Meinung
„Nur nicht absteigen“ elektrisiert nicht mehr – Anmerkungen zum FCA
Nach 13 Spielen in der 10. Bundesligasaison muss man sich in Augsburg über katastrophale Offensivleistungen und über kapitale Böcke des Defensivverbundes wundern.
Kommentar von Siegfried Zagler
Zuerst das Gute: Mit Rafal Giekewicz hat der FCA wieder einen ausgezeichneten Keeper im Kasten, Felix Uduokhai und Jeffrey Gouweleeuw gehören zu den besten Innenverteidigerpärchen der Liga und mit Daniel Caligiuri kam nach langer Durststrecke auf dieser Position ein erstklassiger Mittelfeld-Allrounder mit Vollstreckerqualitäten dazu. Mit Iago und Framberger verteidigen zwei schnelle Spieler die Außenpositionen und sorgen mit rasanten Sprints für Tempo nach vorne.
Nun das Schlechte: Ruben Vargas verdribbelt sich nach wie vor zu oft – und scheitert dabei an seinen eigenen Ansprüchen, Marco Richters Formschwäche scheint sich zu verhärten und Florian Niederlechner ist nur noch ein Schatten seiner selbst, wenn man seine erste FCA-Saison als Maßstab nimmt. Alfred Finnbogason ist entweder dabei, sich nach einer Verletzung in die Startelf zu arbeiten, oder er ist verletzt. Von Tobias Strobl und Michael Gregoritsch kommt zu wenig Dynamik und Kreativität nach vorne. 15 Tore in 13 Spielen ist ein Absteigerwert. Nur Bielefeld und die Krisenklubs Köln, Mainz und Schalke haben weniger Tore erzielt. Zwei Drittel der Augsburger Tore wurden von Abwehrspielern oder Mittelfeldakteuren gemacht. Viel mehr muss man zur Sturmkrise des FCA nicht sagen.
Zum Trainer: Heiko Herrlich wollte Daniel Baier nicht mehr im Kader haben. Ein Fehler, zumal mit Rani Khedira beim FCA ein Sechser spielt, der Mühe hat, einen einfachen Ball genau zu einem acht Meter entfernten Mitspieler zu bringen. Festzuhalten ist auch, dass die top besetzte letzte Linie des FCA zu viele Torchancen und Tore zulässt. Das liegt oft an schlichten Fehlern bei Ballbesitz, aber auch an Abstimmungsfehlern, wenn der Gegner mit Tempo durch die Mitte kommt.
Herrlich hat die Balance zwischen Verteidigung und Angriff immer noch nicht gefunden. Und dabei Glück gehabt, dass Gegner wie Hoffenheim oder gestern Frankfurt viele Großchancen ungenutzt ließen. Ein drei bis vier Torerückstand bis zur Pause, wäre in beiden Spielen nichts Verwunderliches gewesen. Spielerisch ist der FCA-Kader so stark wie nie, weshalb es schwer zu nehmen ist, dass der FC Augsburg nach vorne so wenig zustande bringt.
„Nicht absteigen“ ist nach 10 Jahren Bundesliga keine elektrisierende Zielvorgabe mehr, sowohl für das Augsburger Publikum, als auch für das Management, das durch die Kaderzusammenstellung erkennen lässt, dass der FCA mehr will und kann, als einfach „nur nicht absteigen“.
Fußball in der Bundesliga lebt von Emotionen und von der Hingabe zu einem Sport, der mehr ist (sein sollte) als Tabellenstand und Business. Natürlich fehlen in Augsburg Spieler mit Zauber und Glanz, weshalb es zu bedauern ist, dass Max Kruse bei Union gelandet ist. Dennoch besitzt Augsburg genug Qualität, um nach neuen Ufern zu streben.
Jetzt bräuchte man nur noch einen Trainerstab, der die Qualität des Kaders auch auf den Platz bringt. Bei Herrlich und Co. fehlt eine Vision, springt kein Funke, brennt kein Feuer. Der FC Augsburg spielt unter Herrlich einen merkwürdigen Fußball nach Schablone. Damit kann man in Augsburg (noch) leben, doch Freude will über diesen FCA nicht aufkommen.