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Mittwoch, 12.02.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Unmoralische Ratschläge und peinliche Auftritte

Kommentar von Siegfried Zagler

Petra Adrianowytsch ist Geschäftsführerin einer katholischen Sozialstation. In dieser Eigenschaft verschickte Adrianowytsch an 800 Patienten eine Wahlempfehlung mit dem Logo der Caritas: Man solle am 16. März 2014 in Augsburg die CSU und deren Bürgermeisterkandidaten Kurt Gribl wählen. Dieses Vorgehen widerspricht dem Neutralitätsgebot der Kirchen. Die Vertrauensstellung eines Pflegedienstes gegenüber seinen Klienten dafür zu verwenden, Wahlwerbung für eine Partei und eine Person zu betreiben, ist moralisch verwerflich und als Alleingang schwer vorstellbar, da Frau Adrianowytsch sich vor der Kommunalwahl 2008 im Beraterteam der „fünf Wirtschaftsweisen“ von Kurt Gribl befand und ihr darüber hinaus eine Bande zur CSU-Agentur m&m nachgesagt wird. Petra Adrianowytsch hat nicht nur den guten Namen der Caritas beschädigt, nicht nur das Vertrauen der Kundschaft eines Pflegedienstes missbraucht, sondern auch die CSU und ihren Oberbürgermeister Kurt Gribl in Not gebracht. Friendly fire erzeugt zwangsläufig schlechte Presse. Kurt Gribl hat sich von dieser Aktion (verhalten) distanziert. Wenn er sich aber – schlechte Presse hin oder her – sicher sein möchte, dass er sauber aus der Sache kommt, müsste er nur tun, wozu ihn die Grünen auffordern.

Augsburgs Oberbürgermeister solle bei den Adressaten der falsch begründeten Wahlwerbung richtigstellen, so die Grünen, wie die Angelegenheit in Wirklichkeit gelagert ist. Dass die Grünen schlechte Wahlkämpfer in eigener Sache sind, ist offensichtlich, dass sie nun aber dem politischen Gegner Ratschläge geben, wie er sich zweimal bei 800 Bürgern als OB-Kandidat aufladen könne, ist eine ganz besondere Note im Kuriositätenkabinett des Augsburger Kommunalwahlkampfes. Sollte der Grüne Kassierer bei m&m für diese strategische Kommunikationsanweisung eine hohe Rechnung stellen, würde sie vermutlich bezahlt werden.

Alle Parteien im Rathaus (auch Pro Augsburg) haben mit großem Befremden auf die Wahlempfehlung eines katholischen Pflegedienstes reagiert. Nur die CSU nicht. Sie sucht ihr Heil in einer Konterattacke und geht auf den SPD-Kandidaten Stefan Kiefer los, der sich bei einer Faschingsveranstaltung der Arbeiterwohlfahrt (AWO) von Klaus Kirchner als Oberbürgermeister empfehlen ließ.

„Nach der Wahlempfehlung durch die AWO stellte sich Kiefer selbst auf die Bühne und bat ganz direkt um die Stimmen der Anwesenden. Dabei nannte er den genauen Wahltermin, ließ sich über die Politik der Stadt aus und empfahl sich selbst als einzigen Garanten für soziale Politik“, so die CSU-Fraktion in einer Pressemitteilung. „Diesen Vorgang nehmen wir einfach zur Kenntnis, während die SPD im umgekehrten Fall die Caritas scharf kritisiert“, so Bernd Kränzle, dessen Kritik an Kiefer wie ein angestrengtes Ablenkungsmanöver wirkt. Kiefers Wahlkampfauftritt bei einem Faschingsball der SPD-nahen AWO mag eine Peinlichkeit gewesen sein, die Briefaktion der Caritas stellt einen schweren Rückschritt in die politische Unkultur der sechziger Jahr dar. Das eine ist eine Faschingspetitesse, das andere ein schwerer Verstoß gegen den Fortschritt unserer Zivilisationsgeschichte.