Kommentar von Siegfried Zagler

Es gibt im deutschen Fußball-Sprech zwei Supergranaten. Einer der beiden hat sich halbwegs gefangen und ist seit geraumer Zeit in der Lage live und unfallfrei über ein Fußballspiel zu sprechen (Lothar Matthäus), während Jürgen Klinsmann sich bis heute immer wieder in den Untiefen von Syntax und Semantik verfängt und mit seiner schwäbisch-naiven Frohnatur zugleich für Aufbruchs- und Untergangsstimmung zuständig ist. Jürgen Klinsmann, der Mann fürs Projekt, ist zum dritten Mal als Teammanager gescheitert: bei der Heim-WM 2006, bei Bayern München und nun bei Hertha BSC Berlin.

Am Dienstagmorgen informierte Jürgen Klinsmann auf seiner der Facebook-Seite die Öffentlichkeit von seinem Rücktritt als Trainer von Hertha BSC Berlin. Klinsmann verweist dabei unverblümt auf fehlendes “Vertrauen der handelnden Personen” und schlussfolgert haarscharf: “Deshalb bin ich nach langer Überlegung zum Schluss gekommen, mein Amt als Cheftrainer der Hertha zur Verfügung zu stellen und mich wieder auf meine ursprüngliche langfristig angelegte Aufgabe als Aufsichtsratsmitglied zurückzuziehen”.

Der ehemalige Sommermärchen-Projekttrainer hatte den Cheftrainer-Posten bei bei Hertha am 27. November übernommen und sollte bis zum Saisonende Cheftrainer bleiben. Er wurde zuvor Aufsichtsrat bei der Hertha und wollte später dieses Amt wieder einnehmen. Wenn man ihn dort noch wolle.

In München war Klinsmann bereits in der Saison 2008/9 erfolgloser Cheftrainer und sorgte dort für diverse Schrullen, bis es Hoeneß und Co. zu bunt wurde. Unter anderem ließ “Klinsi” große Buddha-Statuen an der Säbenerstraße errichten, damit mehr Gelassenheit ins hektische Tagesgeschäft der Tabellenstände einziehen solle. Die Scheinehe zwischen dem Schwaben Klinsmann und den Bayern hielt immerhin 29 Spieltage und sorgte viele Monate für nachhaltiges Gelächter.

Mit Klinsmann, so schrieb die DAZ im November 2018, fängt der Niedergang der “alten Dame” richtig an. Klinsmann war nie ein Trainer mit Format, wurde aber merkwürdigerweise stets als solcher gehandelt. Das verbindet ihn auf unsichtbare Weise mit einem hochgehandelten Autor, der zu den langweiligsten Erzählern der deutschen Literaturgeschichte zählt: Peter Handke. Auch bei Handke ist völlig unklar, womit sich die ihm entgegengebrachte Wertschätzung begründen lässt.

Der Anfang des Niedergangs ist bei einigen Bundesligisten durch den Einstieg eines Großinvestors gekennzeichnet, siehe Hamburg, Hannover, früher Schalke oder 1860 München. Investoren beschädigen nicht selten die Klub-DNA und fahren somit zusammen mit dem Verein ihr Projekt gegen eine Wand. Bei Klubs mit schwachem Profil ist das natürlich etwas anderes, was sich in Augsburg, Hoffenheim oder Leipzig gut beobachten lässt.

Der Geldeinsatz eines Superinvestors (Windhorst) sollte in Berlin auf Wunsch des Inverstors durch den Fußballfachverstand Klinsmanns veredelt werden. Das ist so, als würde man Peter Handke beauftragen, einen spannenden Kriminalroman zu schreiben. Mit sparsamer Häme soll an dieser Stelle unserem Ex-Teamchef der Trost vermittelt werden, dass er ohnehin nach dem Hertha-Rückspiel gegen den FCA im April seinen Job verloren hätte.