Treppe und Treppenlauf
Was man für das kommende Jahr wünschen darf. Teil I+II
Von Siegfried Zagler
In der “staaden Zeit” kann es ohne Schnee nicht wirklich still sein. Weihnachten ohne Schnee ist beinahe wie ein Turm ohne Treppe, weshalb eine gewisse Altaugsburg-Gesellschaft kurz vor Weihnachten wohl auf die Idee kam, im vergangenen Bauausschuss einen Bauantrag zu stellen, der die stillgelegte Außentreppe am Fünffingerlesturm wiederbeleben soll: Der äußere Treppenlauf, der auf den Gehweg ragte, und deshalb nicht genehmigt wurde, soll jetzt auf der anderen Seite angeflanscht werden. Die Betonrampe mit dem Eisengestänge, die mit ihren Proportionen die ehemalige Stadtmauer darstellen sollte, stellt jetzt also etwas anderes als die ehemalige Stadtmauer dar. Aber was?
Die Antwort wäre die Altaugsburg-Gesellschaft der Bürgerschaft noch schuldig, wenn sich diese noch dafür interessieren würde, was die Herrschaften der Altaugsburg-Gesellschaft so meinen. Die Altaugsburg-Gesellschaft ist schließlich im Dezember 2015 mit einer gesellschaftlichen Relevanz geschlagen, die kaum noch messbar ist, was man im Grunde bedauern sollte, weil die „Tombola-Macher“ einst in der Lage waren, „kühne städtebauliche Ideen“ wie zum Beispiel die Sanierung der Altstadt oder den Nachbau des Goldenen Saales mit Charity-Geld zu unterstützen. Das war in den Achtzigern. Damals befand sich die Stadt auf einem verhaltenen Annäherungskurs zu Brecht, die Grünen zogen nach und nach in die Parlamente ein und SPD-Oberbürgermeister Hans Breuer trug in Augsburg penibel gepflegte Haare und nicht selten eine „Männertasche“ am Handgelenk.
Die Treppe am Fünffingerlesturm ist so überflüssig und so hässlich wie ein Pfeifentäschchen, weshalb die Stadt die Zermürbungsschlacht um die Treppe endlich beenden sollte, indem sie den Mietvertrag mit der Altaugsburg-Gesellschaft kündigt. Der erste bescheidene „Machbarkeitswunsch“ für das neue Jahr ist somit formuliert. Und da das Wünschen auch an Weihnachten im Allgemeinen nur funktioniert, wenn man neben dem Christkind auch der dafür zuständigen Behörde einen Zettel schreibt, soll das an dieser Stelle geschehen: “Damit das absurde Projekt am geheimnisvollen Wehrturm sein Ende findet, muss der Fünffingerlesturm vom Zugriff der Altaugsburg-Gesellschaft, wenn irgendwie möglich, verschont bleiben.”Die Bürgerinitiative, die damals so viel Aufhebens um diese Treppe machte, ist jedenfalls noch quietschlebendig, worin sie sich zum Beispiel von der sogenannten „Unterzeichnergruppe“ unterscheidet, die im späten Frühling dieses Jahres mit einem Offenen Brief an OB Kurt Gribl für reichlich Aufruhr sorgte. Diese leicht chaotische aber nicht ganz ungefährliche Gruppe, die damals einen Planungsstopp in Sachen Theatersanierung forderte, gibt es nicht mehr.
Trotzdem „riecht es nach einem Bürgerbegehren“, wie die Süddeutsche Zeitung einem gewissen Kurt Idrizovic entlocken konnte. “Kurt gegen Kurt” titelte Stefan Mayr am vergangenen Samstag in der Süddeutschen im Bayernteil, dessen Relevanz in Augsburg in etwa an die der Altaugsburg-Gesellschaft heranreicht, weshalb die DAZ gerne an dieser Stelle diesen Artikel verlinkt, ohne dabei auf den zweiten Wunsch für das neue Jahr zu verzichten: “Die Stadt soll aufhören, die Generalsanierung des Theaters voranzutreiben, solange es dafür kein zeitgemäßes Konzept, dafür aber eine atavistische Sanierungsabsicht für ein aus der Zeit gefallenes Großes Haus gibt.”
Nicht nur ihren Lesern wünscht die DAZ ein besinnliches und frohes Weihnachtsfest – mit dem üblichen Hinweis, dass es in der “staaden Zeit” auch bei der DAZ ein wenig ruhiger zugeht.