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Freitag, 19.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

SPD: Stadtrat ins Internet

Liveübertragung soll Jugendliche für Politik erwärmen

Um das „Twittern“ aus öffentlichen Stadtratssitzungen gab es im vergangenen Jahr Auseinandersetzungen im Stadtrat. Nun stellt die SPD-Stadtratsfraktion weitergehende Forderungen: Sie will zukünftig Stadtratssitzungen komplett ins Internet übertragen.

Kommt das Augsburger Parlaments-TV?

Kommt das Augsburger Parlaments-TV?


Der Grüne Stadtrat Christian Moravcik hatte im Dezember für hitzige Diskussionen gesorgt, weil er über den Informationsdienst Twitter live aus Stadtratssitzungen berichtet hatte. Ergebnis war ein Stadtratsbeschluss, der das Twittern aus Sitzungen grundsätzlich untersagte. Im Zuge der Diskussionen machten anschließend die Augsburger Jusos mit ihrem Vorsitzenden Sebastian Weißkirchen den Vorschlag, die Sitzungen live im Internet zu übertragen. Die SPD-Stadtratsfraktion hat sich jetzt dieser Forderung angeschlossen: „Eine entsprechend aufbereitete Liveübertragung der Stadtratssitzungen auf der Homepage der Stadt Augsburg wäre ein wichtiger Schritt, um der verbreiteten Politikverdrossenheit unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen entgegenzuwirken“, heißt es in einer Pressemitteilung der SPD.

„Ein Schritt in die richtige Richtung“

Bisher nutzten die politischen Akteure in Augsburg die interaktiven Medien viel zu wenig, um Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse zu kommunizieren, meint Juso Weißkirchen. Die SPD-Stadtratsfraktion fordert daher die Verwaltung auf, die technische Machbarkeit von Liveübertragungen zu prüfen. Man müsse versuchen, „Politik für junge Menschen attraktiver und vor allem durchschaubarer zu machen.“ Die Übertragung von Stadtratssitzungen, sagt die jugendpolitische Sprecherin der Fraktion Susanne Fischer, wäre „ein Schritt in die richtige Richtung“, der zeigen könne, dass Kommunalpolitik „jeden in dieser Stadt was angeht.“ Mit dem Fraktionsantrag soll auch die juristische Umsetzbarkeit geklärt werden.

Wenn es keine Bedenken gebe, „könnte dies der Politik eine jüngere Zielgruppe erschließen, die nun mal mit dem Internet als Informationsquelle Nr. 1 aufgewachsen ist bzw. aufwächst.“ Auch das umstrittene „Twittern“ aus Ratssitzungen würde durch eine „Echtzeitübertragung“ überflüssig werden, ergänzt Fraktionsvorsitzender Stefan Kiefer: „Es wäre toll, wenn dies auch in Augsburg funktionieren würde. Andere deutsche Städte nutzen bereits diese Möglichkeit.“

Rechtliches



Dass Internetübertragungen aus Gemeinderatssitzungen rechtlich nicht unproblematisch sind, stellte der damalige Landesdatenschutzbeauftragte des Freistaates Bayern, Reinhard Vetter, im Jahr 2005 in seinem Datenschutzbericht fest.



Demnach muss einer Weigerung einzelner Gemeinderatsmitglieder dadurch Rechnung getragen werden, dass deren Redebeiträge in Wort und Bild aus der Übertragung ausgeblendet werden und auch die Dokumentierung der Weigerung durch entsprechende Aufnahmetechniken vermieden wird. Gegebenenfalls wäre anstatt einer Liveübertragung eine Aufzeichnung ins Internet einzustellen. Der Zuhörerbereich müsste von einer Übertragung im Internet komplett ausgenommen werden, da es nicht möglich ist, von den einzelnen Zuhörern eine rechtswirksame Einwilligung einzuholen. Eine entsprechende Frage in den Zuhörerraum vor Beginn der Sitzung genügt den rechtlichen Anforderungen an eine Zustimmung nicht.



» Datenschutzbericht 2005