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Samstag, 20.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Die Akte CFS

Von Siegfried Zagler

I Der Prüfbericht

Die Süddeutsche Zeitung hat ihn, die Stadtzeitung hat ihn und die Augsburger Allgemeine hat ihn. Die Rede ist vom Prüfbericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands in Sachen CFS. Will man Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl glauben, ist der Bericht ein innerstädtisches Dokument, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist, auch deshalb nicht, weil sich die Stadt in Sachen CFS in einem juristischen Verfahren befindet. Will man Zeitungsberichten glauben, die aus dem Bericht zitieren, so haben die zuständigen Referate es versäumt, den Stadtrat angemessen über Umplanungen zu informieren, die unter anderem zu Tribünen geführt haben, die nur eine eingeschränkte Sicht auf die Eisfläche zuließen. Der Abriss und Neubau dieser Tribünen wird in der aktuellen Diskussion als „Schaden“ bezeichnet. Ein Schaden, der den Umbau des Eisstadions am Schleifgraben um zirka 5 Millionen Euro verteuert haben soll, will man dem aktuellen Zahlenwerk der AGS glauben.

II Der finanzielle Schaden

Inklusive Schaden soll das Augsburger Eisstadion nun laut AGS zirka 32 Millionen Euro kosten, ein Stadion, dessen Gesamtkosten ursprünglich auf zirka 25 Millionen Euro taxiert waren. Es kursieren allerdings alternative Kosten-Listen, die erstens besagen, dass der Schaden wesentlich weniger ausmacht als die von der AGS angegebenen 5 Millionen Euro und es gibt „Fan-Listen“, die anführen, dass alle Bauarbeiten am Schleifgraben zu den Umbauarbeiten des CFS gehören, und somit die Gesamtkosten des CFS-Umbaus auf 37 Millionen Euro zu taxieren seien. Wie tief der Augsburger Steuerzahler für den Umbau des CFS in die Tasche greifen muss, ist aber nicht nur eine Frage geschickter Bilanzführung, sondern auch eine der Gerichte, die zu klären haben, ob die Architekten überhaupt einen Schaden zu verantworten haben und falls ja, wie hoch dieser zu beziffern ist.

III Der politische Schaden

Davon unabhängig ist der bereits entstandene politische Flurschaden zu bewerten. Wir sprechen nämlich von einem städtischen Projekt, bei dem nicht nur eine so genannte „Fan-Planung“ realisiert wurde, sondern wir sprechen auch von einem Projekt, bei dem niemand mehr etwas darstellen kann, ohne Misstrauen zu erzeugen. Politisch ist dafür die ehemalige CSU/Pro Augsburg Stadtregierung verantwortlich, deren Referenten Peter Grab und Gerd Merkle nach dem Bekanntwerden des Schadens mit ihren Erklärungen in der Öffentlichkeit den höchsten Grad des Misstrauens in die Welt gesetzt haben. An diesem kommunikativen Desaster hat sich bis heute wenig verändert. Zuständig für das Misstrauen sind heute aber nicht mehr „nur“ Sportreferent Peter Grab und Baureferent Gerd Merkle, sondern auch Oberbürgermeister Kurt Gribl, der sich durch seinen Umgang mit dem Prüfbericht dem Verdacht aussetzt, als ginge es ihm in erster Linie darum, jemanden vor politischer Großkritik zu schützen. Mit diesem Verhalten spannt Gribl den Bogen des Misstrauens neu. Gribls Verhalten mag den Regularien entsprechen, mag formal korrekt sein, generiert aber zusätzlichen politischen Schaden.

