DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Mittwoch, 12.02.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

„Verlacht, verboten und gefeiert“

Über die Ausstellung zur Geschichte des Frauenfußballs in Deutschland

Von Siegfried Zagler

Am gestrigen Donnerstag, 8. April wurde in der Ladengalerie im ehemaligen Filmpalast, Maximilianstraße 30 die „Historische Sportschau zum Frauenfußball“ eröffnet. Sie ist bis 28. April täglich von 9.30 bis 19 Uhr zu sehen.

Kaffeeservice zum Gewinn der Europameisterschaft:"Villeroy & Boch Geschirr 1b Ware"

Kaffeeservice zum Gewinn der Europameisterschaft:"Villeroy & Boch Geschirr 1b Ware"


Es ist eine großartige Ausstellung, die nicht nur die Entwicklungsgeschichte des Frauenfußballs in Deutschland erzählt, sondern ebenso mit lakonischer Gelassenheit dokumentiert, wie nah die Steinzeit der Geschlechterdiskrepanz im Sport (und nicht nur dort) zurückliegt. Als Prunkstück unter Glas auf grünem Filz steht das Kaffeeservice, das der DFB seiner Frauenfußballnationalmannschaft – zusammen mit ein paar Goldmünzen – zum Gewinn der Europameisterschaft spendierte. Die Ausstellungsmacher Eduard Hoffmann und Dr. Jürgen Nendza beschildern das Service mit einer schlichten Textkarte: Villeroy & Boch Geschirr 1b Ware. Das war nicht etwa in den muffigen Fünfzigern der Adenauer-Ära, in der der DFB 1955 ein kategorisches Frauenfußballverbot verhängte, sondern im Jahre 1989, als die Fußballhelden Rudi Völler, Thomas Häßler und Jürgen Klinsmann hießen und pro Nase ein Jahr später für den Gewinn der Weltmeisterschaft in Italien 145.000 DM Prämie kassierten. Trotz der feindlichen Haltung des DFB in Sachen „Damenfußball“ gründeten sich in den Fünfzigern zahlreiche Damenfußball-Klubs. Es entstanden Verbände und es wurden abseits des DFB „inoffizielle“ Länderspiele durchgeführt, wie zum Beispiel das 1957 in Augsburg gegen Österreich, das in den aktuellen DFB-Annalen offensichtlich noch nicht geführt wird, wie Bernd Rotter der Leiter des Augsburger WM-Büros gestern erzählte. Das kürzlich in Augsburg ausgetragene Freundschaftsspiel zwischen dem deutschen Frauen-Team und der Frauenfußballnationalmannschaft der USA wurde vom DFB als „erstes Frauenländerspiel in Augsburg“ beworben. Als Rotter beim DFB anrief, um darauf hinzuweisen, dass bereits 1957 in Augsburg ein Frauenländerspiel stattfand, konnte er niemand erreichen, der davon wusste.

„Die Zukunft des Fußballs ist weiblich“

Die Ausstellung spannt mit zahlreichen Zeitdokumenten wie Spielerpässen, Fotos, Zeitungsartikeln und einem Multimedia-Vortrag einen chronologischen Bogen von den Anfängen des „Damenfußballs im deutschen Kaiserreich“ um 1900 über die Gründung des ersten deutschen Damenfußball-Klubs 1930 durch Lotte Specht bis hin zur letzten WM in 2007 China. Dort gewann das deutsche Frauen-Team seinen zweiten WM-Titel, der vom DFB mit immerhin 50.000 Euro pro Spielerin quittiert wurde. Hätten die deutschen Männer 2006 den WM-Titel gewonnen, hätte jeder Spieler 300.000 Euro eingestrichen. Im monetären Bereich ist man beim DFB in Bezug auf Gleichberechtigung noch nicht so weit wie im Tennis, wo seit einigen Jahren im Grand-Slam-Zyklus (Ausnahme French-Open) Frauen und Männern das gleiche Preisgeld zugestanden wird.

Frauenländerspiel 1957 in Augsburg:Beim DFB nicht in den Annalen (Foto: Eugen Schmitz)

Frauenländerspiel 1957 in Augsburg:Beim DFB nicht in den Annalen (Foto: Eugen Schmitz)


Die Zuwachsrate bei den Neuanmeldungen in den bayerischen Fußballvereinen ist bei den Mädchen seit geraumer Zeit höher als bei den Jungs. „Die Zukunft des Fußballs ist weiblich“, so Martina Wild von der Stadtratsfraktion der Augsburger Grünen. Die Ausstellung zur Geschichte des Frauenfußballs in Deutschlang ist amüsant. Doch wäre sie nur unterhaltend, wäre sie kaum der Rede wert. Frauenfußball ist in Deutschland nicht nur sporthistorisch relevant, verweist nicht nur auf Resultate, Tabellen und Trophäen, sondern spiegelt den gesamtgesellschaftlichen Wandel der Republik wider. Nicht mehr und nicht weniger leistet „Verlacht, verboten und gefeiert“. Der Ausstellung der Volkshochschule Aachen in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung – organisiert durch das WM-Büro der Stadt Augsburg – ist ein großer Publikumszuspruch zu wünschen.