Försters freier Fall
Wenn am morgigen Montag dem ehemaligen Augsburger Landtagsabgeordneten Linus Förster im Landgericht Augsburg von der Staatsanwaltschaft die Anklage vorgetragen wird, wird im Gerichtssaal jeder Stuhl besetzt sein. Linus Förster wird der Besitz von 1338 kinderpornografische Dateien, davon 814 Fotos und 524 Videos vorgeworfen.
“Die Bandbreite reicht von sogenannten Posing-Bildern, die Kinder nackt in aufreizenden Positionen zeigen bis hin zu Geschlechtsverkehr von Erwachsenen mit Kindern, die zum Teil deutlich unter 14 sind”, wie die Augsburger Allgemeine berichtet. Nicht weniger wiegt der Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen in zwei Fällen, versuchter schwerer sexueller Missbrauch und sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen in sechs Fällen – jeweils mit Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs mit Bildaufnahmen. Dazu kommen Körperverletzung und versuchte Nötigung.
Wie vergangene Woche zu erfahren war, wird Förster wohl die meisten Vorwürfe einräumen und ein umfassendes Geständnis ablegen. Die Verteidigungsstrategie liegt auf der Hand: Die Beweislast ist erdrückend und mit einem Schuldeingeständnis ist ein milderes Strafmaß zu erhoffen. Unabhängig vom Strafmaß (Experten gehen davon aus, dass Förster mit mindestens fünf Jahren Haft plus x zu rechnen hat), steht mit Linus Förster ein Mann vor Gericht, dessen Realitätssinn nur noch selten mit der Wirklichkeit korrespondierte. Bis zum letzten Wort seines politischen Lebens bewohnte Förster ein Gebäude, das aus Lügen und verzerrter Selbstwahrnehmung gezimmert war. Försters letzte Lüge in seinem politischen Leben dürfte vermutlich am 16. November 2016 seine schriftliche Zurückweisung gewesen sein, dass es sich beim Verfahren gegen ihn um „Spannerfotos von Kindern“ handeln könnte. Es handelt sich bei dieser Zurückweisung um ein politisches Statement, das gegen aufkommende Gerüchte im Netz gerichtet war. „Die mir vorgeworfenen Verfehlungen sind ausschließlich privater Natur und haben nichts mit meiner politischen Arbeit zu tun. Sie widersprechen aber den Werten und Idealen meiner Partei.“ Förster legte sein Landtagsmandat nieder und trat aus der SPD aus.
Der härteste Fall in der Causa Förster bestünde wohl darin, wenn das Gericht zur Auffassung käme, dass “Kernpädophilie” nicht auszuschließen sei und somit eine Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt auf unabsehbare Zeit vorsehen würde. Doch davon ist, wie Försters Anwalt Walter Rubach der DAZ versicherte, nicht auszugehen. Die größte Strafe dürfte für Förster ohnehin nach der Haftstrafe beginnen, wenn es darum geht, ein Leben nach der Strafe, aber mit dem “bürgerlichen Tod” zu leben. Die Ächtung der Gesellschaft wird sich für Förster auch nach vielen Jahren Haft nicht mildern. Mit dem Ausschluss aus der bürgerlichen Registratur und mit Hartz IV wird Heinrich “Linus” Förster, der mit einer mehrjährigen Verurteilung wohl auch seine Pensionsansprüche verlieren wird, sein Leben nach der Haft gestalten müssen.