Friedensfest: Kulturprogramm-Streit im Modus der diplomatischen Fortsetzung
Es kam so, wie von der DAZ prognostiziert wurde: OB Eva Weber gibt zwei Stellungnahmen ab, die beiden Regierungsparteien jeweils eine, und schon herrscht Burgfrieden auf den Burgen und Schweigen in den Ebenen
Von Siegfried Zagler
„Keine Zensur beim Augsburger Friedensfest“, so überschreibt die CSU ihre Stellungnahme und weist dabei den Vorwurf zurück, dass es der OB um Zensur von politisch nicht gewollten Inhalten gehe.
„Weder in den Gremien, wie Kulturausschuss und Stadtrat, noch in anderen Verlautbarungen gebe es dafür irgendeinen Anhaltspunkt. Offenbar geht es einigen nicht um eine Debatte zur Sache, sondern um lautes Wahlkampfgetöse“, so Fraktionsvorsitzender Leo Dietz. „Wenn die Opposition behauptet, dass ihrer Meinung nach auf Grundlage des Beschlusses von 2018 Zensur im Raum steht, dann ist das schlichtweg falsch. Aus dem Beschluss ist keineswegs abzuleiten, dass es anderen städtischen Gremien oder der Oberbürgermeisterin verwehrt wäre, sich mit eigenen Ideen, Meinungen oder Anregungen in die Themenfindung einzubringen.“
Andreas Jäckel, kulturpolitischer Sprecher der Fraktion und Landtagsabgeordneter sagt dazu: „Ich rate allen Beteiligten angesichts der Diskussion um das Friedensfest verbal abzurüsten. Das Thema ist ein wichtiges und ein sensibles, die Augsburgerinnen und Augsburger verdienen Weiterentwicklungen und keine „Haudrauf“-Politik. Spätestens seit Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine hat sich unser Friedensbegriff und dessen Wertigkeit verändert. Allein deshalb ist es geboten, eine Standortbestimmung durchzuführen, was der Kern des Hohen Friedensfestes ist, wie die unterjährige Friedensarbeit in der Stadt aussehen soll und wie das kulturelle Rahmenprogramm ausgestaltet werden kann.“
Und dazu gehört nach Auffassung der CSU-Fraktion zunächst eine Bestandsaufnahme, dann darauf aufbauend ein breit aufgestellter Beteiligungsprozess ohne Vorfestlegung, um das Thema Friedensfest und Friedensstadt Augsburg weiterzuentwickeln. Dies sehe beim Hohen Friedensfest eine breite parteiübergreifende Mehrheit des zuständigen Kulturausschusses ebenso, da dieser in der vergangenen Woche mit nur zwei Gegenstimmen der Vorlage der Verwaltung zugestimmt habe.
Eva Weber formulierte das in einem ausführlichen Interview mit der Augsburger Allgemeinen ähnlich und erklärte ihre Einmischung ins Programm 2022 als inhaltlichen Vorschlag, der der Postcorona-Situation geschuldet gewesen sei. Dass sie Zensur ausgeübt habe, konnte sie jedenfalls glaubwürdig entkräften.
Wesentlich schwieriger gestaltet sich die politische Reparatur für die Augsburger Grünen, da die Leiterin des Friedensbüros sowie die Gestaltung des Kulturprogramms auf ihrem Ticket laufen – und ihnen wohl langsam dämmert, dass OB Weber den Geist des Friedensfestes wieder in die Flasche zurück bringen will, aus der er einst mithilfe des Kulturprogramms entwich. Zu ihrer Stellungnahme gehört ein weiterer Antrag zur Weiterentwicklung des Friedensfestes.
„Das Friedensfest ist unter unserer Grünen Kulturbürgermeisterin Eva Leipprand erstmals nicht mehr als Fest nur am 8.8. gefeiert worden, sondern es ist seit damals ein Rahmenprogramm entstanden, das dem Titel Friedensstadt gerecht werden sollte. Das Friedensnetzwerk ist durch das Engagement Vieler und der wertschätzenden und konstruktiven Arbeit des Friedensbüros stetig gewachsen. Das Thema Frieden wurde gerade im Hinblick auf das kulturelle Rahmenprogramm in den vergangenen Jahren und in unterschiedlichen Ausrichtungen und einem immerwährenden Diskurs mit der Stadtgesellschaft prominent platziert und entwickelt. Gerade deshalb ist es vor dem Hintergrund der sich ändernden Zeiten wichtig, auch weiterhin über die Ausrichtung und im Diskurs über das Friedensfest zu sprechen.“ So die Grüne Fraktion in ihrer Stellungnahme zur Sache.
„Eine partizipativ und transparent gestaltete Weiterentwicklung, wie es nun am 13.2. im Kulturausschuss beschlossen wurde, ist deswegen folgerichtig und dockt nur an die bisherige gute Arbeit an! Mit diesem Beschluss haben wir zugestimmt, dass erstens ein Prozess auf den Weg gebracht wird, dass die ganzjährige Friedensarbeit evaluiert wird und ein Vorschlag gemacht wird, wie es weiterentwickelt werden soll. Wir sehen die ganzjährige Friedensarbeit noch breiter, mehr in den Stadtteilen, zusammen mit den migrantischen Communities und den Schulen. Gerade angesichts der aktuellen weltpolitischen Krisenherde, muss das Thema Frieden nochmal mehr in unserer Stadtgesellschaft verankert werden.“
Wie sich die Grüne Stadtratsfraktion den Beteiligungsprozess zur Weiterentwicklung vorstellt, hat sie zusammen mit der CSU in einen Antrag gegossen.
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Antrag: Weiterentwicklung Friedensfest Augsburg
Im Kulturausschuss am 13.2.2023 wurde ein Partizipationsprozess zur generellen unterjährigen Friedensarbeit der Stadt Augsburg zum einen, und einer in einem partizipativen Prozess zu erarbeitende Weiterentwicklung des kulturellen Rahmenprogramms zum Friedensfest zum anderen mehrheitlich beschlossen. Dazu stellen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CSU folgenden Antrag:
1. Die generelle unterjährige Friedensarbeit der Stadt Augsburg findet außerhalb des kulturellen Rahmenprogramms zum Friedensfest bisher wenig in den Schulen, in Vereinen und migrantische Communities oder in den Stadtteilen statt. Die Verwaltung bezieht in den Partizipationsprozess der generellen Friedensarbeit neben den Religionsgemeinschaften und Kirchen der evangelischen und katholischen Kirch, dem Runden Tisch der Religionen, dem Kulturbeirat und der Universität auch folgende Akteurinnen und Akteure in den Prozess mit ein: a) Schulen b) Stadtjugendring c) Integrationsbeirat und das Büro für gesellschaftliche Integration d) Vertretungen von Stadtteilinitiativen
2. Die Rahmenbedingungen für das kulturelle Rahmenprogramm werden evaluiert und ggfs. weiterentwickelt und den städtischen Gremien vorgelegt. Dabei sollen dem Runden Tisch der Religionen vor allem auch der Kulturbeirat und das Kulturreferat als Vertretungen der Programmmacherinnen und -macher und Kooperationspartnerinnen und -partner eng eingebunden und intensiv beteiligt werden. Auch soll in dem Prozess die Altersstruktur der Teilnehmenden untersucht werden, insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung von Jugendlichen und Seniorinnen und Senioren.
3. Im Prozess zum kulturellen Rahmenprogramm des Friedensfests prüft die Verwaltung, ob eine externe Moderation sinnvoll ist.