Schule und Welt
Leuchttürme der Partizipation
Die Forderung nach Öffnung der Schulen in die Stadtgesellschaft oder gar der Ruf, sie zu Erfahrungsräumen der Potentialentfaltung zu machen – diese Herkulesaufgaben wurden letzte Woche gleich von zwei Projekten mit Bravour erfüllt.
Von Udo Legner
Das Langzeitprojekt Augsburger Lesebuch
Dass das Augsburger Bildungsreferat mit seinem Lesebuch Projekt in Punkto Nachhaltigkeit in der ersten Liga spielt, belegt schon dessen lange Erfolgsgeschichte. Sie reicht bis ins Jahr 2005 zurück, dem Jubliäumsjahr zu 450 Jahre Augsburger Religionsfrieden, das der damalige Bildungsreferent Sieghard Schramm zum Anlass nahm, einen Schülerwettbewerb an den Augsburger Schulen auszuschreiben, der in das erste Augsburger Lesebuch mit dem Titel „PAX 2005. Pack’s Augusta! Schüler schreiben Frieden“ mündete. Als Projektleiterin konnte er die Leiterin der Schreibwerkstatt am städtischen Maria-Theresia-Gyymnasium, Frau Gertrud Hornung, gewinnen. Diese Wahl sollte sich als wahrer Glücksgriff erweisen, denn Frau Hornung hielt das Augsburger Lesebuch unbeschadet der Rot-Schwarz-Grünen Farb- und Kurswechsel im städtischen Bildungsreferat fast zwei Jahrzehnte lang auf Erfolgskurs. In ihrer Laudatio bedankte sich Bürgermeisterin Martina Wild bei der inzwischen pensionierten Deutschlehrerin für „18 Jahre voller unerschöpflicher Energie und Einfallsreichtum.“
Die anschließende Projektpräsentation des 19.Augsburger Lesebuchs mit dem Titel „Lauter!“ – professionell moderiert von Barbara Friedrichs aus dem städtischen Bildungsreferat – bestand aus den Vorträgen der Autoren aus fünfzehn verschiedenen Schulen, die von der Jury im Vorfeld bestimmt worden waren. Musikalische Beiträge der Marching Band der Mittelschule Centerville-Süd (Bläserklasse 6a) und imposante Szenen aus dem Stück „Heimat“ der Theatergruppe des Gymnasiums St. Stephan umrahmten die mit viel Herzblut vorgetragenen Präsentationen und vermittelten einen ersten Eindruck von den Inhalten des 19. Augsburg Lesebuchs. Die etwa 300 Kurzgeschichten und Gedichte, die den Weg in die Publikation des Wissner-Verlags gefunden hatten, erzählen zum einen von unterschiedlichsten Erfahrungen mit Musik und fordern zum anderen an vielen Stellen dazu auf, in bestimmten Situationen seine Stimme zu erheben und lauter zu werden, um gegen Unrecht anzugehen oder für die gute Sache einzustehen.
Die Spannung in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kongresshalle erreichte ihren Höhepunkt, als die Moderatorin die gut 500 Zuhörer aus über 30 verschiedenen Schulen dazu einlud, sich ein Exemplar des Lesebuchs zu schnappen. In banger Erwartung drängten die Schüler in das Foyer, um endlich Antwort auf die Frage zu erhalten, ob sie sich von jetzt an endlich Autor und Schriftsteller nennen durften.
Wer wissen will, welche der über 500 Einreichungen es in das 19. Augsburger Lesebuch „Lauter“ geschafft hat – ab den Sommerferien ist es in den Buchhandlungen erhältlich.
Werkschau des Jugendtheaterprojektes »Vielfalt und Leben in Augsburg“
Was sich in der Presseankündigung noch ganz unspektakulär las – „Am Samstag, dem 15. Juli, präsentieren das Staatstheater und die Stadt Augsburg die Ergebnisse der Projektarbeit »Vielfalt und Leben in Augsburg« – entpuppte sich als wahres Feuerwerk zündender Ideen und als weiteres Leuchtturmprojekt gelungener Kooperation. Welch hohen Stellenwert die Stadt diesem Theaterprojekt beimaß, zeigte sich bereits in der illustren Besetzung der Begrüssungsredner mit Bürgermeisterin Martina Wild und Theaterintendant André Bücker. Beide betonten, dass sowohl die Institution Schule als auch das Theater die genuinen Bühnen für Begegnungen, Partizipation und dem Bemühen um Chancengerechtigkeit seien.
Noch bevor die Show begann machte der Rap-Künstlers Duc Viet Phan deutlich, wie bunt und vielfältig die Kulturlandschaft der Stadt Augsburg mit ihren 160 verschiedenen Nationalitäten ist! Die beiden Theatervermittlerinnen Imme Heiligendorff und Nicoletta Kindermann übernahmen im Anschluss die Moderation des von ihnen betreuten Projekts. Ihr Dank galt den Schülern und Schulleitungen der drei beteiligten Mittelschulen ( St.-Georg, Herrenbach und Schillerschule), der Erwachsenen-Theatergruppe Club X Plus des Staatstheaters und Frau Dr. Margret Spohn, der Leiterin des Büros für gesellschaftliche Integration der Stadt Augsburg für die beispielhafte und wegweisende Kooperation. Das bunt gemischte Publikum erfuhr, dass das Projekt vom Bereich des »LAB IN – Laboratorium Integration Partizipation« initiiert wurde, das seinen Fokus auf die Beteiligung von Augsburgerinnen und Augsburger mit Migrationsgeschichte legt. In den szenischen Darstellungen der Werkschau stellten die Jugendlichen und erwachsenen Akteure die Essenz ihrer langfristigen Auseinandersetzung mit ihren vielfältigen Lebenswirklichkeiten vor: Herkunft, Religion, das Leben und der Umgang miteinander in der Vergangenheit sowie im Hier und Heute.
Fazit am Ende der Vorstellung: Ein Projekt, das über diese Werkschau hinaus Schule machen sollte!