„Rot-Rot-Grün wäre das sichere Zurück ins Jammertal“
Interview mit Kurt Gribl
Wenn sich im politischen Augsburg die Experten über die kommende Kommunalwahl unterhalten, dann sind sie sich sehr schnell darin einig, dass eine Große Koalition zwischen der CSU und der SPD “im Raum steht”. Das hat damit zu tun, dass Pro Augsburg bei der CSU als möglicher Koalitionspartner nicht mehr hoch gehandelt wird. Das muss noch nicht zwangsläufig zu einer “GroKo” führen. Augsburgs amtierender Oberbürgermeister Kurt Gribl ist offensichtlich auf alles vorbereitet. „Mir ist eine breite Mehrheit konstruktiver Kräfte das Liebste“, so Gribl im DAZ-Interview, das sich in erster Linie um mögliche Koalitionen nach der Kommunalwahl dreht.
DAZ: Herr Gribl, Sie wollen als Kandidat der CSU zum zweiten Mal zum Oberbürgermeister der Stadt Augsburg gewählt werden. Nehmen wir an, dieses Vorhaben würde gelingen und die CSU hätte zusammen mit dem OB, der CSM und Pro Augsburg 31 oder 32 oder gar 33 Sitze. Es handelt sich hier nicht um eine Annahme, sondern um ein Denk-Modell. Würden Sie sich in diesem Fall wieder auf eine Koalition mit Pro Augsburg einlassen?
Gribl: Entscheidend ist für mich, wo es die größte Schnittmenge zur Gestaltung der Sachthemen für Augsburg gibt. Also zum Beispiel bei der Altenhilfe, bei der Umsetzung der Uni-Klinik, den Schulsanierungen, der Verkehrspolitik…
DAZ: Wäre es nicht langsam geboten, im Stadtparlament von fest geschliffenen politischen Mustern Abstand zu nehmen und alle starken Fraktionen an der Referats-Verteilung zu beteiligen?
Gribl: Auch das schließe ich nicht a priori aus. Es gibt eine lange Liste an anstehenden Sachentscheidungen für die nächsten 6 Jahre. Mir ist wichtig, dass im größtmöglichen Umfang sichere Mehrheiten dafür gewonnen werden können. Die wichtigen Entscheidungen für unsere Stadt dürfen nicht von knappen Mehrheiten abhängen.
DAZ: Zwischen Herrn Kiefer und Ihnen besteht ein persönliches Zerwürfnis, so meine Beobachtung. Und die Grünen sind aus vielen Gründen ein kaum in Frage kommender Koalitionspartner für die CSU. Es gut vorstellbar, dass ihre Fraktion nach dem 16. März möglicherweise für die kommende Stadtratsperiode gar keinen Koalitionspartner findet und Sie als Oberbürgermeister mit wechselnden Mehrheiten zu rechnen hätten. Wäre das aus Ihrer Sicht ein großes Manko?
„Menschen begegnen sich in unterschiedlichen Verantwortungen auch unterschiedlich“
Gribl: Ihre Beobachtung ist unzutreffend. Außerdem verbietet es sich bereits dem Grunde nach, von einem Regierungsverantwortungs-/Oppositionsverhältnis auf ein Kooperationsverhältnis zu schließen. Die Menschen begegnen sich in unterschiedlichen Verantwortungen auch unterschiedlich. Als Fraktionsvorsitzender ohne Regierungsverantwortung muss sich Herr Kiefer zwangsläufig anders verhalten als bei einer potenziellen Zusammenarbeit mit mir. Im Übrigen würde ich persönliche Zu- oder Abneigungen nicht zur Grundlage einer sinnvollen Politik für die Stadt machen. Die Frage ist, ob sich jemand thematisch konstruktiv verhält oder aber absichtlich die bessere Sache verhindert, aus persönlichen oder sonstigen Gründen. Das gilt im Übrigen auch für die Zusammenarbeit mit wechselnden Mehrheiten.
DAZ: Wie geht es Ihnen bei dem Gedanken, dass Peter Grab wieder Kulturreferent wird?
Gribl: Über Referenten mache ich mir erst nach der Wahl Gedanken. Zunächst ist das Sache der Wähler.
