FCA in Leipzig: Struktur- und Einzelkritik
Der FCA ist in der Bundesliga zu einer guten Adresse geworden. Doch in der laufenden Saison gab man zu viele Spieler ab. In Leipzig fiel das erstmalig richtig auf. Dem FCA fehlt in dieser Saison eine Erzählung, eine neue Stufe in der Bundesliga-Genese.
Von Siegfried Zagler
Fußball ist wohl auch wegen seiner Unberechenbarkeit so populär. Damit ist normalerweise das Geschehen auf dem Rasen gemeint. In Augsburg ist es allerdings Tradition, das Unberechenbare (auch nach dem Abgang von Walther Seinsch) im Management zu pflegen. Einen Wunsch-Trainer, der lieferte, was man von ihm erwartete, nach 14 Spielen feuern, einen Wunschspieler (M. Leitner) verpflichten und sofort wieder aussortieren, einen richtig starken Spieler, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, suspendieren, weil er sich nach Alternativen umsah, sich dabei erwischen ließ und vermutlich dabei noch herumflunkerte (Opare), waren und sind merkwürdige Maßnahmen, weil sie vom FCA-Management bestenfalls taktisch kommuniziert wurden.
Noch in der Saison-Vorbereitung wurde der große Kader von Trainer Manuel Baum gerechtfertigt und verteidigt. Dann wurde im Lauf der Saison verliehen, verkauft und suspendiert, als hieße man Barcelona und hätte ein Füllhorn von Großtalenten in der Hinterhand. Callsen-Bracker spielt aktuell in Kaiserslautern, Dong-won Ji in Darmstadt, Thommy in Stuttgart und Opare wurde zur persona non grata erklärt. Die beiden anderen Verteidiger sind aktuell in Stoke (Stafylidis) und Braunschweig (Teigl) aktiv.
Und so kam es, dass in Leipzig beim FCA Janker und Parker von der Versenkung auf der Ersatzbank auftauchten. Als Framberger, der sich zu Beginn der Partie eine Gelbe Karte einhandelte, sich im weiteren Partieverlauf als Schwachstelle entpuppte, hätte man einen guten Rechtsverteidiger wie Opare brauchen können. – Auch Paul Verhaegh hätte die Situation auf der rechten Seite verbessert.
Dass beim FCA die Zuschauerzahlen rückläufig sind, hat nichts mit der Leistung der Mannschaft zu tun, die so attraktiv und stabil spielt wie noch nie, sondern mit dem fehlenden Narrativ bezüglich dieser Mannschaft. “Nicht absteigen” wollen erzeugt zu wenig Spannung, wenn man sich in 20 von 22 Partien auf Augenhöhe mit dem Gegner oder besser zeigt. Warum das Management die Mannschaft zur Rückrunde in Tiefe wie Breite schwächte, ist nicht erklärbar. Deutlich zu benennen ist jedenfalls das Manko, dass bei einem arrivierten Bundesligisten zu wenig Qualität auf der Bank sitzt.
Es ist im Grunde alles über die Leistungsfähigkeit des FCA gesagt, wenn der Trainer der zweitbesten deutschen Fußballmannschaft dergestalt großen Respekt vor den Augsburgern zeigt, sodass er seine kreative Mannschaft zu Hause defensiv ausrichtet (was sie nicht gut umsetzte), um den FCA zu etwas zu zwingen, was er noch weniger kann, nämlich das Spiel zu gestalten. Was für eine respektvolle Verneigung!