IV Die Frage nach der politischen Verantwortung

Unabhängig von der planerischen Fehler- und Kostenfrage stellt sich natürlich die Frage nach der politischen Verantwortung. Bevor wir uns dieser schwierigen Frage zuwenden, sollte man sich noch vor Augen führen, dass die Kosten des Projekts zu 90 Prozent dem Profi-Eishockey geschuldet sind und dass es für das Projekt weder Fördermittel vom Land noch vom Bund gibt. Übrigens ein Grund dafür, weshalb die Stadt den CFS-Umbau ursprünglich sehr niederschwellig und kostengünstig abwickeln wollte. Die Frage nach der politischen Verantwortung ist nicht zuletzt aus diesem Grund von hoher Relevanz. Die Frage nach der politischen Verantwortung lässt sich auf zwei Referate verteilen, womit wir wieder beim Prüfbericht wären. Laut Lesart der Grünen Stadträtin Eva Leipprand soll Peter Grab bis zum Bekanntwerden des Schadens der federführende Referent gewesen sein. Danach sei die Federführung dem Baureferat übertragen worden. Die Opposition im Rathaus legt zurecht Wert darauf, dass es eine politische Verantwortung für das Desaster zu geben hat. Wenn nun laut Prüfbericht der Stadtrat (weil nicht hinreichend informiert) weder rechtlich zuständig noch politisch verantwortlich ist, wer ist es dann? Fragt man mit „Wer“, muss man einen Referenten herausarbeiten, der die politische Verantwortung zu übernehmen hat. Ein „Was“ fragt nach der Ursachen-Struktur des Desasters. Diese Frage soll laut Zeitungsberichten im Prüfbericht enthalten sein: Die Stadt dürfe die AGS nicht so freischwebend agieren lassen, wie es seit 1996 der Fall sein soll. Selbstverständlich stehen hinter Strukturfehlern auch Menschen, die diese zu verantworten haben. AGS/WBG-Chef Edgar Mathe hat OB Gribl, wie Mathe im letzten Stadtrat gestand, seinen Rücktritt angeboten. Hätte Kurt Gribl dieses Angebot akzeptiert, hätte dieses Bauernopfer den politischen Druck auf die Stadtregierung eher erhöht denn reduziert. Edgar Mathe hat die Architekten nicht zu Umplanungen veranlasst, er ist nur Werkzeug und nicht der Erfinder dieser falschen Struktur. Bleibt also die Frage nach der politisch verantwortlichen Person.

V Die Frage nach den politischen Konsequenzen

Nehmen wir mal an, der Opposition und den Medien gelänge es, die politische Verantwortlichkeit zu isolieren und auf eine Person zu lenken. Nehmen wir mal an, dass es sich dabei um die Person des Sportreferenten handeln würde, was ja immerhin plausibel wäre, da der Sportreferent für die Forderungen und Wünsche der Vereine und auch der Panther zuständig ist. Nehmen wir also an, dass sich Panther-Fan Peter Grab mit Vehemenz in der Verwaltung dafür stark gemacht hat, dass die Zuschauerkapazität des neuen Stadions um rund tausend Plätze erhöht werden müsse, wie von den Panthern nachträglich gefordert wurde. Und zuletzt nehmen wir an, dass diese Umplanung die Hauptursache des Schadens darstellt. Ist nun Peter Grab allein, unter dessen Federführung der Stadtrat nicht ausreichend informiert wurde, für den Schaden politisch verantwortlich?

Würden wir diese Frage mit einem „Ja“ beantworten, welche Konsequenzen würden sich daraus ergeben? Müsste er mit Strafanzeigen wegen fahrlässigen Umgangs mit Steuergeldern rechnen? Müsste er damit rechnen, dass der Stadtrat seinen Rücktritt durchsetzt und/oder müsste er „nur“ damit rechnen, dass er bis zum Ende seiner Tage politisch beschädigt bleibt? Die Opposition sollte sagen, welche Konsequenzen aus einer deutlichen Zuordnung in Sachen politische Verantwortung zu ziehen wären. Wenn es nicht nur darum gehen soll, aus dem CFS-Desaster politisches Kapital zu schlagen, muss klar sein, was politische Verantwortung im Ernstfall für einen städtischen Referenten bedeutet.

Kurt Gribl hat diesbezüglich immer gemauert. Zu Beginn des Desasters hat er sich auf einer Bürgersammlung dergestalt geäußert, dass kein Arzt einen Patienten operieren würde, bevor er nicht ausführlich untersucht wurde. Die Untersuchung ist nun abgeschlossen, an einer Operation scheint Augsburgs Oberbürgermeister dennoch kein Interesse zu haben. Die Akte CFS kann aber nicht geschlossen werden, ohne dass sie zu einer politischen Verantwortung führt. Sollte dieser selbstreinigende Prozess weiterhin von Kurt Gribl blockiert werden, ist zu hoffen, dass der Wähler darauf reagiert.