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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

„Bavaria stands with Israel!“

Zirka eintausend Menschen versammelten sich am gestrigen Montagabend vor der Feldherrnhalle in München, um Trauer und Solidarität mit Israel zum Ausdruck zu bringen.

Von Bernhard Schiller

Foto: privat

Die Botschaften der Redner können wie folgt zusammengefasst werden: Dem Terror sei in jeglicher Form der Nährboden zu entziehen. Auch und insbesondere in Deutschland, und zwar in jeder einzelnen Kommune. Sonst sei Deutschland als moralische Instanz vollkommen gescheitert. Auf das Hissen von Israel-Fahne und auf Worte müssten Taten folgen. 

Als sich am 4. Oktober ganze 35.000 Menschen auf dem Münchener Odeonsplatz zu einer Kundgebung „gegen Rechtsaußen“ versammelten, staunte die Süddeutsche Zeitung hinterher, wie sich „in so kurzer Zeit“ so viele Menschen mobilisieren lassen. Das war drei Tage vor dem vergangenen Samstag, an dem Terroristen durch den Zaun um Gaza gelangten und in Israel einfielen, um zu quälen und zu morden. Am Montagabend nun wieder Versammlung, wieder Odeonsplatz. Immerhin rund eintausend Menschen, die ihre Solidarität mit Israel zeigen wollen. Viele gehören der jüdischen Community an. Die ukrainische Gemeinde stellt die Lautsprechanlage zur Verfügung. Zu Beginn eine Schweigeminute. 

Charlotte Knobloch: Die Bilder aus Israel müssen jedem ans Herz gehen

Dann spricht Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. „Ihr seid alle da und das macht mich so froh“, sagt Knobloch, die spürbar erschüttert ist. Wütend ist Frau Knobloch über die Tatsache, dass zeitgleich zu der Solidaritätskundgebung einige hundert Meter weiter, auf dem Marienplatz, eine pro-palästinensische Demonstration stattfindet. Sie fordert, dass Menschen, die beim Anblick der Bilder aus Israel immer noch nichts verstanden haben, „einfach den Mund halten“ sollen. Eine bemerkenswert zurückhaltende Formulierung der fast 91-jährigen Charlotte Knobloch, die als Kind vor dem Terror der Nazis gerettet wurde. Wer ein Herz habe, so Knobloch, der könne bei den Bildern aus Israel nicht teilnahmslos bleiben. Am kommenden Donnerstag wird in der Israelitischen Kultusgemeinde München eine Gedenkfeier stattfinden. Die Präsidentin der Gemeinde lädt alle dazu ein, die trauern und die solidarisch mit Israel sind.

Gegen Desinformation wehren

Der Generalskonsul der USA, Timothy Liston, überbringt eine Botschaft von Präsident Biden und stellt unmissverständlich klar: Es gibt keine moralische Gleichwertigkeit zwischen Terror und Selbstverteidigung und es gibt keine Rechtfertigung für Terrorismus. Die USA lassen Israel jede Unterstützung, die es in diesem Moment benötigt, zukommen, ein Teil davon sei schon auf dem Weg. Bösartige Akteure wollen, so Liston, durch Desinformation Angst und Verwirrung in der Welt erzeugen. Der Generalkonsul ruft die Menschen dazu auf, sich gegen Desinformation zu wehren.

Einsatz der Bundeswehr denkbar

Der außenpolitische Sprecher der FDP im Deutschen Bundestag, Ulrich Lechte, hofft und betet dafür, dass ein Flächenbrand im Nahen Osten mit vereinten Kräften verhindert werden kann. Auch ein Einsatz der Bundeswehr wäre ein Ausdruck der deutschen Staatsräson, Israels Sicherheit zu gewährleisten, sagt Lechte, wofür es viel Beifall gibt. Es dürfe kein europäisches Geld mehr in Richtung Hamas fließen, die mit Stumpf und Stiel ausgerissen werden müsse.

Antisemitismus in der Mitte unserer Gesellschaft

Wie Lechte stellt auch die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünen im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, fest, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson ist. Deshalb habe die Bundesregierung sämtliche Gelder, die zur Zahlung an die Palästinenser anstehen, eingefroren. Das Problem bestehe aber nicht nur in Gaza. Antisemitismus existiere in der Mitte der deutschen Gesellschaft und diese sei verpflichtet, mehr dagegen zu tun.

Besonders perfide: Sogenannte „Friedensbewegte“

Ein hochrangiger Vertreter der Stadt München fordert deshalb, ab sofort die Dinge beim Namen zu nennen. Antisemitismus sei überall in der Gesellschaft zu finden, er sei oft getarnt und komme versteckt daher. Besonders perfide seien diejenigen, die sich als „friedensbewegt“ sehen. Man könne sie jetzt erkennen, wenn sie ihre Kommentare zu den Ereignissen in Israel mit „Ja, aber…“ versehen. Gegen diese Gruppe „müssen wir handeln“ und zwar „mit allen Mitteln des Rechtsstaats“.

Gelder nicht mehr auszahlen

Als Vertreterin der bayerischen Staatsregierung ist die Staatsministerin für Europaangelegenheiten und Internationales, Melanie Huml (CSU), auf dem Podium. Als Mutter laufe ihr ein Schauer den Rücken runter beim Anblick, wie man so unmenschlich sein kann wie die Terroristen der Hamas. „Das können wir nicht zulassen.“ Sagt Huml und fordert, die für Palästinenser vorgesehenen Steuergelder nicht nur einzufrieren, sondern nicht mehr auszuzahlen.

Alles in den Kommunen muss jetzt auf den Prüfstand

Eine mächtige Ansprache hält der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle (CSU). Das schönste Wort für Frieden auf der Welt sei „Schalom“. Dieses schöne Wort werde von ruchlosen Terroristen besudelt. Spaenle fordert sämtliche Behörden und Kommunen auf, die Fahne Israels zu hissen. Doch – so Spaenle lautstark und unmissverständlich – es müssten auf die Worte Taten folgen. Alles in den Kommunen müsse jetzt auf den Prüfstand gestellt werden, um die Netzwerke, die den Terror ideologisch unterstützen, zu identifizieren. Kein Cent dürfe für die Mörder mehr fließen. „Am Israel Chai!“ ruft Spaenle, „Lang lebe Israel!“ und schließt mit dem Ausruf „Bavaria stands with Israel!“ – und erhält lautstarken Beifall. 

Währenddessen brüllen die Demonstranten auf dem Marienplatz dieselben Parolen, dieselbe Hetze, wie sie auf den unerträglichen Videodokumenten aus dem Süden Israels und aus Gaza zu hören sind. Die Stadt München strahlt die Rathauswand über dem Marienplatz mit der Fahne Israels an. Immerhin ein starkes Signal.

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus, RIAS Bayern, vermeldete am Montagmittag indes die ersten Anfeindungen, mit denen Jüdinnen und Juden in Bayern nun wieder konfrontiert werden. RIAS ruft dazu auf, Antisemitismus zu melden. Das ist mittels verschlüsselter E-Mail möglich, Informationen dazu gibt es auf der Internetseite von RIAS Bayern: https://report-antisemitism.de/rias-bayern/