DAZ: Es war Ihr Wunsch, die aktuellen fünf CSU-Referenten sehr weit vorne auf der CSU-Liste zu haben. In dieser Aufstellung steckt doch die Botschaft, dass Sie mit diesen Referenten wieder zusammenarbeiten wollen. Das ginge aber nur mit einer bürgerlichen Koalition; mit Hermann Weber als Finanzreferent. Liege ich mit dieser Annahme falsch?
„Die Positionierung der Referenten ist ein klares Signal an die Wähler“
Gribl: Die Positionierung der Referenten hat ausschließlich folgende Bedeutung: Es ist ein klares Signal an die Wähler, dass die Referenten für die CSU-Liste stehen – und umgekehrt, dass die CSU-Listenkandidaten hinter den Referenten stehen. Das ist Ausdruck einer geschlossenen CSU. Wer am Ende (wieder) ReferentIn wird, entscheidet der neu gewählte Stadtrat. Die dortigen Mehrheitsverhältnisse ergeben sich nach meinen Vorstellungen auf möglichst tragfähigen Grundlagen für die nötigen Sachentscheidungen.
DAZ: Eine anderes Denk-Modell: Die CSU und die SPD raufen sich nach der Wahl zusammen. Eine Augsburger „GroKo“ wird geschmiedet, weil sich beide Parteien bei der Einsicht treffen, dass es sich dabei um die verantwortlichste Lösung im Sinne der Stadt handelt. Welche Referate wären für Sie nicht verhandelbar?
Gribl: Das OB-Referat! Zu den weiteren: Wenn ich das jetzt sagen würde, bräuchte ich gar nicht erst verhandeln.
DAZ: Noch ein Denk-Modell: Wäre eine Schwarz-Grüne Koalition für Sie eine denkbare Option?
„Reden kann man mit fast allen über fast alles“
Gribl: Wie mehrfach gesagt, ist mir eine breite Mehrheit konstruktiver Kräfte das Liebste. Wer diese Mehrheit bildet, entscheiden zunächst die Wählerinnen und Wähler und dann die inhaltlichen Schnittmengen bei den Sondierungen. Reden kann man mit fast allen über fast alles. Eine Mitverantwortung der Grünen schließe ich nicht von vornherein aus.
DAZ: Ich darf ihren Hauptkonkurrenten Stefan Kiefer zitieren: „Ich wünsche mir eine Mehrheit im Rathaus, die auch bereit und willens ist, dringende bildungs-, umwelt- und sozialpolitische Weichen in Augsburg zu stellen: für eine aktive Arbeitsmarktpolitik, mehr Armutsbekämpfung, Schaffung bezahlbaren Wohnraums, Schulsanierungen, Radwege et cetera. Und für diese Themen kämpfen SPD, Grüne und Linke nachweislich verlässlicher als das sogenannte bürgerliche Lager.“ Herr Kiefer kann sich offenbar eine Zusammenarbeit mit den Linken eher vorstellen als eine Zusammenarbeit mit der CSU, das ist …
„Rot-Rot-Grün wäre absoluter Stillstand“
Gribl: … das ist ein klares Bekenntnis zu Rot-Rot-Grün, das Herr Kiefer den Wählerinnen und Wähler und auch seiner eigenen Partei vor der Wahl schmackhaft machen muss. Ich wünsche ihm viel Spaß dabei. Die Augsburger wissen doch genau, dass mit der ausschließlichen Festlegung auf die von Kiefer genannten Themen nichts mehr vorangehen würde. Für Augsburg wäre Rot-Rot-Grün das Ende der Dynamik, absoluter Stillstand und das sichere Zurück ins Jammertal. Dass Herr Kiefer ein Bündnis mit der Linken als Wunschoption ankündigt, finde ich im Hinblick auf die Wahl schon bemerkenswert.
DAZ: Sie sind als amtierender OB klarer Favorit, aber über den worst-case aus Ihrer Sicht haben Sie bestimmt schon mal einen Augenblick nachgedacht. Würden Sie, falls Sie die OB-Wahl nicht gewinnen würden, als Frontmann der CSU und einfacher Stadtrat dem politischen Augsburg erhalten bleiben?
Gribl: Selbstverständlich.
DAZ: Herr Gribl, vielen Dank für das Gespräch.
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Fragen: Siegfried Zagler