Kommentar
„Tag der Hochzeit“: Ein klarer Fall für das Rechnungsprüfungsamt!
Darf die Stadt Hochzeitsgeschenke verlosen? Nein!
Kommentar von Siegfried Zagler
Wenn man die Zahl der Scheidungen durch die Zahl der geschlossenen Ehen dividiert, dann erhält man die sogenannte Scheidungsquote. 37,67 Prozent beträgt die Scheidungsquote im Jahr 2017 in Deutschland. Auf 10 Eheschließungen folgen zirka 4 Scheidungen. Eine seit Jahren abnehmende Zahl übrigens, was nichts daran ändert, dass der institutionalisierte Schwur auf eine lebenslange Bindung sehr oft an der Lebenswirklichkeit vorbeizielt, was auch Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl weiß, der bekannterweise eine Scheidung hinter sich gebracht hat.
Möglicherweise aber bildet gerade diese Erfahrung eine verstärkte Treuekompetenz heraus, die sich Paare zutrauen und widergespiegelt sehen wollen, wenn sie sich vor ihren Familien und Gott (also der ganzen Welt) im Rahmen eines festlichen Aktes das „Ja-Wort“ geben.
Dass dieser formale Festakt der Treue von politischen Akteuren und Repräsentanten der Stadt Augsburg vollzogen wird, ist ein Prozedere, das als Geschenk der Stadt an ihre Bürger zu betrachten ist. Ein Geschenk, das nach Verlosung verteilt wird. Verlosung? Geschenk? Geht das überhaupt? Die Antwort ist einfach: Nein!
Die Stadt ist zur Gebührenerhebung verpflichtet und darf sich nicht nach Gusto über die städtische Gebührenordnung hinwegsetzen. Nach der Rechtsauffassung eines von der DAZ befragten Experten sind Nutzungsentgelder Verwaltungsgebühren, die verpflichtend sind, weshalb die Stadt, falls sie ihre 16 „Werbe-Hochzeiten“ am gestrigen Freitag tatsächlich gebührenfrei vollzogen haben sollte, rechtswidrig gehandelt hat. Ein klarer Fall für das Rechnungsprüfungsamt!