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Mittwoch, 23.04.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Italienische Reise: Auf den Spuren von Helmut Haller

Während in Augsburg der Helmut-Haller-Platz nicht aus den negativen Schlagzeilen kommt und auf eine merkwürdige Weise den Namen eines Mannes in Ehren hält, der zusammen mit Fugger und Brecht zu den großen historischen Persönlichkeiten der Stadt zählt, lebt die Augsburger Legende in Italien unsterblich im Fußballgedächtnis weiter.

Von Udo Legner

In Bologna waren es wie im Vorjahr in Neapel die unvorhergesehenen Unternehmungen, die einen Xmas-Blues erst gar nicht aufkommen ließen. Das ging gleich bei unserer Ankunft in Bologna los mit einer dreitägigen digitalen Diät. In unserem Hotel wollte das WLAN partout nicht funktionieren und eine Abhilfe wurde von dem beredten Hotelmanager frühestens für den Tag unserer Abreise nach Ferrara, also nach den Feiertagen, in Aussicht gestellt. Ich versuchte das beste aus der Sache zu machen und verschlang „Die Zweisamkeit der Einzelgänger“, den vierten Band von Joachim Meyerhoffs Romanzyklus, an den Weihnachtsfeiertagen mehr oder weniger non-stop und nahm mir dabei fest vor, mich solchen Leseexzessen auch im neuen Jahr – Internet hin, Internet her – ganz regelmässig hinzugeben.

Beim Joggen nach San Lucca – bei strömenden Regen waren die endlosen Arkaden ein perfektes Schutzschild – tauchte ich ganz unverhofft in die Fußballgeschichte ein, da sich vor mir plötzlich das Stadion von Bologna aufbaute. Hierher hatte Helmut Haller, 1962 vom BC Augsburg gewechselt, und die erste und einzige Meisterschaft später des BC Bologna bewerkstelligt und somit etwas erreicht, wofür die Politik wohl eine halbe Ewigkeit gebraucht hätte: Er machte Italiener zu Deutschland-Fans – zwanzig Jahre nach der Besetzung Mittel- und Oberitaliens durch die Nazis. Helmut Haller wurde in Italien geliebt, weil er für Eleganz, Technik und Spielwitz stand und weil er „La Dolce Vita“ liebte. „Il Biondo“ (Der Blonde) wurde er in Bologna liebevoll genannt und wie nachhaltig und weitreichend diese Begeisterung für ihn war, erfuhr ich Tage später in der Stadiongaststätte in Ferrara, wo mir ein Ferrara-Fan eine Helmut-Haller-Briefmarke zeigte, die er seit Jahrzehnten wie eine Relique in seiner Geldbörse aufbewahrt. Angesichts dieser Verehrung für die Augsburger Fußballlegende nahm ich mir vor, bei meiner nächsten Jogging-Runde in Augsburg dem Helmut Haller-Platz in Oberhausen meine Referenz zu erweisen.

Haller-Kultstätte

Haller-Kultstätte


Apropos Ferrara: Hierher war ich im Grunde nur gereist, weil meine Schule, das Maria-Theresia-Gymnasium, mit dem Istituto Tecnico „Vittorio Bachelet“ seit Jahren einen Schüleraustausch pflegt. Dass Ferrara als Neuling seit einem Jahr in der Serie A mitspielt, war mir völlig entgangen. Ferraras letztes Spiel vor der Winterpause endete im übrigen ähnlich dramatisch wie die Partie des FCA gegen Freiburg – jedoch mit schlechterem Ende für den Aufsteiger: erst in der Nachspielzeit und begünstigt durch einen Witz-Elfmeter gelang Sampdoria Genua der schmeichelhafte 2:0 Sieg.

Ein weiteres Highlight dieser italienischen Reise war der Ausflug nach Forli zu einer Ausstellung des Magnum Fotografen Elliot Erwitt. In einem der zahlreichen Bologneser Museen warb ein Prospekt für den Besuch des Museums in Forli. Auf Elliot Erwitt war ich vor gut zehn Jahren bei meinem dreijährigen Gastspiel als Auslandslehrkraft an der Internationalen Schule in Brüssel gestoßen, wo ich von der Retrospektive des Magnum Fotografen und dessem sozialkritischen Schaffen total begeistert war. In Forli waren erstmalig die Farbfotografien des 1925 in Paris geborenen Künstlers zu sehen, die für die 30-minütige Umsteigezeit bei der Anreise entschädigten. ——

Fotos: Haller Briefmarke: Unbekannt, aus Wikipedia, Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Haller#/media/File:Helmut_Haller_1971_Ajman_stamp.jpg

Bologna-Stadion: (c) Udo Legner —-

Ein bemerkenswertes youtoube-Schnipsel bezüglich Haller/Bologna befindet sich hier.