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Montag, 22.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Brechtfestival: Julian Warner distanziert sich von Unterschrift

Bereits am 11. Januar berichtete die DAZ darüber, dass Augsburgs Brechtfestivalleiter Julian Warner im Jahr 2020 einen Offenen Brief mitunterzeichnete, in dem es u.a. darum ging, dass der Bundestag seinen BDS-Beschluss zurücknehmen solle. Davon distanzierte sich heute Nachmittag Julian Warner vollumfänglich.

Julian Warner © Fabian Schreyer

Der DAZ-Hinweis schlug hohe Wellen. Zunächst bei der Augsburger SPD, die in einer Pressemitteilung forderte, dass sich sowohl Julian Warner als auch die Stadt erklären sollen. Später erfolgte ein irrationaler wie unbegründeter Angriff des Augsburger Kulturreferats und des Kulturamts auf die DAZ (und die SPD), als die Augsburger Allgemeine nachfragte. Auf den eigentlichen Sachverhalt, nämlich die Unterschrift Warners unter ein hoch problematisches Dokument, gab es keine konkrete Einlassung. Mit der heutigen Stellungnahme Warners hat sich das geändert. Hier Warners Statement im Wortlaut:

Hiermit distanziere ich mich von meiner Unterschrift unter dem Offenen Brief „Nothing Can Be Changed Until It Is Faced“ aus dem Jahr 2020 und ergänze meine Stellungnahme vom 14.01.2024. Ich lehnte damals und lehne heute den Israel-Boykott ab und bin zu keiner Zeit ein Unterstützer des BDS gewesen. Vor dem Hintergrund des Antisemitismus-Skandals bei der Documenta 15 (2022) sowie des verbrecherischen Angriffs der Hamas vom 7. Oktober 2023 distanziere ich mich ausdrücklich von meiner 2020 getätigten Unterschrift unter genannten Offenen Brief.
Mir ging es damals um den interkulturellen Dialog und Räume, in denen wir als postmigrantische Gesellschaft an einer gemeinsamen ineinander verwobenen Erinnerungskultur arbeiten können. Diesen Dialog und diese fragilen Räume sah ich durch den Beschluss des Bundestages bedroht.
Im Rückblick muss ich, wie andere Unterzeichner*innen vor mir, eingestehen, dass der Offene Brief wie auch die Initiative Weltoffenheit, die er unterstützte, eher zu einer Normalisierung von israelbezogenem Antisemitismus beigetragen haben. Dies bedauere ich sehr.

Julian Warner – München – 15.1.2024