Tatort Augsburg in der AZ-Druckerei: Die Community fiebert mit
Schon zum 8. Mal hatten die Zuschauer in Augsburg Gelegenheit, den „Tatort“ statt im Fernsehen live in der heimischen Umgebung zu erleben. Regisseur David Ortmann hat dieses parodistische Format ins Leben gerufen und – siehe da, es wurde ein voller Erfolg. Eigentlich hatte der Tatort Nr. 8 schon in der letzten Spielzeit Premiere, aber die Vorstellungen im Juli waren ruckzuck ausverkauft und nun gab es nach der Sommerpause eine Wiederaufnahme.
Von Halrun Reinholz
Zwischen den Papierrollen in der Druckerei der AZ werden die „Verbrecher“ im Augsburger Tatort gestellt. Foto: Jan-Pieter Fuhr
Der Titel „Community“ ist daher auch ein bisschen Programm, denn die Tatort-Fans in Augsburg sind mittlerweile tatsächlich so etwas wie eine eingeschworene Gemeinschaft. Damit spielt diese aktuelle Folge auch ganz bewusst: Die drei „Verbrecher“ arbeiten bei der Zeitung – der AZ, um augsburgerisch genau zu sein – und haben sich ein interaktives Kriminalspiel ausgedacht, das die „Community“ der Eingeweihten dazu bringen soll, die Auflage des Printmediums hoch zu halten. Dass der Schauplatz in diesem Fall die Druckerei der AZ ist, wo die Täter Alina (Sarah Maria Grüning), Shirin (Mirjam Birkl) und Luka (Mehdi Salim) nach einer spektakulären Flucht ihrer „Community“ live gegenüberstehen, bietet sich an. Geschickt eingespielte Video-Sequenzen lassen den Hauptermittler Tim (Julius Kuhn) zu Wort kommen, der, wie es der Zufall will, der Ehemann („Hasi“) von Shirin ist – aber vielleicht doch nicht ganz mit offenen Karten spielt. Immer mehr Hintergründe und Geheimnisse kommen zutage, bis zuletzt der immer für seriös gehaltene Feuilletonchef Edgar (Martin Müller) auftaucht und alles aufmischt …
Für das Fan-Publikum ist der Augsburger „Tatort“ ein „etwas anderes Theater“, im Grunde ein großer Klamauk. Es wird mit einbezogen, ohne wirklich aktiv werden zu müssen – und es ist vor Ort mitten im Geschehen. Nach der Einführung im Foyer der AZ-Redaktion zieht die von „Gelbwesten“ flankierte Gruppe in die Druckerei, wo man im Vorbeigehen schon mal einen Blick auf die AZ des kommenden Tages werfen kann und wo schließlich auch das fulminante Finale (Hinweis: „Bitte beachten Sie, dass bei dieser Inszenierung Schusswaffen zum Einsatz kommen“) die Spannung löst. Doch im Vordergrund steht die Unterhaltung – flapsige Dialoge, lokale Anspielungen und sehr viel „Menschelndes“ rufen immer wieder die Heiterkeit des Publikums hervor. Dass konsequent und durchgehend „gegendert“ wird („Ihr seid keine unschuldigen Zeug:innen. Ihr seid auch nie einfach nur Zuschauer:innen gewesen.“) könnte man in diesem Kontext auch für Satire halten, aber es steht leider zu befürchten, dass das Theater das alberne Gestotter ernst meint. Im „Tatort“ kann man darüber genauso lachen, wie über die manieriert konstruierte Handlung.
In den acht Folgen hat der „Tatort“ des Augsburger Theaters Kontur bekommen. War die erste Folge noch etwas umständlich durch eine Busfahrt erschwert, traten danach immer mehr die satirischen Momente in den Vordergrund: Eitelkeiten der Polizeikollegen, Einfältigkeit der „Verbrecher“ und klischeehafte Rollenspiele. Eine Spielwiese für Schauspieler, vor allem die Publikumslieblinge des Ensembles (wie Klaus Müller) können sich in diesem Format hautnah präsentieren. Doch nicht nur die Handlung, sondern auch die Schauplätze reizen beim „Tatort“ die Neugier des Publikums – man war mal im Gefängnis, mal im zum Abriss bereiten Verwaltungsgebäude des Theaters, an der Uni, im Innovationszentrum oder auch mal im Casino im Sheridan-Park. Etwas für Freaks ist dieses Format zweifellos. Es soll allerdings auch Leute geben, die den Augsburger „Tatort“ naserümpfend meiden. Das ist gut so, denn die Plätze sind knapp und die nächsten Vorstellungen sind auch schon wieder ausverkauft.