Augsburger Stadtfinanzen: Die Rahmenbedingungen sind schlecht
Als zweiter der städtischen Referenten trat am gestrigen Freitag Finanzreferent Hermann Weber zur Halbzeitbilanz der Stadtregierung vor die Medien. Den Hauptanteil seines Vortrags widmete Weber grundsätzlichen Fragen. Sein Fazit: Augsburg ist eine Stadt mit unterdurchschnittlicher Steuerkraft und überdurchschnittlich hohen Soziallasten.
Über 700 Millionen Haushaltsvolumen bewegt die Stadt jährlich. Die Haupteinnahmen sind Steuern und Zuweisungen. Bis zu 250 Millionen betragen die beiden wichtigsten Steuerarten, die Gewerbesteuer und die Einkommensteuer. Trotz der auf den ersten Blick beachtlich erscheinenden Steuereinnahmen sei das Steueraufkommen der Stadt Augsburg im Vergleich mit anderen Städten aber „deutlich unterdurchschnittlich“, so Weber.
Nicht nur Großstädte wie München und Nürnberg, sondern selbst die Augsburger Umlandgemeinden würden über eine höhere Steuerkraft verfügen, letztere ohne aber die wirtschaftlichen Lasten, Aufgaben und Ausgaben eines Oberzentrums leisten zu müssen. Auf den gleichen Hebesatz nivelliert habe zum Beispiel Gersthofen pro Einwohner ein um 40 Prozent höheres Gewerbesteueraufkommen. Neusäß liege mit 497 Euro Einkommensteueranteil pro Kopf um über 35 Prozent vor Augsburg mit gerade mal 363 Euro.
Soziallast hat sich in 10 Jahren verdoppelt
Die schwache Steuerkraft, ein Abbild der Bevölkerungsstruktur, gehe gleichzeitg einher mit hohen Ausgaben für Sozialleistungen, im Einzelnen für die Sozial- und Jugendhilfe und die Bezirksumlage. Diese hätten sich in den letzten zehn Jahren beinahe verdoppelt, so der Finanzreferent. Einfluss auf die Höhe der Ausgaben habe die Stadt kaum, da die Stadt im Sozialbereich gesetzliche Verpflichtungen erfüllen müsse.
Durch die umgekehrte Korrelation von Steueraufkommen und Soziallast gehe in wirtschaftlich schlechten Zeiten, wie sie ab 2008 vorlagen, die Schere zusätzlich auseinander. Die Auswirkungen der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise habe die Gesamtsituation verschärft und latente Probleme deutlicher hervortreten lassen.
Die Schere geht seit 2008 auseinander: Einkommensteuer und Soziallasten (Grafik: Finanzreferat – zum Vergrößern anklicken)
Handlungsspielräume zurückgewinnen
Lösen will Weber die Grundsatzprobleme in einem langfristig angelegten aufgabenkritischen Prozess. „Es wird erforderlich werden, Standards zu hinterfragen, Aufgabenkritik zu üben und sich auf Schwerpunkte zu konzentrieren, die für die Augsburger Bürgerinnen und Bürger sowie die zukunftsfähige Entwicklung unserer Stadt vorrangig sind“, so der Finanzreferent in seinem Presse-Handout. Gelänge dies nicht, wäre Augsburg von den finanziellen Engpässen des Tagesgeschäfts gelähmt und könnte bestenfalls noch reagieren, statt steuernd auf die Stadtentwicklung Einfluss zu nehmen.
Seit Ende vergangenen Jahres beschäftigt sich nun eine interfraktionelle Arbeitsgruppe mit struktureller Haushaltskonsolidierung, begleitet von einem Spezialisten der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt). Bis Mai 2011 soll ein Ergebnispaket vorliegen, das bereits in der dann beginnenden Haushaltsaufstellung 2012 Berücksichtigung finden soll. Ziel ist es, jährlich ein Prozent des Volumens des Verwaltungshaushalts, also rund 6 Millionen nachhaltig einzusparen, sodass nach zehn Jahren ein Entlastungsvolumen von rund 60 Mio. erreicht wird.