Stadtrat 2014: Kontrolle für die “ÜGroKo”
Sechs Einzelkämpfer wollen als Oppositionsfraktion antreten
Von Bruno Stubenrauch
Die Freien Wähler, die Linke, die ÖDP und die Polit-WG wollen zusammen eine sechsköpfige Fraktion im neuen Stadtrat bilden. Dies gaben die vier Gruppierungen gestern gegenüber den Medien bekannt.
Haben sich gemeinsam viel vorgenommen (v.l.): Christian Pettinger (ÖDP), Oliver Nowak (Polit-WG), Volker Schafitel und Regina Stuber-Schneider (Freie Wähler), Otto Hutter und Alexander Süßmair (Die Linke)
Otto Hutter (Die Linke) sieht für die Bildung einer schlagkräftigen Oppositionsfraktion einen klaren Wählerauftrag: “Wir haben es im neuen Stadtrat mit einer ÜGroKo, einer übergroßen Koalition aus CSU, SPD und Grünen zu tun. Die braucht, wie es in nicht-totalitären Staaten üblich ist, eine Kontrollinstanz, die ihr auf die Finger schaut und für Transparenz sorgt”. Ähnlich argumentierte Oliver Nowak (Polit-WG), der es als “Demokratiedefizit” empfinden würde, wenn man die 44-köpfige Koalition “einfach durchregieren lassen würde”.
“Es geht nicht ums Geld”
Um den Wählerauftrag zu erfüllen, brauche man allerdings die richtigen Arbeitsbedingungen. Die seien in einer Fraktion mit eigenen Räumen, Geschäftsführung und der Präsenz in den vorberatenden Ausschüssen besser gegeben. Den Vorwurf, die Fraktionsbildung würde aus rein finanziellen Gründen erfolgen, ließ Otto Hutter nicht gelten: “Wenn es uns ums Geld gegangen wäre, hätten wir zwei Dreierfraktionen bilden müssen, mit dann zwei höher dotierten Fraktionsvorsitzenden statt einem und zweimal zwei Stellvertretern.”
Entstanden sei der Wunsch der Oppositionspolitiker zu einer fraktionellen Zusammenarbeit in mehreren nach der Kommunalwahl geführten Gesprächen: “Der Prozess des Miteinandersprechens war eine Erfahrung, die beispielgebend für den ganzen Stadtrat sein könnte”, so Hutter. Auch für Volker Schafitel, Frontmann der Freien Wähler, waren die Gesprächsrunden, in denen man die Zusammenarbeit durchaus auch immer wieder hinterfragt habe, eine positive Erfahrung: “Es war nicht anstrengend, sondern eine spannende Geschichte.”
112 gemeinsame Ziele
Ergebnis der Gespräche ist ein fünfseitiges Papier mit insgesamt 14 Themenfeldern und 112 zusammengetragenen Einzelpunkten, das seit Wochenbeginn auch dem Oberbürgermeister vorliegt, zusammen mit der Bekanntgabe der Fraktionsbildung mit dem Namen „Fraktion Freie Wähler/DIE LINKE/ÖDP/Polit WG im Augsburger Stadtrat“. Das Papier enthält unter anderem prägnante Aussagen zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums, für eine eigene und emanzipatorische Wirtschafts- und Strukturpolitik für Augsburg und Schwaben, zur Armutsbekämpfung, Asylpolitik, Stärkung der Innenstadt, zur Korruptionsbekämpfung und Einführung einer Informationsfreiheitssatzung.
Ob das bloße Zusammentragen von politischen Zielen ausreicht und die Fraktion wie geplant antreten darf, hängt allerdings noch von der Prüfung durch die Verwaltung und der Zustimmung des Stadtrats ab. Gemäß “Geschäftsordnung der städtischen Kollegien” können sich nämlich nur “politisch gleichgesinnte Mitglieder des Stadtrates” zu Fraktionen zusammenschließen.
Angesichts des “sehr großen Maßes an Übereinstimmung in kommunalpolitischen Fragen” und der “vorhandenen Vertrauensbasis” sieht man bei den Fraktionären in spe die rechtlichen Voraussetzungen zur Fraktionsbildung allerdings als klar gegeben an. An eine Oppositionsgruppierung dürfe man auch keine strengeren Maßstäbe anlegen als an die Regierungskoalition aus CSU, SPD und Grünen: “Die machen jetzt auf Gemeinsamkeit, wo sie sich vor Jahresfrist noch bis auf’s Messer bekämpft haben”, so Christian Pettinger, der am Freitag als Vertreter der ÖDP in den Stadtrat einziehen wird.