Theatersanierung: TÜV hält Schließung des Großen Hauses für „zwingend“
In einer Vorab-Stellungnahme hält der TÜV Süd die Entscheidung der Stadt Augsburg, das Große Haus am Kennedy-Platz ab 20. Juni 2016 zu schließen, für „zwingend“.
“Vor dem Hintergrund der gutachterlichen Ausführungen von Dipl-Ing. Wolfgang Rösener im Zusammenhang mit Aktivitäten der Theater-Sanierungsgegner, hat Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl den TÜV als Prüfinstanz eingeschaltet”, wie es in einer städtischen Pressemitteilung heißt.
„Es ist alles andere als eine Lappalie, wenn die Stadt Augsburg, deren Mitarbeiter mit der obersten Priorität der Sicherheit der Menschen befasst sind, der „Schlamperei“ bezichtigt wird. Wir haben uns daher für eine externe, neutrale und fundierte gutachterliche Expertise durch den TÜV entschieden“, so begründet OB Gribl diesen Schritt. Zusammen mit Kulturreferent Thomas Weitzel stellte er heute die im Rahmen einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz die Ergebnisse einer Vorab-Stellungnahme des TÜV Süd vor.
Die Prüfinstanz mit Sitz in München, die gestern eine drei stündige Vor-Ort Begutachtung im Theater vorgenommen und dazu nochmals die Decke im Garderobenbereich geöffnet hat, kommt zu folgenden Erkenntnissen:
1. Ein Verschluss der „Löcher in der abgehängten Decke“ (gemeint sind die Ochsenaugen-Leuchten) in F 30-Qualität wäre nicht ausreichend, da wie oben ausgeführt eine feuerbeständige Abtrennung (F 90) erforderlich wäre. Im Gutachten wird verkannt, dass die Aussage, dass „die Decke nahezu F 30 Qualität“ habe nur eine Bewertung im Sinne der Gefahrenabwehr ist und nicht den bauordnungskonformen Ist-Zustand beschreibt.
2. Rauchmelder im Zwischendeckenbereich würden tatsächlich zu einer frühzeitigen Erkennung eines Brandereignisses im Zwischendeckenbereich führen; wie oben ausgeführt ist jedoch wegen der großen Anzahl der Lüftungsöffnungen in der Rohdecke mit einem unmittelbaren Raucheintrag in den Zuschauerraum und somit mit einer Personengefährdung zu rechnen.
3. Der Einbau von Rauchgasventilatoren für den Zwischendeckenbereich würde neben einem erheblichen baulichen und technischen Aufwand bedeuten, dass die Lüftungsleitungen im gesamten Abluftweg als feuerbeständige Entrauchungsleitungen ausgeführt werden müssten und die Lüftungsgeräte entsprechend getauscht bzw. angepasst werden müssten. Diese Maßnahme könnte wegen des Umfanges ggf. im Rahmen der anstehenden Generalsanierung weiterverfolgt werden; im Zuge einer Sofort-Maßnahme wird die Möglichkeit einer Realisierung dieser Maßnahme als nahezu ausgeschlossen bewertet. Dieses Problem ist nachvollziehbar, da Herr Dipl.-Ing. Rösener gemäß seines Gutachtens nicht die Situation vor Ort beurteilt hat. – Als Schlussfolgerung hält der TÜV SÜD fest: „Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind zusammenfassend aus Sicht von TÜV SÜD nicht dazu geeignet, die festgestellte erhebliche Gefahr zu reduzieren.“
Abschließend heißt es in dem TÜV-Papier, dass die Begründung der Bauaufsichtsbehörde in der Nutzungsuntersagung auf der Grundlage der Ortsbegehung aus Sicht von TÜV SÜD durchaus nachvollziehbar und als sachgerecht zu bewerten ist. Angesichts fehlender Alternativen beurteilt TÜV SÜD die Entscheidung, eine Nutzungsuntersagung auszusprechen, als zwingend.“
Oberbürgermeister Kurt Gribl auf der städtischen Pressekonferenz, dass damit die von der Stadt ausgesprochene Schließung des Großen Hauses in ihrer Richtigkeit bestätigt ist: „Die Schließung war zum Schutz von Menschenleben notwendig und geboten. Es ist damit erwiesen, dass die Infragestellung der Glaubwürdigkeit der behördlichen Arbeit von Mitarbeitern sowohl der Stadt als auch des Theaters unberechtigt war.“
In einer persönlichen Stellungnahme hob OB Gribl hervor, dass die Ausführungen in der Rösener-Stellungnahme vom 16.08.16 “weder methodisch fachgerecht sind noch generell oder konkret dazu geeignet sind, die eingangs beschriebene Respektlosigkeit gegenüber der soliden behördlichen Arbeit zu rechtfertigen.” – Die im Auftrag der Initiatoren des Bürgerbegehrens stattgefundene Vorgehensweise erschüttere die Grundlage für ein sachliches und demokratisches Ringen um gute Entscheidungen zur Theatersanierung zutiefst, so Gribl, der in seiner persönlichen Erklärung nicht nur die Vorgehensweise der Bürgerinitiative, sondern auch deren “Stillosigkeit” kritisierte. “Es wurde wegen der brandschutzfachlichen Beurteilung keine Anfrage der Initiatoren an die Stadt Augsburg gerichtet – stattdessen wurden Unterlagen durch einen beauftragten Rechtsanwalt angefordert, die seitens der Stadt Augsburg unverzüglich zur Verfügung gestellt wurden. Die Beauftragung von Herrn Rösener und dessen Beurteilung erfolgte jeweils ohne irgendeine Rücksprache oder Informationseinholung bei der Stadt Augsburg. Die am 04.08.16 angefertigte Stellungnahme wurde mit dem erklärten Ziel einer weiteren Verschiebung von Entscheidungen städtischer Gremien erst am 16.08.16 veröffentlicht. Sie fand just zwei Tage vor dem anberaumten Ferienausschuss der Stadt Augsburg statt, in dem Entscheidungen über die Anmietung von Interimsspielstätten für die Fortsetzung des Spielbetriebs des Theaters anberaumt waren.”
Die gesamte OB-Erklärung sowie die Vorabstellungname sind für DAZ-Leser exklusiv als pdf beigefügt.
Foto: Thomas Weitzel, Kurt Gribl, Frank Habermaier und Andreas Schuierer (v.l.)
» Vorabstellungnahme TÜV Süd (pdf, 1,1 MB)
» Erklärung OB Dr. Kurt Gribl zur Stellungnahme Rösener (pdf, 31 kB)