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Dienstag, 14.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Debatte um Klimacamp

Debatte: OB Weber greift Klimacamp an – Aktivisten reagieren mit harscher Replik

Nachdem sich die Stadt sachlich zur schriftlichen Urteilsbegründung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geäußert hatte, nahm sich Augsburgs OB Eva Weber das Klimacamp politisch zur Brust. Die Replik der Klima-Aktivist*innen ließ nicht lange auf sich warten.

OB Eva Weber

„Zum Zeitpunkt meiner Wahl zur Oberbürgermeisterin im März 2020 hatten die ersten großen Klimademonstrationen der Fridays For Future-Bewegung bereits stattgefunden. Das Thema stand also mehr als präsent auf der Agenda. Nicht aus politischer Opportunität, sondern aus meiner persönlichen Überzeugung hat das Thema Klimaschutz sowohl in meinem Wahlprogramm als auch im schwarz-grünen Koalitionsvertrag einen prominenten Platz“, so OB Weber, die außerdem darauf hinweist, dass die vergangenen zwei Jahre ihrer Stadtratsperiode von Krisenmanagement geprägt gewesen seien – und dennoch intensiv am Thema Klimaschutz gearbeitet worden sei. – „Die Aktivistinnen und Aktivisten des Klimacamps jedoch sind anscheinend entweder nicht willens oder auch nicht in der Lage, das anzuerkennen. Im Gegensatz zu den Klimaaktiven kann und will ich als Oberbürgermeisterin aber nicht nur monothematisch agieren. Letztlich geht es darum, für ALLE Menschen in Augsburg verträgliche Lösungen zu gestalten. Das funktioniert ausschließlich über demokratische Willensbildung- und Entscheidungsprozesse – auch wenn diese unbestritten herausfordernd sein können und allen Beteiligten Durchhaltevermögen abverlangen“, so Eva Weber weiter, die sich auch jenen Bürgern gegenüber verpflichtet fühle, die mit Klimaschutz nicht so viel anfangen könnten beziehungsweise „sich selbst und ihre Lebensentwürfe durch die notwendige Maßnahmen in Frage gestellt oder bedroht sehen.“

Weber: Klimacamp ist dogmatisch und kompromisslos

Interessenausgleich und Kompromisse seien aber laut Weber genau die Aufgabe von Kommunalpolitik und Demokratie, doch daran hätten die Klimaaktivist*innen kein Interesse, sie würden ihre Forderungen dogmatisch und kompromisslos stellen, sodass kein Konsens möglich sei, außerdem würden sie Entscheidungszuständigkeiten und Verantwortlichkeiten einer kommunalen Verwaltung mit „völliger Ignoranz“ übergehen. „Sie sind nicht bereit, sich in die bestehenden demokratischen Entscheidungsstrukturen einzubringen, sie sind in der Regel nicht bereit, sich wählen zu lassen und sie sind nicht bereit, Mehrheiten für die Durchsetzung ihrer Ziele zu organisieren“, so Eva Weber, die in ihrer Stellungnahme betont, dass für sie „Klimaschutz die existenzielle Aufgabe unserer Zeit ist.“

Schließlich gibt OB Weber den Aktivist*innen einige Ratschläge, die sie am Ende in einen Satz gießt: „Verlasst Eure Komfortzone! Und hört auf, nach dem Motto vorzugehen: Wir bleiben, bis Ihr macht, was wir wollen. So funktioniert unsere Demokratie nicht.“

Klimacamp: OB Weber zeigt sich als schlechte Verliererin

Die Antwort der Klimaaktivist*innen ließ nicht lange auf sich warten: „Oberbürgermeisterin Weber offenbart in ihrer Niederlagenstellungnahme
schlechtes Verständnis für die Strukturen des Augsburger Klimacamps (…) Das Augsburger Klimacamp war (zum Zeitpunkt des städtischen
Räumungsbescheids) eine vom Grundgesetz geschützte Versammlung. Oberbürgermeisterin Eva Weber fordert daraufhin in einer vierseitigen
persönlichen Stellungnahme das Klimacamp als ihre Opposition auf, sich entweder vollends in bestehende Verwaltungsstrukturen einzufinden oder die Zelte abzubrechen. Das offenbart Weber als schlechte Verliererin. Sind es doch die Menschen im Klimacamp, welche Brücken schlagen und für Maßnahmen werben, um Augsburg auf einen klimagerechten Pfad zu bringen. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht Passant*innen im Campgespräch Aha-Moment erleben, klimapolitische Zusammenhänge erkennen und neue Handlungsoptionen wahrnehmen. Klimagerechtigkeit ist Querschnittsthema – und damit per definitionem multithematisch.“

So der Konter des Klimacamps, das darauf hinweist, dass es laut UN-Generalsekretär Antonio Guterres nicht radikal sei, günstigere Busse und Trams sowie eine Abkehr von fossilen Brennstoffen zu fordern. Aber es im Gegenzug radikal sei, die fossile Infrastruktur weiter auszubauen. „So wie es die Stadt Augsburg und die Stadtwerke tun, wenn sie das Fernwärmenetz weiter mit Erdgas betreiben oder lieber 6,2 Millionen Euro in
ein unzeitgemäßes Parkleitsystem investieren statt in gut ausgebauten, attraktiven und bezahlbaren ÖPNV.“

Klimacamp-Sprecher Dr. Ingo Blechschmidt

Die Sachverhalte seien klar, alle Studien kämen zum selben Schluss, alle aus Bevölkerungsquerschnitten zusammengesetzten Bürger*innenräten würden dasselbe empfehlen: „Stadt, Land und Bund müssen dringend Klimagerechtigkeitsmaßnahmen beschließen. Damit können wir eine unkontrollierte Erdaufheizung vermeiden und nebenbei die Lebensqualität durch größere Freiheit in der Wahl des Verkehrsmittels durch neue gemütliche Fußgänger*innenzonen und geringere Lärmbelastung steigern.“  Der neue IPCC-Bericht habe weiter verdeutlicht, dass kaum noch Zeit sei. „Die bereits amtierenden Politiker*innen müssen jetzt handeln!“

Dabei seien die Forderungen der Aktivisten nicht nur von ihnen selbst formuliert. So habe die bei Expert*innen eine Studie für konkrete Klimaschutzmaßnahmen in Augsburg in Auftrag gegeben, die „KlimaKom-Studie -Klimaschutz 2030: Studie für ein Augsburger
Klimaschutzprogramm“. Diese Studie rüge, wie viel Zeit die Stadt bereits ungenutzt verstreichen ließ, und würde kluge Ziele vorgeben, wie eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs bis 2030 um 50 Prozent. „Diese Studie lässt die Stadt leider enttäuschend weit links liegen“, so die Klimaktivist*innen in ihrer Replik zu Eva Webers Rundumschlag gegen das Klimacamp.