Verwaltungsgericht Augsburg: Klimacamp ist vom Versammlungsrecht gedeckt
Das Augsburger Verwaltungsgericht gibt dem Eilantrag des „Klima-Camp“ statt: Das Verwaltungsgericht Augsburg hat mit Beschluss vom heutigen Tag einem Eilantrag eines Vertreters der örtlichen „Fridays For Future“-Gruppierung (Antragsteller) gegen einen Feststellungsbescheid der Stadt Augsburg stattgegeben. Die Stadt hatte dem Klimacamp, das gegen die Energiepolitik der Bundesrepublik Deutschland demonstriert, die Eigenschaft der Versammlung abgesprochen.
Die Aktivisten meldeten eine Versammlung mit dem Thema „Klimagerechtigkeit“ ab dem 1. Juli 2020 bis auf weiteres auf dem Fischmarkt, einer Fläche unmittelbar neben dem Rathaus der Stadt Augsburg, an. Als Kundgebungsmittel wurden Transparente, Megafone, Kreide, eine Filmleinwand, Isomatten, ein Pavillon, sogenannte. „Gehzeuge“, Sofas, Tische, Stühle, Autoreifen und Schränke genannt. Die Stadt Augsburg ordnete die Veranstaltung zunächst als Versammlung ein und erließ versammlungsrechtliche Beschränkungen. Am 2., 3. und 5. Juli 2020 begannen und endeten am Veranstaltungsort Demonstrationszüge. Am 2. und 5. Juli 2020 fanden „Rathausbesetzungen/-blockaden“ statt. Auszügen aus sozialen Medien nach umfasste die Veranstaltung zudem das Angebot von Speisen, das Malen von Bannern und sogenanntes „Klimaturnen“.
Mit Bescheid vom 10. Juli 2020 stellte die Stadt Augsburg fest, dass die seit dem 1. Juli 2020 auf dem Fischmarkt stattfindende Veranstaltung keine öffentliche Versammlung darstelle und nicht mehr von Art. 8 GG gedeckt sei. Die durchgeführten Demonstrationszüge würden eigene Versammlungen darstellen. Anderen Aktionen habe der räumliche oder inhaltliche Zusammenhang mit dem „Klima-Camp“ gefehlt. Aktionen, wie das Malen von Bannern oder Workshops dienten der Vorbereitung weiterer Versammlungen. Zahlreiche Aktionen hätten keinen Bezug zur Meinungskundgabe oder zum Versammlungsthema „Klimagerechtigkeit“. Das „Klima-Camp“ stelle daher in einer Gesamtbetrachtung keine eigenständige Versammlung (mehr) dar. Aus dieser Interpretation heraus sah die Stadt die Notwendigkeit einer Räumung, da nach Rechtsauffassung der Stadt somit Haus- und Landfriedensbruch vorliege.
Gegen den Feststellungsbescheid der Stadt Augsburg wandten sich die Aktivisten erfolgreich mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht Augsburg. Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Augsburg kam nämlich zu dem Ergebnis, dass die getroffene Feststellung, die Veranstaltung des Antragstellers sei keine Versammlung (mehr), nicht zutrifft.
Das „Klima-Camp“ stelle nach seinem Gesamtgepräge eine Versammlung im Sinne des Bayerischen Versammlungsgesetzes dar, weil es überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sei. Es ziele darauf ab, die Öffentlichkeit auf die aus Sicht des Antragstellers bestehende klimapolitische Situation aufmerksam zu machen. Dies komme durch die dauerhafte Präsenz der Veranstaltungsteilnehmer am Veranstaltungsort unter Verwendung von Transparenten zum Thema „Klimagerechtigkeit“ zum Ausdruck. Außerdem fänden Aktionen wie Sprechchöre und Reden zum Versammlungsthema, Umfragen der Bevölkerung und Vorträge zum Versammlungsthema am Veranstaltungsort statt. Angesichts dieses Schwerpunkts sei nach Überzeugung des Gerichts unschädlich, dass im Rahmen des Klima-Camps auch Aktionen und Workshops angeboten würden, die nicht unmittelbar mit dem Versammlungsthema„Klimagerechtigkeit“ in Zusammenhang stünden.
Gegen den Beschluss steht der Stadt Augsburg die Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu.