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Dienstag, 14.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Stadttheater: zwei Schritte voran und zwei zurück

Container-Finanzierung macht neue Probleme

Von Frank Heindl

„Haben Sie ein bisschen Ahnung vom Haushaltsrecht?“, fragt Finanzreferent Hermann Weber. „Nein? – Dann wird’s schwierig!“ Anlass für diesen Wortwechsel: Die neuen Hürden, die sich bei der Container-Finanzierung auftun und im Werkausschuss für das Theater am vergangenen Montag offenkundig wurden, beruhen auf verwaltungstechnischen Feinheiten und sind schwer zu erklären. Im Stadttheater ist man allerdings alles andere als glücklich über die neue Wende im Poker um die Finanzierung der im Volksmund „Container“ genannten Interimsspielstätte, die spätestens ab Januar die endgültig geschlossene Komödie ersetzen soll.



Zunächst hatte man sich im Kulturausschuss noch um den baulichen Zustand des Großen Hauses gestritten. Die Rahmenbedingungen, hatte der kaufmännische Direktor Steffen Rohr geklagt, verschlechterten sich fortwährend: „Wenn wir mit einer Hiobsbotschaft pro Tag auskommen, sind wir schon glücklich.“ Weil nichts an den Grundproblemen getan werde, komme man aus dem notdürftigen Flicken nicht heraus, die Substanz sei mehr und mehr in Gefahr. Man gerate auf eine abschüssige Piste, ein Abrutschen beginne, „das wir irgendwann nicht mehr aufhalten können.“ Neue Probleme und finanzielle Unkalkulierbarkeiten ergeben sich, weil in Augsburg das Theater Aufgaben übertragen bekommen hat, die in vergleichbaren Städten in den Bereich des Hochbauamtes fallen. Das Stadttheater wird mit Begehungs- und Gutachterkosten belastet, die es nicht aufbringen kann – dabei gehört der Bauerhalt sicher nicht zu den originären Aufgaben – und Kompetenzen – der Theatermacher.

Der Rathausopposition bot das naturgemäß viel Stoff für Kritik an Peter Grab. Was denn nun der Kulturreferent gegen diese „Umdrehung der Pflichten und Zuständigkeiten“ zu tun gedenke, fragte Karl-Heinz Schneider (SPD) an und bot ihm „Rückendeckung“ an bei dem Bestreben, die richtigen Zuständigkeiten „anzumahnen und durchzusetzen“. Allein – Grab mag den Sinn solcher strukturellen Debatten nicht einsehen: Es sei eben kein Geld da, konstatiert er aufgebracht, niemand habe etwas davon, wenn das Baureferat statt dem Stadttheater eine Gutachten nicht bezahlen könne: „Es wäre gut, auch der Öffentlichkeit deutlich zu machen, dass wir am Ende sind mit den Finanzen.“ Rolf Harzmann (Pro Augsburg) stellte sich anschließend hinter das Bestreben nach gemeinsamen Anstrengungen – „Wenn wir jetzt nichts tun, sind wir alle schuld!“, Rainer Schönberg (Freie Wähler) kündigte gar einen Antrag an, um das Baureferat zur Erledigung seiner Hausaufgaben zu zwingen: „Die Hochbauverwaltung drückt sich nachhaltig!“

Stadt muss dem Theater seinen Sonderetat für Renovierungen wieder streichen

Doch Tagesordnungspunkt 3 der Sitzung des Werkausschusses stellte dann alle vorherigen Diskussionen in den Schatten. Dass der Stadtrat dem Theater fürs nächste Jahr einen Etat zugebilligt hat, mit dem es in die Lage versetzt werden soll, gewisse Sanierungsvorhaben selbst zu finanzieren, kann nämlich so nicht aufrecht erhalten werden. Grund: der Container. Und nun wird’s schwierig: Das Haushaltsrecht, so erklärt es Finanzreferent Weber, schreibt vor, dass der Wirtschaftsplan des Stadttheaters mit dem Haushalt der Stadt „kompatibel“ sei. Beide stimmen aber wegen des städtischen Zuschusses zum Bauunterhalt im Moment nicht mehr überein. Folge: Die Stadt muss dem Theater seinen Sonderetat für Renovierungen wieder streichen, nur dann ist es haushaltsrechtlich möglich, im Nachtragshaushalt Zuschüsse für die Interimsspielstätte überhaupt erst zu beantragen.

Vergabeverfahren läuft: Container auf dem Parkplatz beim Theater


Dieser Rückschlag kommt in einem Moment, wo das Vergabeverfahren für den Container bereits weit fortgeschritten ist. 32 Bewerber hatten sich gemeldet, die den Behelfsbau errichten wollen, acht sind mittlerweile ausgewählt und erhalten in diesen Tagen die genauen Pläne und Anforderungsspezifika. Doch nur, wenn die Regierung von Schwaben den städtischen Haushalt absegnet, ist die Finanzierung möglich. 4,2 Mio. braucht das Theater, 10 Prozent Eigenanteil muss die Stadt leisten, um Zuschüsse zu bekommen. „Den Eigenanteil können wir schultern“, sagt Weber, der Rest stehe in den Sternen: „Der Container wird genehmigt, wenn man der Regierung von Schwaben Finanzierungswege aufzeigt. Wenn man die nicht hat, wird’s schwierig.“

„25 mal im Kreis herum“

Im Theater schwankt man derweil zwischen Wut und Ärger, Resignation und neuer Hoffnung. Steffen Rohr hatte am Montag nach der Sitzung des Kulturausschusses sein Handy abgeschaltet, weil er nichts mehr hören wollte zu diesem Thema. Auch Tags darauf saß der Schock noch tief: „Das geht hier 25 mal im Kreis herum“, klagt Rohr, „und dann ist man keinen Schritt weiter.“ In Wahrheit, muss man wohl sagen, ist das Theater nun um genau die Schritte zurückgefallen, die es endlich vorangekommen schien: Es hatte einen Etat für den Bauunterhalt und die Container-Finanzierung schien gesichert. Rohrs Befürchtung: Es könnte zuerst die Container-Finanzierung scheitern und dann das Theater seinen 1,2-Millionen-Zuschuss für den Bauunterhalt nicht wieder bekommen – nach zwei langwierigen Vorwärtsschritten jetzt zweimal heftig rückwärts. Dann, so Rohr fast verzweifelt, „haben wir keinen Bauunterhalt, keine Renovierung, nichts!“ Aber was nicht sein darf, kann nicht sein, ein Scheitern aller Pläne scheint irgendwie nicht denkbar. Die Stadt habe eine Spielstätte – die Komödie – geschlossen, also müsse sie für eine neue sorgen, anders gehe es ja gar nicht. Und daher das bisschen Hoffnung, das auch im Theater weiter keimt: „Manchmal ist man völlig am Boden hier – aber wir bleiben nach wie vor optimistisch.“