FCA: Aufbruch oder Niedergang?
Mit Hofmanns Rücktritt endet beim FCA die Ära der Autokraten
Mit Klaus Hofmann ist beim FCA der letzte Autokrat der Fußballbundesliga zurückgetreten. Als Grund gibt der 54-jährige Hofmann “gesundheitliche Probleme” an. Das ist zu respektieren, weshalb es nicht statthaft wäre, über andere Gründe zu spekulieren. Nur eins ist unbestritten: Klaus Hofmann hat die von Walther Seinsch geschaffenen autokratischen Strukturen beim FCA übernommen und gelebt. Er war die Figur, die alle Macht bündelte. Hofmanns Abgang wirkt wie ein Urknall, wie das Ende eines Shakespeare-Stücks: Vorhang zu und alle Fragen offen. Das Publikum bleibt verstört zurück – und niemand weiß, wie es weitergeht im Staate Dänemark.
Bricht eine Autokratie in sich zusammen herrscht vorübergehend Chaos und Ratlosigkeit. Eine gefährliche wie notwendige Ambivalenz: ein Zustand des Aufbruchs, ein Zustand des Niedergangs. In welche Richtung das Pendel beim FCA ausschlägt, ist derzeit völlig offen. Der FCA sei mehr als gut aufgestellt, heißt es in Hofmanns Erzählungen, die es leicht zu korrigieren gilt: Im operativen wie repräsentativen Führungsbereich hat der FCA seit seiner Rückkehr in den Profi-Fußball nun erstmalig die Möglichkeit, sich tatsächlich professionell aufzustellen. Bisher waren beim Bundesliga-FCA die mehrheitlichen Anteilseigner auch Präsidenten und Führungskräfte. Mit der “Würstchenfabrikanten-Ära” sollte nun Schluss sein. Alt-OB Kurt Gribl wäre zum Beispiel ein Mann mit Format, der den FCA nach innen führen und nach außen repräsentieren könnte. Auf diesem Niveau sollte die Suche des Aufsichtsrates angelegt sein.
Der unter dem Foto folgende Kommentar erschien bereits vor vier Wochen im Zusammenhang mit einer Ultra-Veranstaltung. Damals war der Text als Kritik zu verstehen, heute kann man ihn als Nachruf lesen.
Kommentar von Siegfried Zagler
Die Liebe der Ultras eines Profiklubs muss man sich als unglückliche Liebe vorstellen, die ewig hält. Eine Liebe, die stets unerfüllt (weil einseitig) bleibt und gerade deshalb keine Krisen oder Treuebrüche kennt, auch dann nicht, wenn sich Spieler von ihren zweistelligen Millionengehälter Gucci-Jacken oder anderen Neureich-Nippes leisten, dummes Zeug daher reden oder wochenlang uninspiriert nach Schablone Fußball spielen, wie das gerade beim FC Bayern der Fall ist, dessen Mitglieder bei der letzten Jahreshauptversammlung des Vereins immerhin den Aufstand probten, weil ihre Anträge nicht zugelassen wurden.
Dabei funktioniert beim FC Bayern formal die Klubstruktur so, wie man das in der Augsburger Ultraszene gerne hätte: Der Präsident wird von einer anderen Person gestellt als der Vorstandsvorsitzende der Profiabteilung AG. Präsident wie Vorstandsvorsitzender und Investoren unterliegen der Möglichkeit eines Wechsels. Wer Investor ist – und wie hoch das finanzielle Engagement ist, ist relativ transparent.
Beim FCA herrscht dagegen Autokratie und Intransparenz. So kam über die Recherche von Fans an die Öffentlichkeit, dass ein US-Investor beim FCA eingestiegen ist. Beim FCA ist der Präsident des Vereins zugleich der maßgebliche Investor (Hofmann Investoren GmbH) und ist zugleich Vorstandsvorsitzender der Fußball-Club Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA. Klaus Hofmann wird als “starker Mann” des FCA beschrieben, als “Gesicht des FCA”, doch das ist maßlos untertrieben.
