Bildungsstreik: „Material, das zu funktionieren hat“
Der gestrige Vormittag stand ganz im Zeichen des von verschiedenen Organisationen – darunter das Bildungsbündnis Augsburg (BBA), das Attac Jugendnetzwerk Noya und die SchülerInnenorganisation für Augsburg (SOfA) – initierten Bildungsstreiks. Hunderte Schulschwänzer belebten das Stadtbild in der Innenstadt und formierten sich am frühen Nachmittag mit den Studenten zu einer beachtlichen Demonstrationsgruppe.
Zirka 500 Schüler und Studenten versammelten sich um 13.30 Uhr auf dem Rathausplatz, „um die Gesellschaft über Missstände im Bildungsbereich und deren gesellschaftlich-ökonomischen Ursachen aufzuklären“. So Michael Lippok, dessen im Rudi-Dutschke-Ton gehaltene Rede immer wieder vom frenetischen Applaus der „Streikenden“ unterbrochen wurde. Zirka 200.000 Schüler und Studenten sollen sich, so Lippok, an den bundesweiten Aktionen beteiligt haben.
Kundgebung auf dem Rathausplatz
Die Forderungen der Demonstranten wurden in Augsburg von den LINKEN, der SPD und den jungen GRÜNEN unterstützt. Die LINKEN thematisierten in einem Flugblatt an „alle Eltern, Lehrkräfte und Professorinnen und Professoren“, dass die soziale Ungerechtigkeit im Bildungssystem weiter zunehme. „Die Bundesregierung stellt zwar viel Geld in Aussicht, allerdings fördert sie damit eine vermeintliche Elite in Forschung und Lehre. Bessere Bedingungen für die ganz normalen Schüler und Studenten sind nicht vorgesehen. Mit diesem Konzept führt die Bundesregierung die Bildung immer weiter in die Sackgasse“. Der linke Augsburger Stadtrat Dietmar Michalke verteilte dieses Flugblatt der LINKEN auf dem Rathausplatz. Der SPD-Landtagsabgeordnete Linus Förster und die SPD-Stadträtin Ulrike Bahr beteiligten sich ebenfalls an der Kundgebung.
„Wir bilden uns zur Konformität“
Der an der Universität Augsburg Philosophie studierende Michael Lippok interessierte sich dafür nicht die Bohne. Er zeigte den Augsburger Politikern mit seiner fulminanten Rede, wo „der Hammer wirklich hängt“ und betrieb marxistische Systemkritik: „Universitäre Bildung hatte immer schon den Zweck der beruflichen Qualifizierung, aber das Besondere der jetzigen Umstrukturierung ist, dass wir schon während wir uns bilden, uns selbst verdinglichen. Das bedeutet, dass sich unser Studium im Abschlusszeugnis verwirklicht und dieses Zeugnis für uns und für den Arbeitsmarkt unsere Bildung ist. Wir bilden uns nicht zur Selbstbestimmung und Solidarität, bilden nicht unsere Kritik und Reflexionsfähigkeit. Wir bilden uns zur Konformität. Unser Markwert ist das, was übrig bleibt von unserer Bildung. Wir machen uns zum Material, das zu funktionieren hat für die Zwecke der Gewinnmaximierung.“
Demonstrationszug
Nach der Kundgebung auf dem Rathausplatz formierte sich die auf inzwischen 600 Personen angewachsene bunte Schar der jugendlichen Demonstranten zu einem Zug und marschierte laut skandierend durch die Innenstadt zum Dom und zu einer weiteren Kundgebung am Stadttheater.
„Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut“ – Kundgebung am Stadttheater