„Und alles war ihr Schlaf“: Gar nicht einschläfernd und unvermutet poetisch im City Club
Junge Leute haben mit Theater nichts am Hut? Diesen Eindruck hat man nicht, wenn man die schmale Treppe ins Obergeschoss des City Clubs hochsteigt, wo sich das Theter Ensemble eingenistet hat.
Von Halrun Reinholz
Viel Platz ist da nicht, aber unter den Zuschauern im voll besetzten Raum kaum einer über dreißig. Sie warten alle gebannt auf das angekündigte „literarisch-musikalische Programm“. Ein solches Programm passt vermeintlich weder ins Ambiente dieses Kellertheaters unter dem Dach noch zum City Club, einer Bar, die zu später (und früher) Stunde die Gestrandeten des Nachtlebens in nicht eben edlem Ambiente auffängt. Doch die jungen Leute, die das Theter-Ensemble bilden, lassen sich nicht beirren vom gängigen Schubladen-Denken.
Das zeigt schon der gewöhnungsbedürftige Name, der aus „Theater“ einfach einen Buchstaben weglässt (Google weigert sich demnach hartnäckig, den Begriff zu finden). Leif Eric Young kommt wie wohl noch ein Teil seiner gut 30 Mitstreiter vom Jugendtheater, konkret vom „JTT“ des Theaters Augsburg, das seinerzeit unter der Peters-Intendanz von seinem hochprofessionellen Leiter Holger Seitz zu umjubelten künstlerischen Höhenflügen getrieben wurde. Die vom Theatervirus Infizierten wollten danach weitermachen – manche hatten oder haben auch eine Schauspielkarriere im Blick. So wurde das Theter zu einem Sammelbecken für junges ambitioniertes Laientheater. Oder, wie sie es selbst auf ihrer Homepage ausdrücken: „theter dient als Plattform für ernsthafte kunsthandwerkliche Bestrebungen und spannt für all die Entfesselten den Bogen zwischen Ambition Eigeninitiative Jugendclub und künstlerischem Beruf“.
Dass die jungen Leute mit Ernst bei der Sache sind, zeigen Produktionen wie jüngst Hauptmanns Bahnwärter Thiel – oder eben die aktuelle musikalisch-literarische Collage aus Brandner Kasper, Plato, Rilke, Goethes Erlkönig und wer weiß was sonst noch allem, der sie den Titel „und alles war ihr schlaf“ gegeben haben. Das junge Publikum genießt die Darbietung mit unverhohlenem Vergnügen und spendet den mit großer Konzentration und Ernsthaftigkeit agierenden Künstlern heitere Ovationen. Und da es sich hier um keine Schulveranstaltung handelt, kann davon ausgegangen werden, dass Akteure wie Publikum sich freiwillig und außerhalb eines vorgegebenen bürgerlich-akademischen Rahmens mit Literatur beschäftigen.
Letztlich zeigt sich aber dann doch die Scheu, die Quellen des Dargebotenen in der Form eines Programmflyers zu kommunizieren – dieser Wunsch entspräche der bürgerlichen Erwartungshaltung des Publikums. Auch die Darsteller werden (auch auf der Homepage) nicht vorgestellt. Ensemble eben, soll man meinen. Dass die Theters sich durchaus auch in professionellem Umfeld bewähren, zeigen Kooperationen mit dem Theater Augsburg (Tschick) oder den Bluespot Productions. Konsequenterweise wurden sie kürzlich in das städtische Förderprogramm aufgenommen und erhalten einen festen jährlichen Zuschuss. Die „Schlaf“-Collage ist derzeit abgespielt, aber es werden noch weitere Termine folgen. Bahnwärter Thiel wird im März mit drei Terminen (5., 25., 26.) wieder aufgenommen. Näheres unter www.theter.de