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Montag, 22.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Ampel-Gesetze scheitern krachend im Bundesrat – Augsburgs OB Weber enttäuscht

Die Bundesregierung befindet sich in einer schweren Vertrauenskrise und scheiterte zudem heute noch mit einigen Gesetzen im Bundesrat.

Bildquelle: bundesrat.de

Nach verschiedenen Gesetz-Entwurfsapannen intern und dem aktuellen Haushaltsdesaster liegt die Ampel in Umfragen in einen dauerhaften Tief – weit entfernt von einer Mehrheit. Die FDP taumelt sogar gegen die fünf Prozenthürde. Eine große Mehrheit traut der Koalition Rot/Grün/Gelb nicht mehr zu, die Bundesrepublik verantwortungsvoll zu regieren und votiert für Neuwahlen.

Passend dazu wurden heute im Bundesrat einige Gesetze der Ampel-Regierung verworfen. Die Länderchefs sagten gleich mehrmals Nein. Nur in einem Fall war man sich einig. Das Wachstumschancengesetz wurde ebenso in den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat geschickt wie das Krankenhaustransparenzgesetz. Auch Neuregelungen im Straßenverkehrsrecht fanden nicht die nötige Mehrheit. Das Gesetz sah vor, dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs auch Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden sollen. Das Scheitern dieses Gesetzes brachte Augsburg Oberbürgermeisterin in Rage. Eva Weber konnte sich eine Attacke Richtung Berlin nicht verkneifen. Hier ihre Kritik im Wortlaut:

“Der jetzige Entwurf war ohnehin schon zu kurz gesprungen, aber immerhin hatte die Richtung gestimmt. Wenn wir Kommunen die Mobilitätswende voranbringen sollen, brauchen wir den Rückenwind von Bund und Ländern in Form von mehr Entscheidungsspielraum und die Freiheit unser Vor-Ort-Wissen auch einzusetzen. Mit dem heutigen Rückschlag treten wir bei dem Thema nun weiter auf der Stelle. Als Mitglied der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ fordern wir erneut, dass bald Bewegung in die Sache kommt.”

Eva Weber

Weber hatte zuletzt bei der bayerischen Staatsregierung um Unterstützung im Bundesrat geworben. Augsburg ist eine der sieben Gründerstädte der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“. Diese fordert seit ihrer Gründung 2021 eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, u.a. für mehr Entscheidungsfreiheit für Kommunen bei der Einrichtung von Geschwindigkeitsbeschränkungen innerorts. Inzwischen haben sich mehr als 1000 Städte und Gemeinden sowie acht Landkreise der Initiative angeschlossen, darunter alleine 280 bayerische Kommunen.

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Hintergrund:

Nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) ist die innerörtliche Regelgeschwindigkeit auf Tempo 50 festgelegt und Ausnahmen hiervon sind nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen möglich. Die innerstädtische Regelgeschwindigkeit von Tempo 50 gilt seit 1957 für Kraftfahrzeuge aller Art. Nach einem langen Diskussionsprozess wurde in der 1980er-Jahren die rechtliche Grundlage zur Einrichtung und Ausweisung von Tempo-30-Zonen geschaffen. Seit der Einführung der Tempo-30-Zonen entwickelte sich die Diskussion, die Anordnung von Tempo 30 zu vereinfachen und diese in Innenstädten als Regelgeschwindigkeit festzulegen. Allerdings konnte bis auf einige wenige Änderungen und Vereinfachungen bei der Reduzierung der innerörtlichen Regelgeschwindigkeit, wie z.B. der Ausweisung von Tempo 30 vor besonders schutzwürdigen Einrichtungen, keine Änderung der bestehenden gesetzlichen Regelungen erreicht werden. Dies führt häufig zur unsinnigen Abfolge von ständig wechselnder Höchstgeschwindigkeit von 30 und 50 km/h Abschnitten innerhalb eines Straßenzuges. Die Stadt Augsburg steht, wie viele andere Städte daher vor der Problematik, dass eine Reihe von Straßen, bei denen Tempo 30 sinnvoll und wünschenswert wäre und die seitens der Bevölkerung und auch vom Stadtrat gefordert werden, abgelehnt werden müssen, da der Gesetzgeber aufgrund der Regelungen in der StVO nach wie vor die innerörtliche Regelgeschwindigkeit auf Tempo 50 normiert hat und eine Reduzierung an sehr strenge gerichtlich überprüfbare Voraussetzungen geknüpft sind.