„Wir sind Tabellenführer“
Warum OB Gribl eine Stellenumschreibung im Sportreferat vornehmen soll
Kommentar von Siegfried Zagler
Der FC Augsburg steht nach dem 16. Spieltag in der Zweiten Bundesliga mit 32 Punkten an der Tabellenspitze, dahinter folgt mit dem schlechteren Torverhältnis punktgleich Hertha BSC. Am kommenden Samstag spielen in der Augsburger impuls arena die beiden Topklubs dieser Saison den Titel des Herbstmeisters aus. Nach den letzten beiden überzeugenden Auftritten ist der FCA zusammen mit der alten Dame aus Berlin nicht nur Aufstiegsfavorit, sondern auch überraschenderweise Tabellenführer, weshalb in gewissen Kreisen gewettet wird, ob diesbezüglich eine weitere Pressemitteilung aus dem Sportreferat zu erwarten ist.
Als Kultur/Sportreferent Peter Grab nach einem mehrwöchigen Urlaub im Spätsommer aus Ägypten zurück kam, war er offensichtlich von dem Zufallswerk der „doppelten Tabellenführung“ dergestalt geblendet, dass ihm diese Momentaufnahme (FCA nach vier Spieltagen Platz eins, AEV nach fünf Spieltagen Platz eins) eine Pressemeldung wert war:
„Zum ersten Mal führen unsere beiden Profivereine zeitgleich die jeweilige Tabelle an – das hat hohe Symbolkraft. Ich gratuliere beiden Teams ganz herzlich zu diesem Ergebnis und freue mich auf viele weitere spannende Spiele. Vielleicht gelingt uns sogar ein Ausbau der Tabellenführung“, so Peter Grab am 20. September 2010. Damals war die Welt für Sportreferent Grab noch in Ordnung. Die von Grab bemühte „Symbolkraft“ wurde in der Pressemitteilung nicht näher differenziert, konnte aber nur – wenn man Grab die klügste Absicht unterstellt – bedeuten, dass die Stadt Augsburg sehr viel für den heimischen Profisport zu leisten gewillt ist. Zusammen mit dem Stadtrat und der AGS war Augsburgs Sportminister damals noch ganz und gar davon überzeugt, dass sich am 3. Oktober ein warmer Applaus beim ersten Heim-Auftritt des Deutschen Eishockey-Vizemeisters für das im Umbau befindliche neue CFS ereignet.
Grab´sche Moorleiche auf Vereins- und Prospektebene eingeschweißt
Es kam ganz anders. Die Panther sind sportlich zwischenzeitlich in ein tiefes Loch gefallen und müssen sich noch sehr strecken, um die Qualifikation für die Play-Offs zu erreichen. Und Peter Grab darf zum CFS nicht mehr sprechen. Letzteres muss man sich in aller Ruhe mal vor Augen führen: Die Stadt nimmt 16,2 Millionen Euro in die Hand, um dem Augsburger Eishockey-Profiklub die DEL-Zugehörigkeit zu sichern, und Sportreferent Peter Grab darf sich nach dem Planungsdebakel nicht mehr zum CFS äußern. Baureferent Gerd Merkle wird – so war zu hören – nach der Stadtratsitzung am 27. Januar die Kommunikationshoheit beim CFS übernehmen. Und Grab? Darf er nach dem 27. Januar auch wieder über das CFS sprechen? Falls ja: Was und mit wem?
Vielleicht wirft der FCA ja ein wenig Glanz auf den gebeutelten Kultur- und Sportreferenten, nachdem das CFS und der Theatercontainer eher Spott und Kopfschütteln eingebracht haben. Letzteres gilt auch für die schlimmste Zirkusnummer, die in der langen Geschichte der Stadt je ein Kulturreferent zu verantworten hatte: kuspo. Die Werbeagentur eest hat es nach mehr als einem Jahr politischer Angriffe und medialer Häme immerhin geschafft, die „Grab´sche Moorleiche“ auf Vereins- und Prospektebene einzuschweißen. Und jetzt?
Vielleicht gelingt uns sogar der Container
Jetzt sind wir wieder Tabellenführer. Also Fußball! „Vielleicht gelingt uns sogar ein Ausbau der Tabellenführung“. Und vielleicht gelingt uns sogar der Container. Dem FCA ist in dieser Saison der Aufstieg in die erste Bundesliga zuzutrauen, und falls das tatsächlich im Mai 2011 gelingen sollte und die anschließende Frauen-WM samt ihrem Begleitprogramm erfolgreich verlaufen sollte und kurz darauf in der Theaterstraße die Bauarbeiten für den Theatercontainer beginnen sollten – und im Spätherbst dort die ersten Proben stattfinden sollten und die erste Inszenierung gelungen sein sollte, ja dann könnte Peter Grab vielleicht der Ausstieg aus der Spirale des Misserfolgs gelingen. Ach ja: Das Wetter müsste auch noch passend sein. Was das Wetter mit Peter Grabs politischem Erfolg zu tun hat? Natürlich nichts! Aber was hat die Tabellenführung des FCA und die Frauen-WM samt ihrem Begleitprogramm mit Peter Grab zu tun? Richtig. Auch nichts. Und der Baupfusch am CFS und der Tanz um den Container?
Ob man Peter Grab weiterhin seine Nichtzuständigkeit und Kenntnislosigkeit so eloquent zelebrieren lassen sollte, um es ein wenig boshaft zu sagen, ist derzeit im politischen Augsburg ein Flüsterthema. Seit die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat unübersichtlicher geworden sind und die Kulturkoordinatorin das Weite gesucht hat, wird nicht nur innerhalb der journalistischen Gilde hinter vorgehaltener Hand darüber geredet, dass es im Sinne der Stadt besser wäre, wenn OB Gribl eine Stellenumschreibung innerhalb des Sportreferats vornehmen würde, was nach Gemeindeordnung möglich wäre. Anders formuliert: Der überforderte „Superreferent“ Grab soll sein Tätigkeitsfeld in Zukunft auf das Amt des Kulturreferenten beschränken. Verbunden ist diese Idee mit der Hoffnung, dass die Stadt somit zumindest auf dem Papier etwas bekommt, was ihr seit dem Regierungswechsel im Frühjahr 2008 am offensichtlichsten abgeht: ein Kulturreferat mit einem Kulturreferenten.