Wahlplakate: Paulas Lächeln schlägt die Konkurrenz
Von Siegfried Zagler
Die Augsburger Linken beschäftigt offensichtlich nachhaltig der Sachverhalt, dass bei einer Sommeraktion der Online-Ausgabe der Augsburger Allgemeinen – eine Leserabstimmung über das gefälligste Wahlplakat – die Plakate der Linkspartei bei der AA-Jury durchgefallen sind. Kein Plakat der Genossen unter den zehn zur Abstimmung ausgewählten, welch eine grandiose Verschwörung! Oder liegt es womöglich nur daran, dass die Augsburger Linken so spärlich plakatieren, dass die Journalisten zum Start der Aktion keine Lust hatten, mit Lupe und Gysi-Detektor auf Suche zu gehen?
In einem gestern auf ihrer Homepage veröffentlichten Beitrag ironisieren die Linken ihr Verschwörungsreflexe und thematisieren nicht unwitzig die eigenen Klischeevorstellungen. Ihre Selbstwahrnehmung, als „Outlaws und Schmuddelkinder“ in der kleinbürgerlichen Weltsicht der Augsburger Allgemeinen politisch ausgegrenzt zu werden, greift nämlich diesmal nicht so richtig. Schließlich sind die nervigsten unter den linken Schmuddelkindern unter den Auserwählten: die MLDP.
„Warum nur sind ausgerechnet wir beim „Schönheitswettbewerb der Politparolen“ nicht in die engere Auswahl gekommen“, so könnte man den Tenor der Linken-Ratlosigkeit zusammenfassen. Und wenn es weh tut, hilft manchmal ein bisschen Sexismus über den gröbsten Schmerz hinweg: „Vielleicht arbeiten bei AZ-Online aber auch nur Ästheten, die uns vor Plakaten mit greisen Männerköpfen verschonen wollen, dafür uns mindestens sex mal „Miss FDP“ Miriam Gruß zur Wahl stellen, aber auch die schöne Miriam ist nur einmal vertreten.“
Die klügste Begründung für die Nichtberücksichtigung wäre gewesen, dass die Slogans der Linken zu brisant und wirklichkeitsorientiert seien, um für ein luftiges Sommerspäßchen zu taugen, aber zu dieser schwergewichtigen Denkungsart war der feinsinnige Ironiker auf der Linken Hompage bei dem heißen Wetter wohl nicht gewillt. Die schweren Arbeitsbedingungen der ausgebeuteten Klasse sind aber auch keine schlechte Erklärung für die grausame Ausgrenzung: „Bleibt nur noch sich vorzustellen, wie übernächtigte, müde AZ-Redakteure in stickigen, fast sauerstofflosen Büros Internetseiten basteln. Das Hirn ist dabei schlecht durchblutet, da kann man schon mal was übersehen – und wenn es auch nur die Plakate der LINKEN sind.“
Schlechter durchblutet als das Hirn der müden AZ-Redakteure in ihren „stickigen fast sauerstofflosen Büros“ können – nähme man die Abstimmung der Aktion ernst – eigentlich nur noch die Hirne ihrer Leser sein, da sie unerschrocken das Porträt von Heinz Paula (SPD) auf Platz eins wählten. Paula genießt als Typ und auch als Politiker bei vielen Augsburgern respektables Ansehen, aber auf diesem Plakat wirkt sein Lächeln „am Fuße der Leiter“ nicht gewinnend, sondern eher etwas debil. Paulas Kopf auf eins und ein Slogan-Plakat der SPD auf Platz zwei lassen immerhin den Schluss zu, dass die Mehrzahl der AZ-Online-Leser SPD-Wähler sind und dass deren Verzweiflung groß sein muss. Bei der unheimlich bedeutsamen Suche nach dem orginellsten Wahlplakat käme – wäre die Welt gerecht – mit Abstand nur ein Sieger in Frage: die Piraten mit „Jede(r) Wahlberechtigte hat einen Änderhaken“.