Stadtrat: Keine Mehrheit für den Popkulturbeauftragten
Nicht die beiderseits geheuchelte „gute Zusammenarbeit“ zwischen Theaterintendantin Juliane Votteler und Brechtfestivalleiter Joachim Lang war in den vergangenen Tagen das herausragende kulturpolitische Thema, sondern ein Bericht einer Evaluierungskommission.
Evaluierungsgremium: Thomas Weitzel, Eva Weber, Stefan Sieber (stehend v.l.n.r.) Horst Thieme, Peter Grab, Michael Bernicker, Uli Müllegger, Frank Mardaus, Markus Becker (sitzend v.l.n.r.)
Gemeint ist das Ergebnis einer Kommission, die sich in sieben Sitzungen damit zu beschäftigen hatte, ob und unter welchen Voraussetzungen man in Augsburg Jugend- und Popkultur sowie Kultur- und Kreativwirtschaft fördern solle. In Auftrag gegeben wurde diese Evaluation in der Novembersitzung des Stadtrates, der „in letzter Sekunde“ vor der Wiederbesetzung der Goerlich-Stelle eine Evaluierung forderte: „Die Wiederbesetzung erfolgt erst, wenn das Evaluierungsgremium Empfehlungen für die zukünftige Struktur- und Aufgabenbeschreibung erarbeitet hat“, wie es in dem umstrittenen Antrag der Grünen hieß.
Muss neu ausgeschrieben werden?
Das Ergebnis der Kommission ist eindeutig: „Eine sinnige und effektive Förderung beider Bereiche ist in Augsburg aufgrund der genannten Anforderungsprofile unseres Erachtens nur mit mindestens zwei städtischen Vollzeitstellen zu erreichen.“ Wenn man diesen Satz genau nimmt, müsste die Stelle für den Popkulturbeauftragten neu ausgeschrieben werden. Zur Erinnerung: Im November 2012 erklärte Peter Grab dem Stadtrat, dass die Ausschreibung bereits abgeschlossen und aus 48 Bewerbern ein Kandidat ausgewählt worden sei. In der Ausschreibung war die Rede davon, dass die Stelle 60:40 den Ressorts Förderung Jugend- und Popkultur sowie der Kreativwirtschaftsförderung gewidmet sei. Davon hält das Evaluierungsgremium nichts. Zu verschieden sind die beiden Tätigkeitsfelder, sodass es nicht zielführend wäre, sie von einer Person bearbeiten zu lassen. So zumindest interpretiert Kommissionsmitglied Dr. Frank Mardaus das Papier. „Um ein erfolgreiches und nachhaltiges Arbeiten der Stelleninhaber mit einer positiven Innen- und Außenwirkung zu ermöglichen, sollten die Stellen fest in der Stadtverwaltung verankert und von breiter politischer Ebene überparteilich getragen werden“, wie es im Bericht abschließend heißt.
Grab: „Es macht zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn zu spekulieren“
Augsburgs Kulturreferent Peter Grab sieht den bereits ausgewählten Kandidaten nach wie vor als geeignet an, auch wenn die Stelle neu ausgeschrieben werden müsste, wie Grab einräumt: „Ich muss vorerst damit rechnen, dass die Stelle gegebenenfalls neu auszuschreiben ist. Es macht zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn zu spekulieren – ich muss und will abwarten, wie die politischen Gremien auf das Ergebnis der Evaluation reagieren. Normalerweise wäre die Wiederbesetzung aufgrund der niedrigen Gehaltsstufe eine Verwaltungsangelegenheit gewesen. Eine Stadtrat-Notwendigkeit wäre also zwar nicht zwingend gegeben gewesen, aber der Stadtrat kann die Angelegenheit zur Stadtrat-Sache machen“, so Peter Grab auf Anfrage zur DAZ, die anschließend die politischen Gremien telefonisch nach deren Reaktion befragte, also die Meinungen der Fraktionen und Stadträte einholte, die seinerzeit dem Grünen-Antrag (30:27) zustimmten.
Opposition interessiert das Ergebnis nur bedingt
Die SPD, die Grünen, die Freien Wähler, die Linkspartei und die fraktionslosen Stadträte Tobias Schley und Karl Heinz Englet interessiert die Idealität der Evaluierungskommission nur bedingt. Die Befragten führten verschiedene (durchaus plausible) Gründe an, weshalb sie sich weiterhin gegen eine Wiederbesetzung der Stelle des Popkulturbeauftragten positionieren werden. Für die Grünen gilt das mit Einschränkung. Sie wollen abwarten, was die Verwaltung vorschlägt, sehen aber – wie alle Befragten – den Zeitpunkt der möglichen Wiederbesetzung als kritisch. In einer Übergangsphase setzt man einer eventuell neuen Stadtregierung keine dergestalt politisch eingefärbte Stelle in den Garten. Außerdem sei damit zu rechnen, dass der neue junge Mann in der heißen Phase des Wahlkampfes instrumentalisiert und beschädigt werde. Es ist durchaus denkbar, dass auch die CSU dieser Argumentation folgt. Unabhängig davon gilt, dass es keinen überparteilichen politischen Konsens über die Notwendigkeit der von der Kommission vorgeschlagenen Stellen in der Verwaltung gibt. Man kann es auch weniger vorsichtig darstellen: Im aktuellen Stadtrat gibt es, wie die Recherche der DAZ ergab, für einen Popkulturbeauftragten keine Mehrheit mehr.