ziele informieren und werben.
Am heutigen Dienstag verfasste das Klimacamp eine Pressemitteilung, die die DAZ im Wortlaut „nachdruckt“:
Seit 28 Tagen veranstalten Aktivist*innen ein Protestcamp neben dem Rathaus. Die Aktivist*innen äußern als
Anlass, dass die aktuelle Klimapolitik aus wissenschaftlicher Sicht unzureichend ist. Ein Ende der Aktion ist bisher noch nicht abzusehen. Das Bündnis aus diverser Klimagerechtigkeitsgruppen demonstriert seit dem 1. Juli in einem durchgängigen Protestcamp. Dabei rufen sie die Stadt Augsburg zu einer klaren Positionierung gegen das Kohleausstiegsgesetz der
Bundesregierung auf. Außerdem soll der Stadtrat sich für die Forderungen des Augsburger Radentscheids einsetzen und das Einhalten des 1,5-°C-Ziels auf kommunaler Ebene zu einem Ziel höchster Priorität erklären. Die Kundgebungen der Augsburger Klimabewegungen sorgten dabei bundesweit für Aufsehen: Eine Vielzahl von Besucher*innen aus den verschiedensten Teilen Deutschlands zeigte sich von der Protestform inspiriert. Die Städte Nürnberg und München starten bereits eigene Klimacamps, weitere Städte kündigten an zu folgen.
Die Aktivist*innen zeigen sich entrüstet gegenüber des unzureichenden Einsatzes der Stadtregierung im Klimaschutz: „Es kann nicht sein, dass der Stadtrat wichtige Entscheidungen trotz der drängenden Situation immer wieder vertagt
oder vernachlässigt.“, so die 16-jährige Schülerin Sarah Bauer. „Der Antrag zur dezentralen Energiewende wurde auf einen Zeitpunkt nach der Sommerpause verlegt. Damit verschiebt der Stadtrat den dringend notwendigen Wandel und
provoziert damit einen Bruch mit feststehenden Klimazielen.“
Leon Ueberall, ebenfalls Aktivist auf dem Camp, ergänzt: „Wir streiken nun seit über eineinhalb Jahren auf der Straße und campieren durchgängig seit 28 Tagen neben dem Rathaus. Trotzdem bekommen wir nichts außer schwacher Lippenbekenntnisse und scheinheiligem Zuspruch. Wir werden hier bleiben solange es nötig ist. Die Klimakrise lässt dabei leider keine Kompromisse zu. Wir benötigen echte, ernst gemeinte Maßnahmen zu Klimagerechtigkeit.“
„Ich kann nur staunen wie viel Motivation und Überzeugung trotz des Wetters, des harten Bodens und der frustrierenden Politik hier herrscht. Das Augsburger Klimacamp ein gutes Beispiel um zu zeigen, dass wir trotz allem aktiv bleiben“,
sagte Aktivistin Gwendolyn Rautenberg, die extra aus Brandenburg zum Klimacamp anreiste. Von nun an zeige man sich hartnäckiger: Ab jetzt würden freitags wieder wöchentliche Demonstrationen stattfinden, die erste davon sei am 31.07.
um 17 Uhr. Startpunkt würde wie immer das Klimacamp sein.