Sinfoniekonzert: Entführung ins Märchenreich
„Drum singt und springt, drum tanzt und singt, denn Kuchenheil uns allen winkt.“ Auch Erwachsene lassen sich gerne ins Fantasieland der Märchen entführen. Im vierten Sinfoniekonzert versprach GMD Domonkos Héja dem Publikum im zweimal gut besuchten Kongress-Saal genau das und wählte konsequent drei Werke aus, die zum Thema „Märchenhaft“ passen.
Von Halrun Reinholz
Tillmann und Matthias Höfs mit Dirigent Domonkos Héja bei der Uraufführung von Wolfgang Kerscheks „Märchengestalten“ — Foto: © Jan-Pieter Fuhr
Zunächst vertrautes Terrain für die Zuhörer: Die Ouvertüre zu Humperdincks „Hänsel und Gretel“. Anschließend jedoch Neuland, eine Uraufführung von Wolfgang Kerschek, die er dem Konzertthema anpasste, indem er „Märchengestalten“ musikalisch beschrieb: Meerjungfrauen, einen Dschinn, Riesen, Kobolde und Pegasus. Vorgegeben war ihm aber auch die Gattung des Werks, ein Doppelkonzert für den diesjährigen Artist in Residence der Augsburger Philharmoniker, den Trompeter Matthias Höfs, und dessen Sohn Tillmann (Horn). Die beiden kannte der Komponist bereits von gemeinsamen Projekten und privat, so dass er sehr sensibel auf deren solistische Fähigkeiten eingehen konnte.
Die skeptische Voreingenommenheit, die man dieser Uraufführung als tonal geschulter Zuhörer eventuell entgegengebracht hatte, verflog schnell. Dem auch mit Jazz und Filmmusik vertrauten Komponisten gelang es, die Märchengestalten empathisch, witzig oder schauderhaft lebendig werden zu lassen, ohne ins Triviale abzugleiten. Im Vordergrund standen dabei die beiden hervorragenden Solisten, routiniert und aufeinander eingestimmt. Mit dem Hauptstück nach der Pause hat sich Domonkos Héja erklärtermaßen selbst ein Geschenk gemacht: „Der holzgeschnitzte Prinz“, ein „Tanzspiel“ von Béla Bartók, ist sicherlich eine Seltenheit in deutschen Konzertsälen.
Héja hatte schon in der letzten Saison Musik seines Landsmannes im Konzertprogramm: „Der wunderbare Mandarin“. Diesmal, so versprach er, wird Bartóks Musik nicht nur interessant, sondern ausgesprochen schön sein. Hier wird tatsächlich ein Märchen erzählt, dem man über die Musik folgen kann. Gut, die eingeblendeten Texte waren sicher hilfreich. Dennoch folgte man gern der Begeisterung des Dirigenten, der die Handlung sichtbar miterlebte.
Für die Umsetzung der drei „Märchen“ (vor allem bei der Musik von Bartók) reichte die Kapazität der Augsburger Philharmoniker nicht aus, Kolleg(inn)en von den Münchner Symphonikern (deren Chefdirigent Kevin Edusei einst am Theater Augsburg Kapellmeister war) kamen zur Verstärkung. Dass der Mut der Augsburger zu ungewöhnlichem Repertoire sich lohnt, wurde durch die Live-Übertragung des Konzerts im Radiosender Deutschlandfunk Kultur offenbar. Ein besonderer, märchenhafter Musikabend für Augsburg.