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Donnerstag, 18.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Theater: es wird immer schlimmer

Magazinhaus baufällig, Brandschutz unzureichend – und dann auch noch der Klimawandel

Von Frank Heindl

Wenn’s ums Theater geht, ist man im Kultur- und Werkausschuss schlechte Nachrichten gewohnt – trotzdem ist es immer wieder überraschend, wie in schöner Regelmäßigkeit vom einen auf den nächsten Termin jeweils alles immer noch ein bisschen schlimmer wird. Die Mitglieder des Gremiums mussten sich am Montag einmal mehr als Feuerwehr betätigen – diesmal sogar im eher wörtlichen Sinn.



Den Reigen der schlechten Nachrichten hatte der kaufmännische Direktor Steffen Rohr mit der Bekanntgabe der Auslastungszahlen für die ablaufende Spielzeit begonnen. Die sind zwar größtenteils hervorragend – doch das schlechte Juliwetter sorgt zum Abschluss der Saison für Negativzahlen. Am vergangenen Wochenende, so Rohr, habe man auf der Freilichtbühne sogar bei Temperaturen knapp über zehn Grad gespielt – trotzdem habe man bereits fünf Vorstellungen absagen und entsprechende Verluste verbuchen müssen. Schauspieldirektor Trabusch brachte in diesem Zusammenhang sogar den Klimawandel ins Spiel: Schon seit 2007 habe es „keinen vernünftigen Juli mehr“ gegeben – halte der Trend an, müsse man aufs Neue eine Überdachung der Freilichtbühne diskutieren (Schätzkosten laut Gutachten pfp-Architekten, Hamburg: 2,76 Mio. Euro). Ein Abschluss also, der das gute Gesamtergebnis zu vermiesen droht. In allen Sparten hat das Stadttheater nämlich Auslastungen von deutlich über 70 Prozent zu vermelden, Rekordhalter ist Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ mit sagenhaften 92 Prozent. Die Daten der Freilichtbühne werden in wenigen Tagen nachgetragen, wenn die Saison endgültig zu Ende ist – Verdis „Troubadour“ steht bis zum kommenden Samstag noch dreimal auf dem Programm, die Wetteraussichten sind durchwachsen.

Gute Auslastung, schlechter Brandschutz

Doch Positivmeldungen wie die Auslastungszahlen der Gesamtspielzeit gehen meist gnadenlos in negativen Schlagzeilen unter – so auch am Montagnachmittag im Kulturausschuss. Detailreich klärte im Anschluss Norbert Reinfuss vom Hochbauamt über ein Brandschutzgutachten zum Theater auf, das seit kurzem vorliegt. Ein Maßnahmenkatalog wird erst noch erarbeitet – zunächst listet die 2009 in Auftrag gegebene Expertise eine lange Liste von Problemen auf. Die gute Nachricht zuerst: Das Stadttheater muss derzeit (noch) nicht geschlossen werden, noch tritt Augsburg nicht in die Fußstapfen von Rostock, wo im Mai das städtische Theater für den Rest der Spielzeit gesperrt wurde – wegen gravierender Mängel beim Brandschutz.

Doch auch in Augsburg sieht es kritisch aus: Die Löschwasserleitungen im Großen Haus etwa haben zu wenig Druck und liefern zu geringe Einspeisung; für Bühnen- und Zuschauerbereich gibt es keine Brandmeldeanlagen; Brandschutztüren stammen aus der Nachkriegszeit, ihre Qualität ist zweifelhaft, da nicht dokumentiert; die Fluchtwege im Bühnenbereich sind bis zu 73 Meter lang, erlaubt sind nur 30 Meter. Wegsehen gelte ab sofort nicht mehr, so Norbert Reinfuss, stattdessen sei es an der Zeit für die „Entwicklung eines Gesamtsanierungskonzeptes.“ Wobei Gesamtkonzept in diesem Fall bedeutet, dass nicht nur das Große Haus, sondern auch die Nebengebäude in die Planung mit einbezogen werden müssen. Auch in den Werkstätten liegt der Brandschutz im Argen, Zufahrtswege und vieles mehr müssen neu geplant werden.

Dach marode, Lastenkran stillgelegt

Doch damit nicht genug – schon der nächste Tagesordnungspunkt zeigte ein weiteres gravierendes Problem auf: Im Magazinhaus, wo unter anderem Kulissen und Dekorationen aufbewahrt werden, ist das Dach so marode, dass es nur noch einer Schneelast von gerade mal sieben Zentimetern Dicke standhalten würde. Wegen dieser „akuten Gefährdung“ muss das Gebäude sofort saniert werden, andernfalls droht die Schließung. Wegen der „gravierenden baulichen Mängel“ muss außerdem ein Lastenkran ersetzt werden, mit dessen Hilfe die gelagerten Gegenstände bewegt werden – zukünftig auch die Kulissen für die Bühne im neuen Container, der bis zu den Theatertagen im Mai 2012 fertig sein soll. Das Magazinhaus sei unverzichtbarer Teil des Konzeptes für die Ersatzspielstätte, betont Schauspieldirektor Markus Trabusch. Kosten der Sanierung: 660.000 Euro. Klar, dass diese Maßnahme sofort angegangen wird. Allerdings: In Peter Grabs Kulturetat bleibt danach kein Geld mehr für Brandschutzmaßnahmen. Weiterer Wermutstropfen: Für die 660.000 Euro erhält das Theater lediglich einen „Notbehelf“ (Steffen Rohr), der noch keinerlei Verbesserung beinhalte und außerdem „allenfalls“ zehn Jahre lang halte. Ab dann muss man erneut mit Betonabplatzungen und ähnlichem rechnen.

Woran sich einmal mehr zeigte, dass mittlerweile die Flickschusterei am Theater all jene Mittel wegfrisst, die man viel lieber in eine Generalsanierung des Großen Hauses stecken würde. Im Masterplan für die Theatersanierung steht das Magazinhaus auf der Liste jener Gebäude, die ohnehin abgerissen gehören – doch dafür ist kein Geld da. Stattdessen wird nun ein durch und durch baufälliges Gebäude nochmals saniert. Ein Grund für Stadträtin Rose-Marie Kranzfelder-Poth (Freie Wähler), die Fundamentalopposition anzukündigen: Einmal mehr würden die eigentlich notwendigen Maßnahmen aufgeschoben – sie gehe „ab sofort diesen Weg nicht mehr mit!“ Die übrigen Ausschussmitglieder beschlossen trotzdem die Sanierung des Magazinhauses und forderten vom Bauamt einen dringlichen Bericht, um (mit welchem Geld auch immer) den Brandschutz in Angriff nehmen zu können. Der Kulturausschuss als Feuerwehr beim Stadttheater – sinnfälliger hätte man die Sitzung kaum inszenieren können.