Politisches Kabarett
Bruno Jonas in der Stadthalle Gersthofen: “Die Zeit der Querdenker ist vorbei!”
Sein Auftritt musste in der Corona-Zeit zwei Mal verschoben werden, nun konnte er nachgeholt werden: Der bekannte Kabarettist, Satiriker und – wie sich herausstellte – mitreißende Schauspieler Bruno Jonas zeigte sein Programm „Meine Rede“ in der Stadthalle Gersthofen.
Von Sabine C. Sirach
Auf großer Bühne, die mit Rednerpult und überdimensionalem, wenn auch seitenverkehrtem BRUNO JONAS-Schriftzug (plus einem bedeutungsgeladenen „F“) wie eine Wahlkampfbühne ausgestattet war, gab er einen zweieinhalbstündigen Rundumschlag über alles, was die Menschen in Deutschland bewegt: tagesaktuelle Politik, langfristige Klimakrise, Gendern, Filterblasen, M-Net-Techniker, Toni Hofreiter, Andreas Scheuer, Olaf Scholz und “Deppen” im Allgemeinen.
Zu Anfang versicherte er, den Ukraine-Krieg „totzuschweigen – welch unpassendes Wort!“ ginge gar nicht – habe er doch wenigstens Corona als Top-Nachrichtenthema abgelöst. Dann schwenkte er schnell zur tagesaktuellen Politik und deren Personal: Jeder habe in der Demokratie die Chance, in höchste Ämter aufzusteigen; aber momentan gehe es eher nach dem Motto „Jetzt hammer halt die nehmen müssen, die grad im Angebot warn“.
Er hadert mit dem Gendern, schon die Anrede „Meine sehr verehrten Damen und Herren“ wäre heutzutage unmöglich – der Zwischenruf aus dem Publikum mit dem Vorschlag „Herrinnen“ zu sagen, machte ihn allerdings auch kurz sprachlos. Jonas schlägt stattdessen den Ersatz durch „Körper“ vor. Weil er aber das schöne Wort „Frau“ so mag, widmet er ihr auf der Bühne extra den Zusatz-Buchstaben „F“ und hat darüber sogar ein Gedicht geschrieben.
Sein großes Thema sind Filterblasen und Echokammern, in denen sich gegenseitig selbst bestätigt wird. Er selbst habe sich als Satiriker ja immer schon als Querdenker verstanden, aber die Zeit sei nun vorbei: „Heute will man geliked werden!“ Für einen Echoraum zum Thema Klimakrise mit Leuten von Fridays for Future oder Extinction Rebellion hat er gleich ein paar Vorschläge: Wenn die demokratischen Prozesse zu langwierig werden, könne man es ja mal mit „Diktatur for Future“ probieren. Zur Reduzierung des eigenen CO2-Fußabdrucks böte sich „Suizid for Future“ an, und mit „No Child for Future“ könne man den gleich von vorherein, sozusagen im Keim, ersticken.
Er wolle dem Publikum ja nicht nach dem Mund reden, aber ein Feedback wie bei amerikanischen Fernsehpredigern wäre schon schön: Ein „Yeah!“ nach jedem Satz – was er auch gleich mit dem Publikum einübt. Früher hätte er noch provozieren wollen, aber heute sei Konsens gefragt, es solle keine Widersprüche mehr geben. Als er dann aber über Andi Scheuer ein „Yeah!“ einfordert, macht das Publikum doch nicht mit …
Manches in seiner Rede, speziell sprachspielerische Gedichte, ist eher höherer Blödsinn, und natürlich macht bei dem gebürtigen Passauer sein Dialekt einen guten Teil seines Charmes aus. Einzelne Sätze wie „Ich merke schnell, wenn ein Depp vor mir steht“ oder „Wir leben in einer Demokratie – sowas wie einen Anarchisten machen wir mit Toleranz fertig!“ und Formulierungen wie die „rhetorische Mehlschwitze“ eines Olaf Scholz oder generell „unterkomplexe Denkangebote“ der Parteien sorgen für Lachsalven der Zuschauer.
Schauspielerisch überzeugend und witzig sind seine Stimm-Imitationen (Herfried Münkler, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Frank-Walter Steinmeier und andere) und Szenen wie die sächselnde Hotline und der oberbayerische Techniker der Telefon-Firma. Dass der ehemalige Bruder Barnabas vom Nockherberg und „Scheibenwischer“-Kabarettist ein Routinier ist, merkt man natürlich, dennoch wirkt sein Umgang mit dem Publikum frisch: Er fragt nach Vorschlägen, stellt Fragen, fordert einige „Yeah!“ ein und ist sichtlich verblüfft, wenn auf eine Pointe doch keine Reaktion kommt.
Als Zugabe nach all den Abschweifungen, Exkursen und tagesaktuellen Seitenhieben gibt es dann noch ein Gedicht: „Wir sind die Guten“ – womit er das Publikum wieder auf seiner Seite hat. Beim Hinausgehen ist der am häufigsten gehörte Satz: “Gut ist er halt schon!“