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Donnerstag, 18.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Gedenken an 5-jähriges Holocaust-Opfer – Bischof Bertram verweist auf aktuelle Gewaltakte gegen Kinder

Im Rahmen einer Gedenkveranstaltung und eines Gottesdienstes in Stiefenhofen erinnert Augsburgs Bischof Bertram an ein 5-jähriges Holocaust-Opfer.

Bischof Bertram vor der Gedenktafel in Stiefenhofen –Foto: Christoph Morlok

Mit einem Gottesdienst in Stiefenhofen im Westallgäu hat Bischof Dr. Bertram Meier des Mädchens Gabriele Schwarz-Eckart gedacht, das 1943 im Alter von fünf Jahren von Nationalsozialisten im KZ Auschwitz vergast worden war. „Wir dürfen Gabi nicht vergessen“, so Bischof Bertram in seiner Predigt. Gleichzeitig mahnte er angesichts des auch heutigen Leids vieler Kinder und Jugendlichen: „Gabi Schwarz steht für unzählige Kinder, die schutzlos sind – auch heute.“

Gabriele Schwarz-Eckart war kurz nach ihrer Geburt 1937 als Pflegekind auf einen Bauernhof in Stiefenhofen gekommen. Die Mutter war jüdischer Herkunft, hatte sich aber ebenso wie ihre Tochter katholisch taufen lassen. Das Mädchen wuchs, von den Pflegeeltern behütet, unbeschwert auf, bis nach der Ermordung der Mutter die Tötungsmaschinerie der Nazis auch die kleine Gabriele erfasste. Noch vor ihrem sechsten Geburtstag wurde sie vom Bauernhof abgeholt, nach Auschwitz deportiert und dort umgebracht.

Bischof Bertram erinnerte in seiner Predigt an die unschuldigen Kinder von Bethlehem, die König Herodes ermorden ließ, weil er seine Macht durch die Geburt Jesu gefährdet sah. Der Bischof: „Immer dasselbe Lied: Unschuldige starben und sterben, weil Große nicht nachgeben, nicht abgeben, ihre Macht und vermeintliche Herrlichkeit nicht teilen wollen…Wie die unschuldigen Kinder von Bethlehem ist auch Gabi Schwarz ein Opfer von Menschen, die bewusst nicht begriffen haben und vorsätzlich ablehnen, dass Jede und Jeder Bild Gottes ist.“

Der Bischof zitierte aktuelle Statistiken, nach denen in Deutschland täglich elf Kinder Opfer schwerster Gewalt und 40 Kinder sexuell missbraucht werden, nach denen an der Grenze zwischen Mexiko und den USA zeitweise monatlich 50 Babys und Kleinkinder ihren Müttern weggenommen worden wurden und nach denen in den letzten Jahren mehr als 700 Kinder auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken sind. Bischof Bertram: „Unser Interesse als Christen darf es nicht sein, andere zu verurteilen. Aber unsere Aufgabe besteht darin: Hinsehen und Kinder schützen! Bedingungen schaffen, dass kein Erwachsener gedankenlos, aus niedrigen Beweggründen oder aus eigensüchtigen Motiven Kindern Schaden zufügt.“

Anschließend an den Gottesdienst fand noch eine Statio an der Außenseite der Stiefenhofener Kirche statt, wo eine Gedenktafel für Gabriele Schwarz-Eckart angebracht ist. Dort sprach Bischof Bertram ein Gebet und betonte, dass sich mit der Ermordung in Auschwitz alle Spuren des Mädchens verlieren würden: „Von ihr haben wir kein Grab, sondern nur eine Gedenktafel. Diese dient als Ausrufezeichen, um an sie im Gebet zu denken, aber auch als Mahnung, dass jeder Mensch die gleiche Würde hat.“