Und so war in Leipzig ein Spiel zu sehen, bei dem der FCA taktisch übertölpelt wurde. Baums Idee, Khedira bei Ballbesitz Leipzig als offensive Sechs zu setzen, um ihn bei Ballbesitz Augsburg in die Dreierkette rücken zu lassen, führte dazu, dass bei der FCA-Spieleröffnung eine Anspielstation fehlte. Hätte Baum bei Ballbesitz des FCA mit Baier und Moravek zwei ballsichere und gestaltungsfähige Anspielstationen in der Mitte spielen lassen, hätte man ein ganz anderes Spiel gesehen. Auf jeden Fall wurde FCA-Trainer von Ralph Hasenhüttl overcoacht, weshalb es keine gute Note für Manuel Baum geben würde, wenn es Trainer-Noten gäbe. Dass der FCA in Leipzig zum zweiten Mal in dieser Saison deutlich schwächer als der Gegner war, hatte damit zu tun, aber auch mit unerwarteten Schwachstellen in der Mannschaft.
Die Einzelkritik:
Marwin Hitz: Hätte er den Seitfallzieher von Poulsen nicht direkt vor die Füße des Torschützen abgewehrt und den abgefälschten Freistoß zum 0:2 noch irgendwie mit dem Bein über die Latte gelenkt, hätte sich Hitz eine glatte eins verdient, da er sich in großartiger Form präsentierte und bei beiden Toren nicht viel machen konnte. Hielt den FCA lange im Spiel. Note 1,5.
Raphael Framberger: Wirkte nach seiner frühen Gelben verunsichert. Hätte vor dem 0:1 die Kopfball-Vorlage auf Poulsen verhindern können. Zeigte sich nach vorne fahrig und wirkungslos und war nach hinten gegen Werner überfordert. Note 5.
Kevin Danso: Eine starke Partie als Innenverteidiger; in der Spieleröffnung zu unsicher. Zweikampfstark und und zusammen mit Hinteregger ein Bollwerk. Note 2,5.
Martin Hinteregger: Die Pfiffe der Leipziger motivierten ihn, und er zeigte seine stärkste Leistung im FCA-Trikot. Großartige Zweikämpfe mit Poulsen und anderen Topstürmern. Nach Langkamp und Klavan der dritte Bundesligariese in der FCA-Innenverteidigung! Note 1.
Philipp Max: Nach hinten schwach, nach vorne schwächer. Schlampige Ecken, blinde Flanken. Max kam nie richtig in die Partie und war neben Framberger die zweite große Schwachstelle in der Augsburger Defensive. Note 4,5.
Daniel Baier: Wieder eine Topleistung des FCA-Kapitäns, immer auf Ballhöhe und als einziger FCA-Spieler gedankenschnell genug, um den Leipzigern die Räume zu nehmen. Note 2.
Rani Khedira: Keine gute Partie auf der zweiten Schlüsselposition. Kam nicht in die Zweikämpfe und konnte den Zerstörungsmodus nicht zünden, was im Grunde seine einzige Stärke ist. Note 4,5.
Marcel Heller: Brachte kein Bein auf den Boden, wirkungslos als wäre er verletzt oder gehemmt, wurde nach 45 Minuten ausgewechselt: Note 6.
Ja-Cheol Koo: Durchwachsene Partie mit wenigen Kreativmomenten. Weltklasse sein Pass auf Gregoritsch in der 34. Minute. War schwer anspielbar, weil immer eng gedeckt. Note 3.
Caiuby: War überall zu finden, seine Stärken konnte er jedoch nicht umsetzen. Aber wieder ein großer Aktivposten des FCA. Immer am Limit. Note 3.
Michael Gregoritsch: versuchte viel, war fleißig und präsent, war aber im Sturmzentrum gut abgeschirmt, vergab die einzige echte Augsburger Torchance kläglich. Seine Kopfballstärke kam nur in der Defensive zum Zug. Note 3,5.
Jonathan Schmid: Kam nach der Pause für Heller. Das Spiel des FCA wurde auf dieser Seite dadurch noch schwächer. Note 6.
Sergio Cordova: Kam in 76. Minute für Gregoritsch: Ohne Szene, deutete aber in Ansätzen eine Formverbesserung an.
Jan Moravek: Kam in der 86. Minute für Caiuby und brachte tatsächlich ein wenig Schwung mit.