Jahresbilanz der Stadtregierung: “Blühende Landschaften”
Vor knapp einem Jahr hat die neue Stadtregierung ihre Arbeit aufgenommen. Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl und seine acht Referenten nutzten am Montag die Zäsur, um die ersten zwölf Monate der Legislaturperiode zu bilanzieren.
“Wir arbeiten daran, Ihnen blühende Landschaften präsentieren zu können.” Getreu dieser Symbolik hatte die Regierungsmannschaft zum Jahresbilanz-Pressefrühstück in den Botanischen Garten eingeladen. OB Gribl setzte vier Schwerpunkte: Augsburgs Weg aus der Isolierung, der neue Politik-Stil, der Umgang mit den Finanzen und die Linie der neuen Stadtregierung.
“Augsburg ist nicht mehr isoliert”
OB Gribl begann mit der Schilderung seines Antrittsbesuchs beim frisch ins Amt gewählten Bayerischen Ministerpräsidenten im vergangenen Herbst. Auf Horst Seehofers Frage “Herr Oberbürgermeister, welche Probleme und Sorgen wollen Sie mir denn vortragen?” hatte er geantwortet: “Gar keine. Ich bin da um zu fragen, wie ich Ihnen helfen kann”. Mit dem Lösen Augsburger Probleme löse man nämlich auch bayerische Probleme.
Das war offensichtlich ein gelungener Einstieg beim verblüfften Ministerpräsidenten, denn seit diesem Freitagnachmittag befindet sich das Klinikum auf dem Weg in Richtung einer soliden Finanzgrundlage, so Gribl. Es sei gelungen, Augsburg zu einem wahrgenommenen starken Teil Bayerns zu machen: “Augsburg ist nicht mehr isoliert”. Mit der Förderzusage über 50 Millionen für die Ansiedlung der Fraunhofer-Institute und des DLR schiebe der Freistaat kräftig Geld nach Augsburg. Ein weiteres Beispiel für den guten Draht nach München: In Sachen Kongresshalle versicherte Innenminister Joachim Herrmann kürzlich, Regierungspräsident Karl Michael Scheufele habe “freie Hand” bei der Zuteilung von Mitteln aus dem Konjunkturpaket II. “Wir stehen nicht mehr alleine da”, so Gribls Resumee. Auf bayerischer Ebene gebe es ein Super-Miteinander. Es mache ihm auch “unheimlich viel Spass”, mit den Landkreisen zusammenzuarbeiten.
“Augsburg hat einen neuen Stil in der Politik”
Mit diesen Worten leitete der OB den zweiten Schwerpunkt seiner Bilanz ein. Der neue Stil zeige sich vor allem im Umgang mit den Bürgern. So gebe es jetzt eine Anlaufstelle für bürgerliches Engagement “dort, wo sie hingehört: im OB-Referat”. 56 Workshops mit Bürgern in Hochzoll, Pfersee, Kriegshaber und im Textilviertel habe es bereits gegeben. Auch in den regelmäßigen Bürgersprechstunden beim OB bestehe Gelegenheit, Sorgen und Anliegen direkt anzubringen. In der Frauenpolitik habe man im Gegensatz zu den “scheinheiligen plakativen Formulierungen” der Vorgängerregierung den Gender-Prozess tatsächlich ins Laufen gebracht.
Zum Thema “Verantwortungsvoller Umgang mit den Finanzen” hob Gribl das antizyklische Investitionsverhalten der Stadt hervor. Damit wolle man den Mittelstand stützen, der dem globalen Spiel der Märkte kaum beeinflussbar ausgesetzt sei. Gribl nannte beispielhaft 35 Millionen Investitionen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, die geplante Breitbandverkabelung (30 Millionen) und das Konjunkturpaket II, bei dem Augsburg als Oberzentrum mit zusätzlichen Aufgaben “zu Recht” mehr zugeteilt bekomme als es dem Einwohnerproporz entspreche. Gribl würdigte auch die “im Stillen” stattfindende tägliche Arbeit des Wirtschaftsreferenten, um die Auswirkungen der Wirtschaftskrise abzufedern.
“Aus einer hoffnungslosen Stagnation herausgekommen”
Die Linie der neuen Stadtregierung steht für Gribl unter dem Oberbegriff der Überwindung der Stagnation, die man bei der Übernahme der Regierungsgeschäfte in allen Referatsbereichen vorgefunden habe. Im Bildungsreferat habe man wider Erwarten keine sanierten Schulen vorgefunden, trotz entsprechendem Programm. Im Sportbereich habe es eine “hoffnungslos verfahrene” Situation beim Curt-Frenzel-Eisstadion gegeben. Den Panthern drohte der Lizenzentzug durch die DEL, weil man über Jahre die “Probleme vor sich hergeschoben” habe. Bei den Trinkwassergrundstücken habe man eine nicht tragbare Entscheidung revidieren müssen. Mit dem Ideenwettbewerb Innenstadt gebe es endlich eine Gesamtbetrachtung und einen grundlegenden Konsens, der den “Aufbruch aus der Stagnation” ermögliche. Auch das Thema Maxstraße sei sehr viel älter als die neue Stadtregierung. Ziele seien nie angepackt und umgesetzt worden. Jetzt habe man endlich ein Maßnahmenpaket geschnürt und auf den Weg gebracht.
Kein gutes Haar ließ Gribl an der Opposition. Diese habe nur behindert und verzögert. “Wer einerseits sagt, die neue Regierung hat keine Linie, aber andererseits ständig wiederholt, sie mache alles ‘wie wir es wollten’, verhält sich mehr als widersprüchlich”, so der OB. Wer keine Linie sehe, erkenne nicht, dass derzeit überall “Stagnationen und Knöpfe aufgelöst” werden.
Klassiker – selbstkritisch hinterfragt
Anschließend ging Gribl auf drei “Klassiker” ein: Linie 6, Fünffingerlesturm und Haushaltssperre. Bei der Linie 6 sei es geradezu banal, die Diskussion auf die Zwei- oder Vierspurigkeit einer Straße zu reduzieren. Die Zahl der Spuren sei kein Selbstzweck. Es gehe um das Ziel der optimalen Verkehrsabwicklung. Hier zeige sich ein wesentlicher Unterschied zwischen der Priorität der neuen und der alten Stadtregierung. Der Regenbogen wollte dem ÖPNV per Leitsystem absoluten Vorrang einräumen, wie ein Blick in die Planfeststellung zeigt. Das jetzt geplante dynamische System werde auch den motorisierten Individualverkehr leiten und so die Verkehrsbelastung optimieren (die DAZ berichtete).
Den Fünffingerlesturm hätte Gribl gerne aus seiner Jahresbetrachtung herausgehalten. Er fühlte sich aber persönlich in der Kritik eines gebrochenen Wahlversprechens: “Wenn irgendjemand behauptet, dass ich Zugesagtes nicht halten würde, dann ist das erweislich eine Lüge”. Er arbeite genau das Versprochene ab und lasse derzeit den Bestand der Baugenehmigung klären.
Bei der Haushaltssperre laufen aktuell Überlegungen, die Kürzungen für Vereine wieder auszusetzen. Dies sei aber nur deshalb ein Thema, “weil wir die vorherige Förderung erweitert haben”, so Gribl. Hätte man das Fördervolumen der Vorgängerregierung fortgeführt, gäbe es die Diskussion gar nicht.