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Donnerstag, 09.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Vorgezogene Haushaltsdebatte um Grundsteuer

Den Tagesordnungspunkt „Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B“ der gestrigen Stadtratsitzung nutzten SPD, Grüne und Linke zu einer vorgezogenen Haushaltsdebatte. Anders als beim Kö-Bürgerbegehren vor einem Jahr war es diesmal viel einfacher, ein „Nein“ zu verkaufen als ein „Ja“. Die Stadtregierung war in der Defensive.



Nach den Plänen der Stadtregierung soll die Grundsteuer B ab 2009 um 25 Punkte von 460 auf 485 Prozentpunkte angehoben werden. Dies kommt dem Stadtsäckel mit 2,3 Millionen Euro zugute. Laut Stadtkämmerer Hermann Weber liege man damit „im Mittel“ vergleichbarer bayerischer Städte, immer noch hinter München und Nürnberg, die 490 Punkte hätten, und nur wenig über Ingolstadt (460) und Würzburg (450). Mitberichterstatter Prof. Rolf Harzmann (Pro Augsburg) stellte den Bezug zum Not leidenden Klinikum her: „Auch Ihnen muss das am Herzen liegen“, versuchte er parteiübergreifend Akzeptanz für die Steuererhöhung herzustellen. Wie schwer das ist zeigte ihm Stefan Kiefer (SPD) auf: „Wir werden diese Steuererhöhung nicht mittragen“. Nicht mit München und Nürnberg dürfe man den Hebesatz vergleichen, sondern mit den umliegenden Gemeinden stehe man im Wettbewerb. Pause, Blick in die Reihen der CSU-Fraktion. „Eigentlich hatte ich jetzt Beifall von Ihnen erwartet“. Dies sei nämlich ein Zitat aus der Debatte um die Grundsteuererhöhung im Jahr 2005 unter dem Regenbogen gewesen, und zwar vom heutigen Finanzreferenten Hermann Weber. Der Zitierte machte verlegen gute Miene zum bösen Spiel: Es lohne sich eben, „Hermann Weber“ zu lesen. Kiefers folgende, aus seiner eigenen Feder stammende Kritik fiel dagegen qualitativ weit hinter die historische Vorlage zurück. Um unnötige Ausgaben zu demonstrieren, bemühte er die Standardklischees der letzten Wochen und Monate: Peter Grabs zusätzlichen Fahrer (der nach eigenen Aussagen bereits 2002 eingestellt wurde und gerne Grabs Vorgängerin Eva Leipprand gefahren hätte) und die Personalkosten des neuen Wirtschaftsreferats (durch Einsparungen bei der Augsburg AG gegenfinanziert, wie Kiefers Parteikollege Karl-Heinz Schneider schon vor Wochen eingeräumt hat).

„Dem Bürger in die Tasche gegriffen“

Zur Grundsteuer selbst kommentierte Reiner Erben (Grüne), damit werde jedem Einzelnen in die Tasche gegriffen, Bürgerfreundlichkeit sehe anders aus. Eva Leipprand (Grüne) bedauerte, dass CSU und Pro Augsburg nicht auf ihren Kämmerer gehört hätten. Hätte man nicht noch 10 Millionen auf dessen Haushaltsentwurf draufgesetzt, „hätten wir jetzt diese Steuererhöhung nicht“. Ins soziale Horn blies Dietmar Michalke (Die Linke): Die Steuererhöhung sei sozial unausgewogen, sie werde – als im Mietrecht umlegbare Kosten – an die Mieter weitergereicht. Rose-Marie Kranzfelder-Poth versuchte, die Steuererhöhung kleinzurechnen. Sie treffe jeden Bürger gerade mal mit 2,3 Cent pro Tag. „Tief in den Geldbeutel gegriffen“ sei deshalb eine unzulässige Bemerkung.

"Sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen"

"Sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen"


Karl-Heinz Schneider (SPD) präsentierte eine Zahlenreihe zur Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen seit 1998, insbesondere verwies er auf die positive Entwicklung unter dem Regenbogen („Kompliment an die Vorgängerregierung“). Angesichts sprudelnder Gewerbesteuer gebe es keine Rechtfertigung für die Anhebung der Grundsteuer. Gleichzeitig vermisste er die Bereitschaft, Rücklagen zu bilden und zu sparen: „Sie gehen mit der Spendierhose durch die Stadt, Sie müssten aber den Sparstrumpf rumreichen“. Der Haushaltsentwurf sei „ins Blaue hinein“ ohne Akzeptanz der wirklichen Gegebenheiten erstellt worden. Diesen Vorwurf konnte Beate Schabert-Zeidler (Pro Augsburg) nicht auf sich sitzen lassen. CSU und Pro Augsburg würden sehr wohl vom Rückgang der Gewerbesteuer um 9 Millionen ausgehen. Der Vorwurf, keine Vorsorge für die Zukunft zu treffen, sei angesichts der unter dem Regenbogen nicht gebildeten Rücklagen beim Klinikum „scheinheilig“.

Wie schwer es ist, eine unpopuläre Steuererhöhung zu „verkaufen“, musste schließlich auch der CSU-Fraktionsvorsitzende Bernd Kränzle einsehen. Er bemühte sich deshalb, den Fokus auf den Gesamthaushalt zu lenken, der am 18. Dezember zur Debatte steht. Die CSU habe in den Vorjahren den Haushaltsplänen des Regenbogens stets zugestimmt. Wer einen Haushalt ablehne, der müsse damit auch die guten Projekte ablehnen. Dessen solle sich die Opposition bewusst sein. Die einstündige Debatte endete mit einem Beschluss der Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B gegen die 26 Stimmen der Opposition.