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Donnerstag, 01.05.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Stadtarchiv: Dem Brotkäfer schlägt die letzte Stunde

Nach fast fünfmonatiger Vorbereitungszeit hat das Stadtarchiv Augsburg heute begonnen, die ersten knapp 700 Regalmeter der insgesamt 2,3 Regalkilometer (!) umfassenden reichsstädtischen Dokumente zu verlagern. Die wertvollen vom Brotkäfer angenagten historischen Bücher sollen mit einer beispiellosen Aktion vor dem Zerfall gerettet werden.

Kerstin Lengger, stv. Archivleiterin mit einer Chronik aus dem 15. Jahrhundert

Kerstin Lengger, stv. Archivleiterin mit einer Chronik aus dem 15. Jahrhundert


Bis Anfang nächster Woche werden ungefähr neun LKW-Fuhren mit knapp 90 Paletten und zirka 150.000 Dokumente auf das AKS-Gelände gebracht, wo ab heute provisorisch gelagert werden kann. In einer der Shed-Hallen neben dem Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim) wird voraussichtlich am Montag, 10. Mai, mit der Schädlingsbekämpfung gestartet. In einer speziell vorbereiteten „Einhausung“ wird dann in einem Zelt der erste Durchgang für die Stickstoff-Begasung der Archivalien durchgeführt. Drei geplante Begasungsvorgänge, von denen jeder sechs bis acht Wochen andauert, sollen die wertvollen historischen Bestände von dem papierfressenden Schädling befreien.

Provisorische Außenstelle bis 2013

Der Leiter des Stadtarchivs, Dr. Michael Cramer-Fürtig, hofft, dass die Auslagerung und die Schädlingsbekämpfung bis Anfang nächsten Jahres durchgeführt sind. Denn bereits ab Herbst 2010 soll nach Abschluss des zweiten Durchgangs die Forschung wieder die Möglichkeit haben, mit einem Großteil der bis dahin behandelten Dokumente zu arbeiten. Dafür wird in der vorübergehenden „Außenstelle“ des Stadtarchivs ein provisorischer Lesesaal eingerichtet. Die Außenstelle im tim, so die Prognosen der Stadt, soll lediglich bis zur Eröffnung des neuen Stadtarchivs 2013 (Baubeginn voraussichtlich 2011) Bestand haben. Eine Rückverlagerung der behandelten Archivalien in das belastete Hauptgebäude des Stadtarchivs an der Fuggerstraße werde, wie es einer Pressemitteilung der Stadt Augsburg heißt, aus konservatorischen Gründen ausgeschlossen. Die Kosten der Rettungsaktion beziffern sich auf zirka 500.000 Euro. Allein die Anschaffung der kilometerlange Regalreihe belastet den Stadtsäckel mit 155.000 Euro. Schwacher Trost: Die Regale wandern nach der Rettungsaktion nicht auf den Sperrmüll, sondern werden von der Stadt weiter verwendet.