Meinung
Kommentar: Der FCA kam mit dem 0:4 gut weg und muss nun handeln
Nach dem Auftaktspiel gegen Freiburg stellt sich nach einer angemessenen Dauer der Ratlosigkeit Ernüchterung ein. Also ein Gefühl der Leere, das auf eine gescheiterte Hoffnung folgt.
Kommentar von Siegfried Zagler
Ernüchterung, Entsetzen, Trostlosigkeit. So lautet die Steigerungsform der FCA-Gefühle. Und dies seit einigen Jahren. Der gestrige Auftritt der Augsburger Bundesligamannschaft passte sich nahtlos an die Leistungen der vergangenen Jahre an. Dreißig Minuten Organisation und Handlungsgeschwindigkeit werden abgelöst durch Ausfallerscheinungen wie bei einer Thekenmannschaft, die nur für dreißig Minuten Luft und Lust hat.
Dreißig Minuten waren gegen einen starken Gegner höchste Konzentration, Spielfreunde und Offensivfußball mit Abschlusswillen angesagt, dreißig Minuten war der FCA deshalb das leicht bessere Team und ließ erkennen, dass dieses Spiel gewinnbar war. Doch dann ließ die Struktur von Minute zu Minute nach, weshalb der Gegner schneller wirkte, da er immer mehr Raum und Zeit bekam.
Die Freiburger haben gestern einen Kantersieg versäumt, indem sie einige Großchancen liegen ließen. Aber auch vier Tore in einer Halbzeit sind für den FCA eine Katastrophe, nach der man nicht geräuschlos zur Tagesordnung übergehen darf. Die Kollegen der Augsburger Allgemeinen und des Boulevards haben ihrer Frustration freien Lauf gelassen, indem sie sehr schlechte Noten für die Augsburger Spieler vergaben. Das kann machen, zielt aber am Problem vorbei, da lediglich Demirovic und Gikiewicz deutlich unter Bundesliganiveau lagen.
Die FCA-Katastrophe ist nicht mit der Summe schlechter Einzelleistungen zu erkären, sondern mit dem Versagen des Kollektivs – und dazu gehört auch der Trainer. In der Pressekonferenz nach dem Spiel wollte eine Journalistin ein fehlendes Aufbäumen nach dem 0:2 erkannt haben. FCA-Trainer Maaßen wies das zurück und hatte Recht. Andersherum wird ein Schuh daraus: Nach den beiden Blitztoren wollten die Augsburger zu viel und drängten zu nassforsch auf den Anschlusstreffer, womit die Augsburger den Breisgauern in die Karten spielten. Ein Blitztor nach Wiederanpfiff und ein Granatenfehler des Torwarts sorgten in 105 Sekunden dafür, dass der FCA seine Struktur komplett verlor.
Nach dem 0:2 wäre Ruhe angesagt gewesen, hätte Maaßen von außen darauf drängen müssen, dass die Abwehr tief steht und dem Spiel die Dynamik entzieht, um nach und nach wieder zur Struktur der Eingangsphase zurückzufinden. Erst wenn ein Anschlusstreffer gefallen wäre, hätte man die Schleusen weiter öffnen können.
Der FCA glich nach der 48. Minute einem aufgerissenem Federkissen, dass man nur leicht schütteln musste, um es aufzulösen.
Die Wahrheit einer Mannschaft wird nicht nur durch eine Halbzeit, ein Ergebnis, ein Spiel beschrieben, sondern durch den Tabellenstand nach dem 34. Spieltag. Und selbst dieser unbestreitbare Wirklichkeitsstand ist nicht viel mehr als eine kurze Erkenntnis für sich.
Was also können wir wissen – über den Augsburger Bundesligaklub? Was können wir erkennen und wie können wir handeln?
Eine einfache Augsburger Wirklichkeitsbeschreibung sieht so aus: Nach Marwin Hitz stand beim FCA kein guter Keeper mehr im Tor. Die Kette Giefer-Luthe-Koubek-Gikiewicz hat in Augsburg vier Trainer verschlissen. Ergo muss schnellstmöglich ein Bundesligatorhüter verpflichtet werden.
Gestern war auch mit Händen zu greifen, dass dem FCA ein Leader auf dem Feld fehlt. Gouweleeuw ist es nicht, Caligiuri sicher nicht und am wenigsten Gikiewicz, der sich im ersten Jahr in diese Rolle quatschen wollte. Wer welche Rolle neben dem Platz spielt war und ist beim FCA unklar, auf dem Platz fehlt erkennbar ein Spieler, der den Laden zusammenhält, wenn es brennt – nicht mit dem Mundwerk, sondern mit rustikaler fußballerischer Gestaltungskraft.
Und drittens fehlt dem FCA ein Präsident, ein Vorstandsvorsitzender, der außerhalb der kurzatmigen Analysen von Trainern und Manager dem Verein eine Stimme, ein Gesicht gibt. Seit Monaten könnte man denken, dass es beim FCA darauf nicht ankommt. Dem FCA droht ein Start mit 0:9 Punkten, droht eine sportliche Krise wie in seinen ersten beiden Bundesligajahren. Es ist gut möglich, dass der FCA erst verspätet mit der Höchststrafe für die unbegreiflichen Fehler bei der Kaderbildung in der Vergangenheit bestraft wird und vor einer Horror-Saison steht. Ob ein junger Trainer wie Maaßen das aushalten würde? Auf den neuen Vereinschef wartet jedenfalls eine Mammutaufgabe, denn Krise braucht starke Kommunikation.
Wie man weiß, ist dass nicht die Stärke von Stefan Reuter und wohl auch nicht von Trainer Maaßen.