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Dienstag, 11.02.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Schlacke im Siebentischwald: Stadt im Zugzwang

Im Augsburger Siebentischwald befinden sich offenbar in unbekannten Mengen Schlacke (Lösch), mit der seit 1920 bis in die 70er Jahre Wege aufgeschüttet und gewalzt wurden. Die Stadt ließ nach Funden am Stempflesee Materialproben entnehmen und auf Verträglichkeit überprüfen. Der Lösch befindet sich weit verzweigt in der Nähe des Trinkwasserschutzgebiets beziehungsweise innerhalb der sensiblen Zone.

Sanierungsarbeiten am Stempflesee

Sanierungsarbeiten am Stempflesee


„Ende der 20er Jahre wurde das Wegenetz, bestehend aus Gehwegen, Rad- und Reitwegen, im Siebentischwald angelegt. Seit dieser Zeit wurden über Jahrzehnte die Reitwege durch locker aufgebrachten Lösch gewartet. Ebenso ist ein kombinierter Geh- und Radweg entlang des sogenannten Reichskanals zwischen Südende Zoo und Hochablass, der in der Bevölkerung als „Schwarzer Weg“ bezeichnet wurde, mit fest gewalztem Lösch gestaltet.“ So Christian Ohlenroth von der Bürgerinitiative Rosenau- und Thelottviertel e.V., die OB Kurt Gribl davon in einem Schreiben informiert und ihn darum bittet, „diesen Sachverhalt prüfen zu lassen und gegebenfalls die Entsorgung dieses für unser Trinkwasser schädlichen Materials zu veranlassen.

In welcher Form und mit welchen Werten dieses Material belastet ist, will die Fraktion Pro Augsburg wissen. Die Funde seien nicht unerwartet, da es in der Vergangenheit üblich gewesen sei, Schlacke zum Wegebau einzusetzen, so Pro Augsburg in einer Anfrage an Oberbürgermeister Kurt Gribl. In einer ersten Pressemitteilung am 13.10.17 wurde von der Stadt mitgeteilt, dass Proben vom Umweltamt untersucht werden und am 17.10.17 Ergebnisse zu erwarten sind. Am 17.10.17 gab dann die Stadt bekannt, dass zwar noch kein Ergebnis vorliegen würden, man sich aber entschieden habe, das Material quasi den Messergebnissen vorauseilend zu entfernen.

„In der nächsten Sitzung des Umwelt-, des Wirtschaftsausschusses oder im Stadtrat soll der/die zuständige Referent(in) Auskunft über folgende Fragen geben: Was ist das Ergebnis der Proben vom Umweltamt? – Als welche Kategorie musste das Material entsorgt werden, in welche Kontaminationsklasse wurde es eingestuft? Welche Kosten sind für die Entsorgung angefallen?“ So die Forderungsauflistung von Pro Augsburg.

Reitweg im Siebentischwald: Kontaminierter Lösch unterm Laub?

Reitweg im Siebentischwald: Kontaminierter Lösch unterm Laub?


Laut Stadt wären die dafür anfallenden Kosten im Rahmen des Budgets der Stempflesee-Sanierung. „Da in letzter Zeit fast sämtliche Baumaßnahmen teurer als erwartet wurden, überrascht es uns, dass es hier offensichtlich genau umgekehrt war und Geld übriggeblieben wäre“, so die Fraktion Pro Augsburg in ihrem Antrag an OB Gribl. Da es im Siebentischwald zahlreiche „Schwarze Wege“ gibt, will die vierköpfige Fraktion wissen, ob dort ebenfalls stichprobenartig Material entnommen wurde. „Falls ja, mit welchem Ergebnis? Falls nein, warum wird dies nicht als notwendig erachtet?“

Eine genauere Anfrage der DAZ wurde von Bürgermeisterin Eva Weber, die für die Forstverwaltung politisch zuständig ist, mit dem Bescheid abgewehrt, dass „die Ergebnisse der Untersuchung noch nicht vorliegen“ und die Fragen zum aktuellen Zeitpunkt nicht beantwortet werden könnten. Das war am vergangenen Freitag. Unabhängig davon drängt nun Pro Augsburg via Antrag mit der Forderung, dass die Stadt ihre Erkenntnisse an die Öffentlichkeit überführt.

Der „Augsburger Lösch“ ist Schlacke, die bei der Verbrennung von Steinkohle zur Gasgewinnung entstanden ist. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden auf diese Weise Unmengen an Verbrennungsrückständen. Grobkörnige und schwarze Schlacke, die an erkaltete Vulkanasche erinnert und im schlimmsten Fall mit giftigen Stoffen kontaminiert ist. Lösch wurde bis in die 70er Jahre als Wegebaumaterial verwendet, auch für die zahlreichen Wege im Augsburger Stadtwald, der zum Trinkwasserschutzgebiet der Stadt gehört.

Die Sanierungsarbeiten am Stempflesee begannen Anfang September und sollten bis Ende Oktober abgeschlossen werden. Die Stadt investiert nach derzeitigem Planungsstand knapp 370.000 Euro für das Projekt, das von der Stadtsparkasse mit 120.000 Euro unterstützt wird. Sollte der Waldboden im Trinkwasserschutzgebiet vom Lösch entsorgt werden müssen, kämen deutlich höhere Kosten auf die Stadt zu.