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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Die wahre Strafe erfolgt durch die gesellschaftliche Ächtung

Kommentar von Siegfried Zagler

Niemand will es aussprechen, was aber nichts daran ändert, dass es existiert: Die politische Stadt steht unter dem Eindruck der Vorwürfe, die gegen Peter Grab im Raum stehen. Niemand möchte die Ungeheuerlichkeiten kommentieren, die Arno Löb auf seinem Blog veröffentlichte, als gäbe es keine Form und Grenzen in der Vermittlung des Ungeheuerlichen. (Löb zitiert aus einem angeblich stattgefundenen Facebook-Chat zwischen Peter Grab und dem mutmaßlichen Opfer.).

Dass Manuela B. ihren vermeintlichen Austausch mit Peter Grab via Facebook einem stadtbekannten Satire-Blogger zukommen ließ und erst danach Strafanzeige stellte, spricht zunächst nicht für ihre Glaubwürdigkeit. Es geht ihr, so der erste Gedanke, mehr um Rache als um Gerechtigkeit. Die Integrität und die Ehre sowie die Wahrheitsbezogenheit von Frau B. darf dennoch nicht angezweifelt werden. Es gibt viele Möglichkeiten, Verletzung und Scham zu verarbeiten. Nachdem Peter Grab gestern Strafanzeige gegen Manuela B. wegen Verleumdung gestellt hat, wird es mit Sicherheit ein Verfahren und ein Urteil geben.

Das zuständige Gericht muss herausfinden, ob es sich um sexuellen Missbrauch handelte oder nicht. Den Verfahrens-Beteiligten wird in einem Verfahren, in dem es um eine mehrjährige Gefängnisstrafe oder Freispruch geht, nichts erspart bleiben. Die wahre Strafe hat für beide ohnehin schon begonnen, sie besteht aus der gesellschaftlichen Ächtung, die sich bereits jetzt in der Berichterstattung der Medien abzeichnet.

Für Peter Grab gilt auch in dieser Situation, was für ihn galt, als er Bürgermeister und Referent der Stadt Augsburg war. Er hat nie verstanden, wer er ist, wo er ist und wie er sich dort, wo er ist zu verhalten hat. Die Funktionsweisen der Gesellschaftssysteme werden von Codes und Kodex geprägt, die in ihrer Tiefe verstanden werden müssen, wenn man sich zum Beispiel als Würdenträger auf dem Parkett der Politik bewegt.

Vor einem Verfahren als Verfahrensbeteiligter eine Erklärung auf Facebook abzugeben, und dabei das mutmaßliche Opfer mit einer lakonischen Schlussfolgerung als unglaubwürdig darzustellen und sich dafür von seinen Facebook-Freunden „beklatschen“ zu lassen, ist genauso verwerflich wie die Weitergabe eines mutmaßlichen Chat-Austausches an Arno Löb. – Niemand will es aussprechen, was aber nichts daran ändert, dass es so ist: Die politische Karriere des Peter Grab ist zu Ende – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.