Von Staufern und Schlossherren, Bauern und Fabrikanten: 1000 Jahre Mering – eine Chronik
Am 14. November 2021 war es exakt 1000 Jahre her, dass mit der Formulierung „apud villam Moringa“ in einer Urkunde Kaiser Heinrichs II. die heutige Marktgemeine Mering erstmals genannt wurde. Die Ortschronik erscheint aber (nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie behindert) ein Jahr verspätet.
Vier Jahre lang wurde an diesem Werk mit seinen insgesamt 732 Seiten Umfang, elf Kapiteln mit insgesamt 124 einzelnen Beiträgen und in der Summe 745 Abbildungen gearbeitet. 37 – teils ehrenamtlich schreibende – Autorinnen und Autoren waren beteiligt. Erschienen ist die Chronik im context verlag. Der voluminöse Band beschreibt tausend Jahre der heutigen Marktgemeinde vor dem Hintergrund der „großen Geschichte“, aber letztlich aus der Perspektive der „kleinen Leute“. Zwar geht es auch um die Welfen, die Staufer und die Wittelsbacher, um Schlossherren und Freifrauen – doch vor allem geht es um das Schicksal und die Lebensumstände von Bauern, Handwerkern und Händlern, Fabrikbesitzern und Zeitungsverlegern, Geistlichen und Lehrern, ortsprägenden Bürgerinnen und Bürgern, Bürgermeistern, Ehrenbürgern und Originalen. Nicht zuletzt aufgrund seiner Lage – bis 1806 an einer Landesgrenze, an der Sprachgrenze zwischen Schwaben und Altbayern und an einer (zu Zeiten der Wittelsbacher Herzöge und Kurfürsten) hart umkämpften Konfessionsgrenze – hat das Dorf im Lechrain in mehreren Konflikten und Kriegen viel Leid erfahren. Ein Gemälde in der Wallfahrtskapelle St. Franziskus zeugt vom Großmachtwahn der Wittelsbacher: Es zeigt das im Spanischen Erbfolgekrieg niedergebrannte Dorf.
Für die Königskrone der Wittelsbacher von Napoleons Gnaden starben Meringer später sogar in den eisigen Weiten Russlands. Und noch in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs wurde Mering zum Ziel eines Bombenangriffs. Heute macht die Lage an der Bahnlinie München–Augsburg den stetig wachsenden Ort zur „Boom-Gemeinde“ mit teils stadtähnlicher Infrastruktur.
Selbst die ältesten Meringer, die glauben, alles von ihrer Heimatgemeinde zu wissen, werden in dieser Chronik aufgrund der Fülle an Fakten und Namen, Bildern, Quellen- und Literaturhinweisen für sie überraschende Themen entdecken. Ein Beitrag der Meringer Kunsthistorikerin Angela Bonhag berichtet zum Beispiel von einem Wappen, das mitten in Mering belegt, dass ein Wittelsbacher Kurfürst gerne Österreich geerbt hätte. Ein Kapitel des wissenschaftlichen Redakteurs der Chronik – des Münchener Historikers Dr. Stefan Breit – über Mering in der Frühen Neuzeit verrät, was es mit der Räuberbande des „boarischen Hiasl“ auf sich hatte. Die Autorin Katharina Axtner, die weite Teile der Meringer Wirtschaftsgeschichte untersuchte, stieß zum Beispiel auf einen Meringer Schlosser, der 1902 in Augsburg jene Guillotine montiert hatte, die dann den Räuber Kneißl enthauptete. Die Kunsthistorikerin Maria Hennl behebt mit ihrem Kapitel über das Meringer Schloss sogar ein Desiderat der Fugger-Forschung, da sie dort nicht „nur“ über Welfen und Staufer, Wittelsbacher und Weißbier schreibt, sondern auch über Mering als Pfandbesitz der Fugger. Und der Stadtberger Sprachforscher Rupert Zettl klärt darüber auf, dass die Ortsnamen Moringa, Möhringen und Möring respektive Mering mitnichten etwas mit einem Mohren zu tun haben, sondern sehr viel mehr mit dem Meer. Leser und Leserinnen erfahren, warum in Mering der Ton den Ton angab, was der „Meringer Himmel“ mit Martin Luther zu tun hat und was das Gemeindewappen mit der Schlacht auf dem Lechfeld.
Den Grund für die Herausgabe der Ortschronik durch die Marktgemeinde Mering beleuchtet Johannes Kieweg in seinem Aufsatz „Mering im Mittelalter (600 – 1490)“. Dort findet sich jene „Geburtsurkunde“ Merings abgedruckt, die am 14. November 1021 „apud villam Moringa“ – beim oder nahe dem Königshof Möringen – ausgestellt wurde.
Mehr zu „1000 Jahre Mering. 1021–2021“ unter www.context-mv.de. Dort findet man neben weiteren Informationen zum Buch auch das sechsseitige Inhaltsverzeichnis sowie die Kurzporträts aller 37 an der Ortschronik beteiligten Autorinnen und Autoren.