Weltbild beantragt Insolvenzverfahren
“Die Geschäftsführer haben heute beim Amtsgericht Augsburg die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens für die Verlagsgruppe Weltbild GmbH beantragt”, so die Verlautbarung der Geschäftsführung in einer Pressemitteilung vom heutigen Nachmittag.
Da man für die nächsten drei Jahre ein geringeres Umsatzniveau erwarte, habe sich der Finanzierungsbedarf verdoppelt. Am Donnerstag sei deutlich geworden, dass die notwendige Finanzierung nicht zur Verfügung stehen wird. Daraus habe sich unausweichlich die Notwendigkeit eines Insolvenzantrages ergeben, wie die Geschäftsführung der Augsburger Verlagsgruppe die dramatische Entwicklung beschreibt.
Der digitale Wandel setzte Weltbild zu
Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) zitiert den Augsburger Ver.di-Sekretär Thomas Gürlebeck bezüglich der an Weltbild beteiligten deutschen Bistümer. Sie hätten, so Gürlebeck, ihre Kapitalzusagen in Höhe von mehr als 60 Millionen Euro zurückgezogen. Dies sei trotz der Zustimmung der Banken zum Sanierungsplan erfolgt. Der Insolvenzantrag betrifft ausschließlich die Verlagsgruppe Weltbild GmbH mit 2.200 Mitarbeitern in Augsburg, so Weltbild.
Die Verlagsgruppe gehört zwölf katholischen Bistümern, dem Verband der Diözesen Deutschlands und der Soldatenseelsorge Berlin. „Der digitale Wandel setzte Weltbild – einem der größten Buchhändler Europas – zu. Immer mehr Leute kaufen Bücher im Internet, immer weniger über den Katalog oder in den Filialen. Weltbild musste investieren, in neue IT-Technik und in elektronische Bücher. Das Unternehmen brauchte frisches Kapital. Doch die 14 kirchlichen Eigentümer ließen den Verlag zittern und stritten über den Kurs“, so die Augsburger Allgemeine zur Vorgeschichte, die in die Insolvenz führte. Kurz nach Bekanntgabe des Insolvenzverfahrens reagierte Oberbürgermeister Kurt Gribl.
Stadt startet konzertierte Aktion
Kurt Gribl erklärte via Pressemitteilung, dass der Fokus der Stadt darauf gerichtet sei, Hilfestellung und mögliche Lösungen für die betroffenen Mitarbeiter zu erarbeiten. „Unser Ziel ist, alle Kräfte aus der Wirtschaft in Augsburg und der Region zu bündeln und als Task Force an einen Tisch zu bringen. Mit dieser Vorgehensweise haben wir bereits bei MAN Roland gute Erfahrungen gemacht“, so Gribl. Bereits morgen tritt auf Initiative der Stadt Augsburg ein entsprechendes Gremium zusammen. Eingeladen sind Vertreter von IHK und Hwk, Arbeitsagentur, Verdi sowie des Betriebsrats und der Geschäftsleitung von Weltbild. Wie Wirtschaftsreferentin Eva Weber erläuterte, soll dabei zunächst analysiert werden, welche Berufsgruppen mit welchen Qualifikationen betroffen sind. „Uns geht es darum, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die Beschäftigten aufgefangen oder in anderen Unternehmen untergebracht werden können“, so Weber. Darüber hinaus werde OB Gribl auch Gespräche mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium, dem Insolvenzverwalter und den Weltbild-Gesellschaftern – allen voran der Diözese Augsburg führen. „Wir gehen davon aus, dass die Diözese an der von ihr signalisierten finanziellen Unterstützung für Weltbild festhält und diese in die Problemlösung auch einbringt“, so Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl.
Ullrich: Bischöfe dürfen sich nicht allein von der Gewinnmaximierung leiten lassen
Der Augsburger Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich (CSU) appellierte in einem Schreiben an die Vertreter der katholischen Kirche: “Die katholische Kirche hat eine besondere soziale Verantwortung. Deswegen appelliere ich an die deutschen Bischöfe, sich beim Engagement für Weltbild nicht allein von Aspekten der Gewinnmaximierung leiten zu lassen, sondern vor allem die Mitarbeiter im Auge zu behalten. Daher darf eine weitere Finanzierung nicht von vorneherein scheitern. Die besondere Eigentümerstruktur des Unternehmens Weltbild, an der die zahlreichen Diözesen in Deutschland, die Körperschaften des öffentlichen Rechts beteiligt sind, machen es zu einer deutschlandweiten Angelegenheit, tätig zu werden”, so Ullrich, der am Rande der kommenden Sitzungswoche in Berlin gemeinsam mit Bundestagskollegen von weiteren betroffenen Weltbildstandorten sowie Vertretern des Wirtschaftsministeriums Chancen für die Arbeitsplätze in Augsburg ausloten will. Dabei müssten laut Ullrich auch Überlegungen wie KfW-Mittel eine Rolle spielen. Auch müsse bedacht werden, dass das Überleben eines großen deutschen Internetversandhandels angesichts der US-amerikanischen Konkurrenz auch eine wirtschaftspolitisch bedeutende Frage für Deutschland darstelle, wie Ullrich in einer aktuellen Pressemitteilung klarstellte.
Kiefer: Das Insolvenzverfahren muss einen Neubeginn ermöglichen
Der Frontmann der Augsburger SPD, Stefan Kiefer, hat bis zuletzt gehofft, dass die Probleme bei Weltbild noch gelöst werden. „Die Stadtspitze muss sich fragen lassen“, so Kiefer, „was sie bisher zum Umfang der wahren Unternehmenslage gewusst hat. Was hat sie zur Abwendung der nunmehr eingetretenen Insolvenz unternommen?“ Das nun beginnende Insolvenzverfahren müsse einen Neubeginn ermöglichen. „Dazu sind die Eigentümer endgültig gefordert, ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden und diesen Neustart zu ermöglichen, also auch durch Bereitstellung von Eigenkapital“, so der Oberbürgermeisterkandidat der Augsburger SPD.