Hofmann hat sich ohne große Verdienste für den Verein vor einigen Jahren mithilfe seiner finanziellen Möglichkeiten auf den Thron von Walther Seinsch gesetzt, durch dessen Engagement (auch in der Politik) der FCA zu seinem neuen Stadion kam. Eine weitere Erfolgsgeschichte ist der sportliche Unterbau, denn längst spielen alle Jugendmannschaften des FCA in den jeweils höchsten Klassen und auch der FCA II spielt passend zu einem Bundesligaklub stabil in der Regionalliga. Inzwischen spielt der FC Augsburg seine elfte Bundesligasaison und ist daran gewachsen und in vielen Einzelbereichen tatsächlich auf der Höhe eines Bundesligisten angekommen. Klaus Hofmann darf sich natürlich auch Verdienste um den Verein zuschreiben lassen.
Der FCA leidet also nur an einer Sache, nämlich an Klaus Hofmann, besser: an seiner Führungsstruktur und an den damit zusammenhängenden Kommunikationsdefiziten. In einer Autokratie spielen dialektische Fortschrittsprozesse keine Rolle, spielen andere Personen nur als Laufburschen eine Rolle. Autokratische Strukturen sind fortschrittsfeindlich und dem Niedergang geweiht. Sportmanager Reuter und Geschäftsführer Ströll wirken nach außen bestenfalls wie Berater von Klaus Hofmann, nicht wie prägende Persönlichkeiten, die Wichtiges zu entscheiden hätten.
Das schadet dem FCA, dessen allmächtiger Präsident nach außen durch seine herablassende Art den Eindruck vermittelt, als treffe er alle wichtigen Entscheidungen des Klubs im Alleingang, weshalb im Fan- und im Beobachterumfeld des FCA ein gewisses Unbehagen herrscht und ständig darüber spekuliert wird, wer die personellen Fehlgriffe der letzten Jahre im Trainer- und Spielerbereich zu verantworten habe. Offiziell müsste es Sportmanager Reuter sein, doch was ist beim FC Augsburg schon offiziell?
Noch nie wurden beim FCA zwei verschiedene Meinungen zu einer Sache, zu einer Personalie bekannt, wie das zum Beispiel beim FC Bayern unter Rummenigge/Hoeneß üblich war.
Dabei ist Hofmann rhetorisch nicht ungeschickt, indem er nicht selten genau das sagt, was Fans gerne hören, wie zum Beispiel am vergangenen Dienstag auf einer Podiumsdiskussion, die die Fangruppierung Ulrich-Biesinger-Tribüne e.V. organisierte.
Dort sagte Hofmann vor zirka 120 Mitgliedern, dass ein Verein niemals gegen seine Fans agieren könne. Und er nach den Vorfällen der letzten Jahreshauptversammlung mit einem schlechten Gefühl nach Hause gefahren sei. Hofmann räumt ohne mit der Wimper zu zucken Fehler ein, ohne dabei zu erklären, wie es denn dazu gekommen sei und wie er das in Zukunft abstellen wolle.
Es soll an dieser Stelle nicht erörtert werden, dass ein Präsident eines Vereins ständig vor Ort sein sollte – oder vom Fußball etwas verstehen sollte, was beim FCA wohl eher nicht der Fall ist. Vielmehr geht es darum, festzuhalten, dass sich keine Fanszene der Republik mehr der Lächerlichkeit preisgibt als diejenige des FCA, wenn sie gegen Strukturen wie in Sinsheim, Leverkusen, Wolfsburg oder Leipzig protestiert.
Als Union-Präsident Dirk Zingler kürzlich laut darüber nachdachte, dass bei der 50+1 Regel grundsätzlich alle Ausnahmetatbestände zu klären seien – darunter würde nicht nur RB Leipzig, sondern auch der FC Augsburg fallen, schien man sich nur außerhalb von Augsburg darüber zu wundern. Dass beim FCA die 50+1 Regel zwar formal existiert, aber in der Realität nicht mehr als eine alibigeführte Fußnote darstellt, führt u.a. seit Jahren dazu, dass der Klub schleichend die Bindung zu seiner Fanszene verliert.
Dies zu verdeutlichen, war der Anlass der zurückliegenden Podiumsdiskussion, auf der vieles zur Sprache kam, aber das “FCA-Leid-Thema” mit der Aufzählung von Symptomen nur umschrieben wurde.