Von der Satire zum Trauerspiel
Der Werkausschuss versagt bei der Namensfindung für den Theatercontainer
Kommentar von Frank Heindl
Über weite Strecken hätte man meinen können, der Werkausschuss agiere nach einem neuen Drehbuch für Sebastian Seidels im Rahmen des Brechtfestivals uraufgeführtes Stück „Plan B“. Seidel hatte alte Stadtratsakten aufgearbeitet, in denen es um den Umgang der Stadt mit „ihrem“ Dichter Bertolt Brecht ging, und darin Stoff für eine Satire gefunden. Doch was sich am Montag im kleinen Sitzungssaal des Rathauses abspielte, war allenfalls ein Trauerspiel.
Nicht nur, dass ein vorher im Konsens vereinbartes Verfahren zur Namensfindung für den neuen Theaterbau an der Kasernstraße ohne jeden vernünftigen Grund über den Haufen geworfen wurde, war nicht nachzuvollziehen. Noch schlimmer waren die Argumente, mit denen die Diskussion um die gesuchte Bezeichnung noch einmal aufgerollt wurde. Bei der „b-box“ störten sich einige CSU-Politiker am Anglizismus – und fanden dafür auch noch Verständnis bei der SPD. Theodor Gandenheimer (CSU) schlug die Schlachten von gestern, in dem er appellierte, mit der Bezeichnung „Container“ müsse es nun endlich ein Ende haben – in einer Diskussion, die doch gerade die Ablösung dieses Namens zum Ziel hatte. Noch schlimmer Erwin Gerblinger (CSU), der ganz im Vorgestern wandelte: Drei Brechtfestivals scheinen an dem Mann spurlos vorübergegangen zu sein – er behauptete Unsinniges über Brechts Stellungnahme zum DDR-Aufstand am 17. Juni 1953 und lehnte den Brecht im Namen zur Gänze ab. Auch Günter Göttling (CSU) hatte die Tatsache, dass die Meinungsbildung auf einen Brecht im Namen hinauszulaufen schien, schon vorher mit einem „Leider-Leider“ kommentiert.
Schon vor all diesen wegweisenden intellektuellen Hochleistungen hatte Andreas Jäckel als kulturpolitischer Sprecher der CSU darauf hingewiesen, dass er sein Statement nur abgeben könne „unter dem Vorbehalt, wie meine Fraktion morgen darüber denkt“ – so sieht eine gute Sitzungsvorbereitung aus. Und Karl-Heinz Schneider (SPD) gab zwar mutig zu erkennen, er traue sich ein Votum im Namen der Fraktion zu, bedauerte aber doch auch, dass es dort noch keine Abstimmung gegeben habe – wegen der Faschingspause.
Natürlich hatte Schneider recht, wenn er darauf verwies, dass ohnehin jedes Stadtratsmitglied eine Namensdiskussion im Stadtratsplenum fordern könne. Es dürfte allerdings weder ihm noch den anderen Mitgliedern entgangen sein, dass Fachausschüsse eigentlich dafür vorgesehen sind, Entscheidungen des Stadtrats vorzubereiten, und dass sie sich ihres Einflusses berauben, wenn sie sich ein eigenes Votum nicht zutrauen. Die Entrüstung der äußerst konsternierten Intendantin Juliane Votteler jedenfalls war nachzuvollziehen: Mit lässigem Schulterzucken hat ihr der Werkausschuss die zugesagte letzte Entscheidung wieder entzogen. Peter Grab schaffte es auf bemerkenswerte Weise, sich aus all dem Gezänk weitgehend herauszuhalten – dabei hätte eine stringente Diskussionsführung des Ausschuss-Chefs möglicherweise das Schlimmste verhindern können.
Augsburgs Kulturpolitik, das ist das Resümee dieser Sitzung, wird geleitet von einer Versammlung weithin inkompetenter alter Männer und Frauen, die sich am liebsten hinter Anträgen zur Geschäftsordnung verstecken. Keine Spur von Entscheidungsfreude, von Kreativität, von Mut, von Tatendrang, von einem beseelten Blick nach vorn. Man mag sich gar nicht vorstellen, auf welchem Niveau die Namens-Chose am Donnerstag im Stadtrat verhandelt werden wird. Wahrscheinlich wäre man besser beim „Container“ geblieben. Eine weitere Möglichkeit wäre, in der Interimsspielstätte zukünftig den Werk-/ Kulturausschuss tagen zu lassen. Man könnte sie dann „Kasperltheater“ taufen.