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Mittwoch, 12.03.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Weitzels kleine Welt

Warum Thomas Weitzel ein schlechter Kulturreferent ist

Kommentar von Siegfried Zagler

Man muss nicht immer weit ausholen, um eine These zu plausibilisieren: Peter Grab war als Kulturreferent nach wenigen Monaten Amtszeit am Ende, als er sein Ku.spo-Konzept vorstellte und damit an die Wand fuhr. Im Gegensatz zum aktuellen Kulturreferenten Thomas Weitzel war Grab  allerdings schwer aus dem Amt zu hieven, weil mit ihm sehr frühzeitig auch die Regierungskoalition gescheitert wäre. Sowohl auf Grab wie auch auf die Koalition zwischen Pro Augsburg und der CSU hätte man allerdings auch sehr frühzeitig verzichten können. Das Gleiche gilt für Thomas Weitzel und das aktuelle Dreierbündnis. Letzteres agiert hinter verschlossenen Türen und provoziert somit Widerstand aus der Bürgerschaft. Aber es agiert immerhin. Weitzel dagegen reagiert nur. Er hat weder parteipolitische Macht, die ihm eine durchsetzungsstarke Seilschaft sichert, noch Pläne und Gestaltungswillen, um mit Kompetenz und Überzeugungskraft solche Seilschaften bilden zu können. Und Thomas Weitzel hat offenbar immer noch nicht begriffen, dass er einen politischen Job hat, dass er also daran gemessen wird, welche Gestaltungsprozesse er federführend plant und zu Ende bringt.

Allein die Nicht-Gestaltung des Brechtfestivals spricht Bände. Im Sommer 2014 scheiterte Thomas Weitzel mit der Durchsetzung seiner (bis heute) unbekannten Pläne, wie nach Ablauf des Vertrags mit Festivalleiter Joachim Lang das Brechtfestival ab 2016 fortgeführt werden soll. Weitzel scheiterte an der SPD-Fraktion, die sich für eine Vertragsverlängerung mit Lang einsetzte. Langs Vertrag wurde gegen den Willen des Augsburger Kulturreferenten um ein Jahr verlängert. Wie es nächstes Jahr mit dem Brechtfestival weitergehen soll, weiß niemand und es ist anzunehmen, dass es selbst Weitzel nicht weiß.

Vor knapp einem Jahr legte die Theaterleitung Thomas Weitzel ein Konzept für das Brechtfestival 2017 vor. In dieser Woche erfuhr nun die Theaterleitung davon, dass das Konzept keine Berücksichtigung findet, da – man wundert sich nicht – wieder die SPD an diesem Konzept keinen Gefallen finde. Inzwischen wurde im „Flurfunk“ der Verwaltung als Übergangsleiterin des Festivals der Name der Brecht-Enkelin Johanna Schall „gefunkt“, die aber abgewinkt haben soll. „In größter Not sind Vorsicht und Mittelmaß der sichere Tod.“ – Gemäß dieser Vorgabe existiert außerhalb der kleinen Welt Weitzels, aber noch innerhalb der Verwaltung, eine planungsreife Idee, die den neuen Theater-Intendanten in die Verantwortung für das kommende Festival stellt. Andre Bückers Engagement würde dementsprechend nicht erst 2017 beginnen, sondern bereits im März 2016, und zwar als kommissarischer Leiter des Brechtfestivals. Bücker könnte ein Theaterfestival organisieren, das in der Hauptsache internationale Brecht-Produktionen zeigt. Unabhängig davon existiert seit Kurzem wieder ein weiterer Name auf der Ebene des „Flurfunks“, der an dieser Stelle noch nicht genannt wird, weil es ein Kandidat Weitzels sein soll – und somit eine gewisse Schutzbedürftigkeit besteht.

Ein Kulturreferent, der soviel Durcheinander zulässt beziehungsweise mitproduziert, fügt der Stadt mehr Schaden als Nutzen zu.

Die Nichtverlängerung des Vertrags der Theater-Intendantin Juliane Votteler war von einer quälend langen Debatte hinter den Kulissen geprägt, die ein guter Kulturreferent niemals zugelassen hätte. Peinlich – und für Intendantin Votteler das Höchstmaß an Beschädigung liefernd – sollte sich das Finale der Debatte gestalten. Doch gemessen an der politischen Situation, die sich Weitzel als Nichtpolitiker in Sachen Theatersanierung leistet, sind diese Vorgänge Kleinigkeiten.

Kaum war die 235-Millionen teure Vorplanung zur Theatersanierung vorgestellt, wurde gegen den Willen von Kulturreferent Weitzel auf der Ebene der Fraktionsplaner umgeplant und gespart. „Nicht Kultur ist teuer, sondern Stadt ist teuer“, hielt Weitzel dagegen und verlor diesen bescheidenen Diskurs in Bausch und Bogen. OB Kurt Gribl versuchte ohne Weitzel in München ein Staatstheater herauszuschlagen und kam mit einer 55-prozentigen Förderquote zurück, die Gribl heute politisch dafür verwendet, um die aktuellen Sanierungspläne als alternativlos darzustellen.

Verantwortlicher Fachreferent für diese Sanierungspläne ist allerdings Thomas Weitzel, der sich zwar gerne auf Debatten einlässt, aber diese nicht führend gestaltet. Deshalb ist in der Stadt Augsburg in der Kulturpolitik ein gefährliches politisches Vakuum entstanden, in das sich nun sogar die Theaterfreunde wagen. „A wie Augsburg“ könnte eine Kampagne werden, die zwar an den finanziellen Möglichkeiten der Stadt vorbei zielt, aber zusammen mit der Kampagne der Sanierungskritiker auch den Status der Augsburger Kulturpolitik beschreibt: Nach der Ära Grab ist dieser nämlich nicht besser geworden, sondern schlechter. Nicht der Fachreferent macht Kulturpolitik, sondern die Fraktionen. Nicht der Fachreferent setzt sich ostentativ für eine gute Sanierungsplanung ein, sondern die Bürgerschaft. Mit Thomas Weitzel hat der Stadtrat am 2. Mai 2014 einen Kulturreferenten in das Amt bestellt, der wie eine Flipper-Kugel durch die Stadt geschossen wird. Thomas Weitzel ist zum Spielball der Mächte geworden, die in der Stadt Augsburg schon lange das Sagen haben. In den knapp zwei Jahren seiner Amtszeit ist von einer eigenständigen Handschrift des Augsburger Kulturreferenten nichts zu sehen, nichts zu spüren.