Geschichte und Kontext
Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus: Karl-Freytag-Gartenanlage wird umbenannt
Augsburgs Stadtverwaltung legt in Sachen Erinnerungskultur an Tempo zu. Nach der Umbenennung des Z*******bachs, der Mack- und der Langenmarckstraße folgt nun eine weitere Umbenennung: Die “Karl-Freytag-Gartenanlage” im Hochfeld wird wohl in “Gartenanlage am Alten Postweg” umbenannt.
Von Siegfried Zagler
Der Hinweis eines Bürgers hat die Stadt Augsburg in Bewegung gebracht. Seit 1928 firmiert die Gartenanlage unter dem Namen “Karl Freytag”, der nicht nur ein glühender Verehrer des Nationalsozialismus war, sondern auch als Parteikader für die Gleichschaltung der Kleingartenbewegung verantwortlich zeichnete.
Karl Freytag wurde 1866 geboren und starb 1945, war dreimal verheiratet und hatte insgesamt sechs Töchter und drei Söhne. Er war von Beruf Lehrer und ein angesehener Hobbymaler mit einem beachtlichen Werk: 2800 Ölbilder in der Hauptsache Landschaften gehören zu seinem Nachlass. Nach dem Ersten Weltkrieg engagierte sich der Münchner für die Idee städtischer Gartenanlagen, die er in München zu einer “Kriegsgarten-Bewegung” ausbaute. Das gesellschaftliche Konzept: In Notzeiten sollte auch die Stadtbevölkerung die Möglichkeit haben, sich mittels Eigenanbau zu helfen.
Dann folgte die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte und Freytag wurde zum Fackelträger des Faschismus. Im März 1933 trat der pensionierte 66-jährige Lehrer der NSDAP bei. Nicht aus taktischer Erwägung zum Selbstschutz, sondern aus glühender Überzeugung. Reichsarbeitsminister Franz Seldte und das Amt für Agrarpolitik der NSDAP beauftragten ihn, den Reichsverband der Kleingartenvereine Deutschlands „gleichzuschalten“.
Fanatischer Anhänger des Nationalsozialismus
Karl Freytag lieferte: Er führte das „Führerprinzips“, die Satzung antisemitischer Grundsätze und einen vollständigen oder partiellen Führungswechsel zugunsten von Anhängern des NS-Regimes in die bis dahin als unabhängige Vereine firmierende Kleingartenbewegung ein. In einem Rundschreiben informierte er Landes-, Provinzial- und Regierungsbezirksverbände darüber, dass der Reichsverband der Kleingartenvereine nur mit einer Umsetzung der Gleichschaltung auf Fortbestand Anspruch erheben könne, und forderte sie dazu auf. Mit Erfolg: Zum „Reichskleingärtnertag“ am 29. Juli 1933 in Nürnberg berichtete Freytag, dass er 530.000 deutsche Kleingärtner in den Reichsbund der Kleingärtner und Kleinsiedler Deutschlands e. V. überführt habe.
“Freytag war ein fanatischer Anhänger des Nationalsozialismus. Er war Blockleiter in seiner NSDAP-Ortsgruppe Borstei, betätigte sich aktiv als Mitglied in der NS-Volkswohlfahrt, im NS-Lehrerbund, als Untergruppenführer im Reichsluftschutzbund, im Sängerbund und in der Reichskulturkammer. Als im Herbst 1944 der Deutsche Volkssturm ausgerufen wurde, in den alle waffenfähigen Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren eingezogen wurden, die bisher nicht wehrpflichtig gewesen waren, meldete sich Karl Freytag dafür freiwillig, obwohl er bereits 78 Jahre alt war.” (Quelle: Wikipedia)
In München verschwand Karl Freytag im Zuge der Entnazifizierungsprogramme aus dem Stadtbild
“Aber ich trage das mir auferlegte Los als deutscher Mann und Parteigenosse in dem unerschütterlichen Glauben an den Endsieg unserer gerechten Sache. (…) Der tapfere Widerstand unseres deutschen Volkes an der Front und in der Heimat, die hocherfreulichen Erfolge unserer Helden namentlich im Westen bestärken mich in dem zuversichtlichen Glauben, dass alle gebrachten Opfer Bausteine für Großdeutschlands Leben, Freiheit und Zukunft sind. Dazu meinen bescheidenen Beitrag leisten zu dürfen, erachte ich als meine heilige Verpflichtung gegenüber unserem großen Führer und unserem teueren Vaterland. Möge das neue Jahr 1945 uns den heißersehnten glorreichen Frieden bringen! Heil Hitler!” So Karl Freytag in einem Brief vom 28. Dezember 1944 an Karl Fiehler, in dem er seine Teilhabe am “deutschen Volkssturm” bekräftigte.
In München wurde die Kleingartensiedlung „Karl-Freytag-Land“ 1975 mit dem Bau des Klinikums Bogenhausen aufgegeben. Umbenannt wurden eine Karl-Freytag-Straße und eine Schule, die diesen Namen trug. Dies geschah bereits 1947 im Zuge der damaligen Entnazifizierungsprogramme.
OB Eva Weber: Die Stadt unterstützt die geplante Umbenennung und begleitet den Prozess
Dass die 1928 gegründete Kleingartenanlage „Karl Freytag“ im Augsburger Hochfeld bis heute diesen Namen trägt (sowie auch die in der Anlage befindliche Gartenwirtschaft), ist ein Zeichen dafür, dass die Stadt Augsburg lange Zeit ihre historische Verpflichtung der Vergangenheitsbewältigung schleifen ließ. Diese lange Ära der Selbstvergessenheit scheint nun dem Ende entgegen zu gehen: Auf Hinweis eines Bürgers recherchierte die Stadt Augsburg und kam ohne langes Federlesen auf der Verwaltungsebene zur Auffassung, dass eine Namensänderung notwendig sei.
Der Augsburger Stadtverband der Kleingärten sowie der Verein, der die Gartenanlage betreibt, zeigten sich dafür offen und auch die Betreiberin der Gartenwirtschaft wurde in die Pläne einbezogen. Die Gartenanlage wird wohl in Zukunft “Gartenanlage am Alten Postweg” heißen. Die Kosten, die den Anliegern durch die Namensumwandlung entstehen, sollen von der Stadt ersetzt werden. Ob das Thema noch im Stadtrat aufschlägt, ist derzeit offen, da alle Beteiligten für eine Namensänderung sind und bisher kein Antrag einer Fraktion oder eines Stadtrats zum Thema vorliegt. Sollte es seitens des Stadtrats keine Einwände geben, wäre die Namenstransformation bereits im Januar 2022 möglich.
Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber erklärte dazu auf Anfrage: „Wir tragen Verantwortung für unsere Vergangenheit. Wir, die Stadt Augsburg und die für die Erinnerungskultur aktiven Bürgerinnen und Bürger, stellen uns dieser Verantwortung und setzen uns mit der Aufarbeitung des Nationalsozialismus auseinander. Darum unterstützt die Stadt Augsburg die geplante Umbenennung der am Alten Postweg gelegenen „Karl-Freytag-