Wenn der Bürger die Welt nicht mehr versteht
Premiere: Hebbels „Maria Magdalena“ am Samstag im Stadttheater
„Ich verstehe die Welt nicht mehr“, resigniert der Tischlermeister Anton am Ende von „Maria Magdalena“. Am kommenden Samstag, 15. Januar um 19.30 Uhr hat Friedrich Hebbels Drama von 1846 im Großen Haus Premiere. Eine bewusste Neuauflage des bürgerlichen Trauerspiels sah Hebbel in seinem Drama einerseits – andererseits geht es bei Maria Magdalena nicht um Konflikte zwischen den Gesellschaftsklassen, sondern um Probleme innerhalb des Bürgertums: Es handelt, lebt und liebt in Hebbels Auffassung nach einem Sittenkodex, der nicht mehr zur Lebenswirklichkeit seiner Zeit passt. Der Dichter selbst hielt den Inhalt seines Dramas für zukunftsweisend: Im Stück, so schrieb er, dämmerten Konsequenzen auf, „die wohl erst nach Jahrhunderten in den Lebenskatechismus Aufnahme finden werden.“
Im Haus des Tischlermeisters Anton haben Tochter Klara und Sohn Karl unter dem Rigorismus des Vaters zu leiden: Als Karl des Diebstahls bezichtigt und verhaftet wird, trifft die schwer erkrankte Mutter der Schlag. Klara bleibt allein mit einem verbitterten Vater zurück und muss ihm schwören, die Familie vor weiterer Schande zu bewahren. Doch Klara kann diesen Schwur nicht halten: Sie ist schwanger, und Leonhard, ihr Verlobter, will aus Karrieregründen die Bindung auflösen. Katastrophen bahnen sich also an – sowohl für das Familienleben als auch für die Wertvorstellungen des rechtschaffenen Handwerkers – kein Wunder, dass er „die Welt nicht mehr verstehen“ kann und mag.
Regie führt bei Hebbel Anna Lenk, die zum ersten Mal am Großen Haus inszeniert, nachdem sie zuletzt Brechts „Trommeln in der Nacht“ in der Komödie auf die Bühne gebracht hat. In den Hauptrollen sind Martin Herrmann als Meister Anton, Eva Maria Keller als dessen Frau, Judith Bohle und Ulrich Rechenbach als seine Kinder Klara und Karl sowie Nicholas Reinke als Klaras Verlobter Leonhard zu sehen.