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Dienstag, 04.03.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Umbruch bei den Grünen?

Kommentar von Siegfried Zagler

Obwohl es die FDP im Augsburger Stadtrat nicht gibt, scheinen sich die Augsburger Grünen bei dieser Partei angesteckt zu haben. Die Lust an der Selbstdestruktion, so scheint es auf den ersten Blick, hat beim Grünen Stadtverband eine Dimension erreicht, die das Schlimmste befürchten lässt. Nachdem sich jeder einzelne der sechs Fraktionsmitglieder in vielen Jahren (das gilt auch für die beiden Newcomer Verena von Mutius und Christian Moravcik) im Augsburger Stadtrat ein scharfes Profil erworben und sich die Grüne Fraktion ab 2008 einen nachhaltigen Ruf als hervorstechende Oppositionspartei erarbeitet hat, sieht es momentan so aus, als wären die Grünen nun ist erster Linie daran interessiert, sich (zumindest optional) von diesem „lästigen Image“ frei zu machen.

Anders kann man die Nominierungsvorschläge bezüglich der OB-Kandidaten der Findungskommission nicht verstehen. Sowohl Raphael Brandmiller als auch Nico Kanelakis waren langjährige SPD-Mitglieder. Beide sind noch nicht lange bei den Grünen. Wofür beide stehen, ist in den Wind geschrieben. Weder Kanelakis noch Brandmiller haben sich im politischen Augsburg ein Profil erarbeitet – trotz langjähriger Präsenz. Brandmiller hat als Vorsitzender des Stadtjugendringes stets das gemacht, was man von jemand in dieser Position erwartet. Daran, dass Kanelakis in der Regenbogenära für die SPD im Stadtrat saß, kann sich außerhalb der SPD kaum noch jemand erinnern. Kanelakis hat das Image eines Luftikusses. Brandmiller und Kanlekais unterscheiden sich dergestalt irritierend von Erben und somit generell von der Profilmatrix der Grünen Stadtratsfraktion, als wären sie von einem fremden Planeten gefallen und bei den Augsburger Grünen gelandet. Hier die harte Arbeit, dort die zwei netten Jungs von der Tankstelle.

Beide sind jung, sympathisch und können gut reden. Mehr lässt sich nicht feststellen. Beide haben, ohne sich intensiv in die Parteiarbeit eingebracht zu haben, gute Chancen auf einen vorderen Listenplatz. Raphael Brandmiller soll, wie es aus gut informierten Kreisen hieß, sogar bei der Wahl zum OB-Kandidaten bessere Chancen haben als Erben. Personalrochaden dieser Art kannte man bisher nur von der FDP. Wohin das führt, ist bekannt. Die Frage bleibt also, welche Hintergedanken mit diesen ungewöhnlichen Nominierungsvorschlägen verbunden sind. Möglicherweise stehen die Grünen vor einem Umbruch. Unter einigen Fraktionsmitgliedern ist ein großes Unbehagen festzustellen. Die Gründe dafür sind nicht erfahrbar. Noch ist die innerparteiliche Loyalität größer als die Lust an der Darstellung der eigenen Krise. Für eine hohe Wette, dass das nicht so bleibt, würde man von jeder Bank einen Kredit bekommen.