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Freitag, 14.02.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Erfolgreich bei der Weltmeisterschaft der Bläser

Junge Schwäbische Bläserphilharmonie aus dem Stand auf den 3. Platz

Von Frank Heindl

Benjamin Merkl ist happy. Gut gelaunt und höchst entspannt sitzt er am Augsburger Rathausplatz im Café, und genießt den Sommer. Darf man auch, wenn man vor drei Monaten ein Orchester gegründet und mit diesem wenig später einen international renommierten Preis eingefahren hat.

Im Mai war das, als es im Allgäu-Schwäbischen-Musikbund (AMC) heftig kriselte. Dessen Präsident ist Franz Pschierer, Staatssekretär im Finanzministerium. Der CSU-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Kaufbeuren hatte dem Schwäbischen Jugendblasorchester „versprochen“, so Markl, dass es auch in diesem Jahr wieder an der Weltmeisterschaft der Blasorchester im holländischen Kerkrade teilnehmen könne. Dort hatten die vier Jahre zuvor erstmals aufgespielt und gleich hervorragend abgeschnitten – als bestes deutsches Orchester. Das notwendige Geld werde man auch für 2009 auftreiben, die Teilnahme sei gesichert, soll Pschierer noch im Januar bei einem Galakonzert in Friedberg öffentlich verkündet haben. Verständlicherweise gab es bei den Musikern lange Gesichter, als wenige Monate später alles ganz anders aussah: Geld, hieß es nun, sei keines vorhanden, Sponsoren seien nicht zu gewinnen – das Präsidium sagte die Teilnahme an der Bläser-WM ab.

Das stieß auf Proteste: Die drei Orchestersprecher, unter ihnen Benjamin Markl, traten von ihren Ämtern zurück, Maurice Hamers, Professor für Blasorchesterleitung am Augsburger Leopold-Mozart-Konservatorium und den schwäbischen Bläsern aufs höchste verbunden, legte gar sein Dirigat nieder. Gleich im Anschluss gründeten die Protestler ein neues Orchester: 60 Mitglieder des Jugendblasorchesters wechselten sofort zur neuen „Jungen Schwäbischen Bläserphilharmonie“, kurze Zeit später begann man mit der Probenarbeit – und mit dem Geldsammeln. Die Musiker sind zum Teil Studenten am Augsburger Konservatorium, zum Teil sind sie Mitglieder von Musikvereinen im Umland – sie kommen, so Hartl „bis aus dem Allgäu, bis aus Nördlingen.“ Doch obwohl sie nicht nur ohne Gage spielen, sondern auch bereit waren, für die WM-Teilnahme eine Eigenbeteiligung zu bezahlen – so eine Unternehmung kostet mehr, als einzelne aufzubringen in der Lage sind. Zu bezahlen sind Anreise, Verpflegung und Unterkunft, aber auch Gastmusiker müssen finanziert werden. Beispielswiese fehlte dem Orchester ein geeigneter Englischhorn-Spieler, am Ende waren es zwölf „Externe“, die man anheuern musste.

94 Punkte mit schwerer Kost von Hindemith

Doch solche Probleme gingen die Initiatoren um Benjamin Markl mit einer gehörigen Portion Optimismus an. Helfer waren schnell gefunden, unter anderem sorgte die Augsburger FDP-Stadträtin Rose-Marie Kranzfelder-Poth für einen potenten Sponsoren, der, anonym, einen großen Betrag spendete. Von da an ging’s bergauf. Ein Ort zu Proben fand sich im Holbein-Gymnasium – und nach und nach trudelte auch das fehlende Geld ein. „Was Herr Pschierer in zwei Jahren nicht zustande gebracht hat“, freut sich Benjamin Markl, „das hatten wir in ein paar Monaten beisammen!“

Die Krönung war dann die Wettbewerbsteilnahme in Holland. In der „First Division“, der zweit-anspruchsvollsten Klasse, traten die Schwaben an. Pflichtprogramm war John Gollands „Atmospheres“, als Kür entschied sich die Jury für Paul Hindemiths „Sinfonische Metamorphosen“ – ein schwieriges Stück, mit dem das Orchester 94,4 von 100 Punkten holte. Das reichte für Platz 3 – und damit war die „Junge Schwäbische Bläserphilharmonie“ auf Anhieb das beste Orchester unter den deutschen Teilnehmern. Und 2.000 Besucher hörten zu – auch das ein tolles Erlebnis für die Deutschen. Für alle, die nicht dabei waren, gibt’s demnächst Hörproben im Internet – die Homepage ist fast fertig.

Kein Rückruf vom Kulturreferat

Markl ist sich sicher, dass der Erfolg in Kerkrade nur ein Anfang war: „Wir machen auf jeden Fall weiter, haben viele Pläne und viele Ideen.“ Am besten fände es der 30-Jährige, „wenn wir ein Jugend- und ein Erwachsenenorchester hätten.“ Und sehr hilfreich wäre es, wenn die Stadt Augsburg Interesse an einer Unterstützung zeigen würde. „Der Name Augsburg kam bei dieser WM ständig vor – wir haben indirekt jede Menge Werbung für die Stadt gemacht“, sagt Markl. Dass von den Offiziellen des AMC bisher kein Glückwunsch und auch keine andere Reaktion zu hören war, stört ihn wenig. Mehr wurmt, dass alle Anrufe und Mails ans Augsburger Kulturreferat im Vorfeld des Wettbewerbs erfolglos blieben: Es kam nicht mal eine Absage – sondern einfach gar keine Antwort.

Preisgekrönt: Junge Schwäbische Bläserphilharmonie

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