Singende Pflanzen und pfeifende Roboter
Elektronische Kunst im abraxas vom 5. bis 7. November
Von Frank Heindl
Das 8. Augsburger Kunstlabor findet auch dieses Jahr im Kulturhaus abraxas statt. Vom Donnerstag, 5. bis Samstag 7. November versammelt sich unter dem Label “lab.30” wieder die quirlige Szene der Elektronikkünstler – mit teils verblüffenden, teils humorvollen Kunstwerken und Installationen, stets auf dem neuesten Stand elektronisch-medialer Möglichkeiten. Im Rahmenprogramm wie immer: Workshop, Konzerte, Performances, Clubnächte, Kurzfilme und die Live-Begegnung mit Künstlern und Tüftlern.
Die Veranstaltung habe sich, so Elke Seidel vom veranstaltenden Kulturamt, “einigermaßen international durchgesetzt.” Soll heißen: Die Künstler kommen mitunter von weit her und wollen nicht mal Geld. In diesem Jahr gab’s erstmals Bewerbungen aus den USA und Kanada, und wer von so weit her anreist, muss seine Reisekosten zumindest teilweise selbst tragen. Mit 20.000 € hat das Festival einen Etat, mit dem sich durchaus was anfangen lässt – alle Wünsche kann man damit naturgemäß nicht befriedigen. Andererseits profitieren die Künstler: Die Preisträger der letzten Jahre, ausgezeichnet mit dem Augsburger “lab award” und mit 1.000 € Preisgeld ausgestattet, haben meist auch bei anderen Festivals Aufsehen oder weitere Preise eingesackt. “Das lab ist eine Andockstation an die Welt geworden”, freut sich Mit-Organisator Peter Bommas vom Jungen Theater Augsburg. Und der Prozess funktioniert auch andersrum: Wer bei der renommierten “ars electronica” in Linz ausgestellt hat, der bemüht sich oft anschließend, auch in Augsburg sein Publikum zu finden.
Dieses Jahr geht’s um “Bio”
Auch in diesem Jahr gibt es für die ausstellenden Künstler und Tüftler keine inhaltlichen Vorgaben. Es habe sich durchaus bewährt, die Veranstaltung nicht unter ein Motto zu stellen, heißt es. Umso bemerkenswerter sei es nämlich, dass sich Trends und Themen ganz von alleine einstellten. In diesem Jahr zum Beispiel dominiere die “Biothematik”. Der Aufbau “Transducers” etwa analysiert das Genmaterial menschlicher Haare und setzt das Ergebnis in Klänge um. Auch “Hoffnung – ich habe Angst, aber ich liebe” funktioniert nach dem Schema “Funktion erzeugt Klang”: Der Koreaner Jongwon Choi wandelt Messströme aus dem EEG in Kalimbatöne um – hier allerdings vor dem fernöstlich-philosophischen Hintergrund, dass Hoffnung neue Hoffnung gebiert. Und “Akousmaflore” aus Frankreich ist ein “hängender Garten” aus lebenden Pflanzen, die durch Berührung, menschliche Gesten oder Wärme mit einem “Pflanzenkonzert” antworten
Gedanklicher Witz und elektronische Gewitztheit finden auch bei Karl Heinz Jerons “Will work for food” zusammen. Der Berliner hat Miniroboter konstruiert, die die “Internationale” pfeifen oder zeichnen können. Wer sich die “Einzeller am Arbeitsmarkt” ausleiht, muss mit Lebensmittelsendungen an den Erbauer bezahlen und seinen Roboter anschließend weitergeben. Im abraxas will der Erfinder auch etwas kochen – aus den bisher eingesendeten Vorräten des Tauschprojektes.
Wer beherrscht da wen?
Raffiniert ist auch “His masters voice” angelegt. Wer sich vor dem aufgestellten Computer dazu anregen lässt, die deplatzierte Maus korrekt abzustellen, erzeugt Reaktionen, die er nicht eingeplant hat – und soll erfahren, dass der Mensch durchaus nicht immer den Rechner beherrscht, sondern dieser in der Lage ist, den Benutzer zu konditionieren.
18 Installationen zeigt die lab.30-Ausstellung. Dazu kommen wie üblich die Performances und Konzerte im abraxas -Theatersaal. Auch hier geht es um das elektronisch vermittelte Zusammenwirken von Bild und Sound, aber es wird auch mit Lego-Bausteinen experimentiert, Roboter erzeugen Musik, Pflanzenzellen erschaffen audiovisuelle Kompositionen … Wem das nicht genug ist, der kann auch noch Kurzfilme ansehen und die Reizüberfütterung anschließend bei den Clubnächten noch bis tief in die Nacht weitertreiben. Dabei gehe es nicht mehr nur um den “Laptop auf der Bühne”, sagt Peter Bommas, auch die Club-Veranstaltungen würden zunehmend “performativer” – man darf gespannt sein. Wie jedes Jahr finden die Clubnächte am Donnerstag und Freitag im Theatersaal statt, am Samstag geht’s dann hinüber in die “Kantine” im Kulturpark West – dort wird der Sound populärer – Peter Bommas kündigt elektronischen House und Sounds mit “internationalem Namen” an.
An der Kapazitätsgrenze
Vorher darf auch noch der Nachwuchs ran: Am Samstagnachmittag gibt’s den Workshop “Ich will einen Roboter bauen – aber wie?” für Teenager zwischen 10 und 16 Jahren. Damit dem lab.30 auch in Zukunft nicht das Publikum ausgeht. Obwohl: Viel mehr darf es gar nicht werden – im letzten Jahr kam man mit ca. 1500 Besuchern schon nahe an die Kapazitätsgrenzen. An einen Umzug denken die Veranstalter trotzdem nicht: “Hier im abraxas gibt’s die Infrastruktur, die wir brauche”, sind sich Bammas und Seidel einig. Alles andere – zum Beispiel ein Umzug in den Glaspalast – würde ein Vielfaches kosten.”
Wer www.lab30.de anklickt, sollte am besten viel Zeit mitbringen – neben jeder Menge Info über das Festival und seine Gäste bietet die Site auch eine Fülle spannender Links zu Künstlern, Ausstellungen und Objekten und vielem mehr.